Jak. 5, 14 Ist jemand von euch krank? Er soll die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen lassen; und sie sollen für ihn beten und ihn dabei mit Öl salben im Namen des Herrn. 15 Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden begangen hat, so wird ihm vergeben werden. 16 Bekennt einander die Übertretungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet! Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.
Krankheit – ein Thema, das jeden bewegt, jeden in irgendeiner Form angeht. Dabei geht es nicht um einen simplen Schnupfen oder Husten, den wir uns im Herbst oder Winter einfangen, weil die Wohnungsluft trockener wird und der Körper sich umstellt auf kältere Temperaturen. Es geht um ernste Erkrankungen des Bewegungsapparats, der Nerven, der Haut, wie sie damals kursierten. Auch Krankheiten, die mit hohem Fieber einhergehen, wie sie von der Schwiegermutter des Petrus berichtet wird. Ferner lesen wir in der Bibel von angeborener Blindheit oder von Aussatz, der nicht zu verwechseln ist mit der infektiösen Lepraerkrankung.
Wie viele Menschen leiden heute unter heftigen Kopfschmerzen, weil sie unter Dauerstress stehen, „mit dem Kopf durch die Wand“ wollen oder sich „den Kopf zerbrechen“ über Probleme, für die es im Augenblick keine Lösung zu geben scheint. Viele leiden unter Rücken- und Gelenkproblemen, weil sie entweder viel sitzen oder schwer heben müssen. Der Körper antwortet mit Symptomen, wenn er überfordert wird, so z.B. wenn jemand sich berufliche oder private Dinge sehr „zu Herzen nimmt“, sodass ihm/ ihr das „Herz bricht“. Oder es gehen einem Menschen gewisse Situationen „an die Nieren“. Man schuftet sich „krumm und bucklig“, macht sich den „Rücken krumm“, um etwas zu erreichen. Dazu hat Rüdiger Dahlke ein wertvolles Buch geschrieben: „Krankheit als Symbol“. Dort erklärt er körperliche Symptome mit dem Einfluss der Psyche, wie sie in beschriebener Weise sogar unsere Sprache verrät.
Was ist nun zu tun bei Krankheit? Die Ältesten der Synagogen-Gemeinde זִקְנֵי הָעֵדָה siknej ha‘eda, sollen gerufen werden, wobei diese Gemeinde sicherlich auf den Maschiach ausgerichtet war, aber noch keine christliche Kirche im heutigen Sinn.
Den Ältesten der Stämme Israels wurde Weisheit zugeordnet, weshalb Mosche sie als die Repräsentanten des Volkes mit zu Pharao nahm. Diesen Repräsentanten ordnete man ebenso Gerechtigkeit und Erfahrung zu, mit denen sie überzeugend auftreten konnten.
Spr. 16,31 Ein stolzer Kranz ist Greisenhaar, auf dem Weg der Gerechtigkeit erlangt mans.
Die עֵדָה edá = Gemeinde ist eine Zeugengemeinschaft von עֵד ed = Zeuge, von der bereits in der Tora die Rede ist. Indem sie Gottes Gebote hält, legt sie Zeugnis von ihrem König und Schöpfer ab, der sie in der ihr Helfer und Retter ist und sie beispielsweise in der Wüste versorgt.
Ex. 16,22 Doch am sechsten Tag geschahs, daß sie Brots ein Doppeltes lasen, zwei Metzen für einen. Alle Fürsten der Gemeinschaft עֵדָה edá kamen und meldeten es Mosche.
Lev. 4,15 die Ältesten der Gemeinschaft זִקְנֵי הָעֵדָה siknej ha‘eda stemmen ihre Hände auf den Kopf des Farren vor IHM, man metze den Farren vor IHM,
Hier sind es die Ältesten der Zeugengemeinschaft, die an der Jom-Kippur-Zeremonie teilnehmen.
Solche Männer voll Weisheit und Wissen der Tora, Männer mit Lebenserfahrung und Gerechtigkeit können am besten für einen Kranken beten. Sie können Seelsorger sein, die Kranken entlasten und aufrichten im Namen Gottes. Gott selber ist für solches Handeln unser Vorbild, wie wir es im Morgengebet, u.a. gemäß Ps. 145, ausdrücken:
Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Blinden sehend macht.
Siddur Schma Kolenu Morgengebet
Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Nackten bekleidet.
Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Gefesselten befreit.
Gelobt seist du. Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Gebeugten aufrichtet.
Im Schmone esre, dem 18-Bitten-Gebet oder der Amida, heißt es weiter:
Du ernährst die Lebenden mit Gnade, belebst die Toten in großem Erbarmen, stützest die Fallenden, heilst die Kranken, befreist die Gefesselten und hältst die Treue denen, die im Staube schlafen. Wer ist wie du. Herr der Allmacht, und wer gleichet dir. König, der du tötest und belebst und Heil, aufsprießen lässt.
Siddur Schma Kolenu, Amida vom Wochentag
Heile uns, Ewiger, dann sind wir geheilt, hilf uns, dann ist uns geholfen, denn du bist unser Ruhm, und bringe vollkommene Heilung allen unseren Wunden, denn Gott, König, eilt bewährter und barmherziger Arzt bist du. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Kranken deines Volkes Israel heilst!
Das von Jakobus empfohlene Salben mit Öl ist im Tanach (Hebräische Bibel bestehend aus Tora, Newiim=Propheten, Chetuwim=Schriften) unbekannt, aber deshalb keineswegs verboten. Mit Öl wurden Priester, Könige und heilige Gegenstände gesalbt. Vielleicht, so vermutet mein Mann Yuval, etablierte sich eine regionale Tradition, mit der man die Heiligkeit Gottes an den Kranken weitergeben wollte. Jakobus kann ebenso die Salbung Jehoschuas im Sinn gehabt haben, die dieser als Vorbereitung auf sein Begräbnis verstand (Mt. 26,12).
Im Tanach sehen wir Heilungen durch Gebet, wie z.B. Mosche für seine Schwester Miriam das kürzeste Heilungsgebet sprach:
Num. 12,13 אֵל נָא רְפָא נָא לָהּ El na refa na la Gott, bitte heile sie.
Wir sehen Heilungen durch Quarantäne und anschließende Begutachtung durch den Priester, wie es beim Aussatz üblich war.
Vermutlich wollte Jakobus mit der Ölsalbung seiner Gemeinde etwas Handfestes, Greifbares anbieten, das mit der Heiligkeit Gottes und dem Tempel in direkter Verbindung stand.
Dann aber betont er das Gebet des Glaubens. Ohne Gebet תְּפִילָּה tefila und ohne Glauben und Vertrauen אֱמוּנָה emuna gibt es keine Heilung. Glaube bedeutet von seiner Wurzel her ein sich Festmachen in Gott, sodass ein unerschütterliches Vertrauen die Folge ist.
Gebet bzw. lehitpalel לְהִתְפַּלֵּל beten bedeutet: mit sich ins Gericht gehen, in sein Inneres sehen. Dort kann der Kranke oder der für ihn Betende feststellen, ob der Kranke auch der Sündenvergebung bedarf.
Der Gebrauch des Namens „Herr“ ist bei Jakobus nicht immer eindeutig. In einer hebräischen Rückübersetzung wird hier „Herr“ als JHWH verstanden, was durch die oben genannten Erwähnungen der Gebetsthemen im Schmone esre Sinn ergibt. Dieses Gebet lag mit seinen Motiven schon zur Zeit der Mischna vor, sodass wir eine mündliche Tradierung zu Jehoschuas Zeit annehmen dürfen. Jehoschua selbst hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass er nichts aus seiner Kraft tat, sondern ausschließlich das, was der Vater ihm auftrug.
Ebenso wird in dem Zusammenhang mit der Sündenvergebung in der Rückübersetzung JHWH verwendet, was zur Passivkonstruktion „ihm wird vergeben werden“ passt. Auch Jehoschua benutze diese grammatische Konstruktion aus der Tora, um den Blick von sich weg und auf Gott hin zu lenken, der allein die Sünden vergibt. Gott vergibt gerne und unkompliziert, wenn wir IHM unsere Sünden bekennen.
Jer. 36,3 Vielleicht hören die vom Hause Jehuda all das Böse, das ich ihnen anzutun plane, auf daß sie umkehren, jedermann von seinem bösen Weg, daß ich ihnen verzeihn kann ihren Fehl, ihre Versündigung.
Gott braucht dazu keine Opfer und keine Zeremonien, doch wir Menschen gebrauchen sichtbare Zeichen und Handlungen. Das wusste Jakobus natürlich.
Weil Jakobus seine Tora kennt, weiß er, dass das Gebet einen unverzichtbaren Stellenwert hat. Jeder kann für seinen Nächsten beten, wie es Juden und Christen heute noch praktizieren. Wir können es aus weiter Entfernung tun oder bei dem Besuch des Kranken. Wie hilfreich ist es dann, wenn der Leidende all seine Lasten beim Namen nennen kann! Wenn einer dem anderen bekennen kann, wie viel Last er/ sie „schultern“ wollte und dabei Gott, der ihm/ ihr helfen konnte, vergaß! Welche Erleichterung, wenn er oder sie sich nun nicht mehr „den Kopf zerbrechen“ muss, weil die Person sich erinnert, dass Gott alle Probleme und ihre Lösungen kennt. Wir müssen es nur zulassen, dass wir Gott in unser ganzes Leben hineinlassen.
Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist. Jeder, der einen Kranken besucht oder ihm in heutiger Zeit eine Nachricht schreibt und für den Betroffenen betet, befolgt eine Mizwa מִצְּוָה, ein Gebot Gottes, das eine Verbindung zu IHM herstellt von צוה = zawa Verbindung, denn Gott besuchte selber einen Kranken: ER besuchte in der Gestalt der drei Engel Abraham nach seiner Beschneidung (Gen. 18).
Auch sahen wir, dass Greisenhaar auf dem Weg der Gerechtigkeit צְדָקָה Zedaka = Gerechtigkeit als Wohltätigkeit erworben wird.
Leider wird der Predigttext abgeschnitten, bevor der Kronzeuge für einen Gerechten, dessen Gebete erhört wurden, genannt wird: Elia Elijahu אֵלִיָּהוּ = mein Gott ist JHWH. Als Beispiel wird sein Gebet um das Aufhören des Regens und den Wiederbeginn des Regens genannt, doch kommt innerhalb dieses Geschehens noch eine andere Gebetserhörung vor.
Das Kind der Witwe, bei der Elijahu zu Gast ist, erkrankt ernstlich und stirbt. Elijahu nimmt das Kind, fleht zu Gott und legte sich dreimal über den toten Körper des Knaben. Gott reagiert aber auf Elijahus Gebet, denn es heißt:
1.Kö. 17,22 ER hörte auf die Stimme Elijahus, die Seele des Kindes kehrte an sein Eingeweid heim, es lebte auf.
Wir sind nicht Elijahu und wir würden uns sicherlich nicht als gerecht bezeichnen, aber wir werden durch die Worte der Schrift ermutigt, durch Nachahmung solcher Menschen dem Nächsten Gutes zu tun, für ihn oder sie zu beten. Dadurch werden wir in den Augen Gottes den Gerechten nahekommen, und Gott wird unser Gebet gewiss auf Seine Weise und zu Seiner Zeit erhören.
„Denn du erhörst das Gebet deines Volkes Israel in Erbarmen. Gelobt seist du. Ewiger, der du Gebet erhörst!“
Sicher verfolgen Sie in den Nachrichten das grausame Morden der Terrorgruppe Hamas in Israel. Bitte beten Sie mit für die verletzten Soldaten und Zivilisten sowie für die Entführten. Viele mussten sterben, und die Angehörigen brauchen unser Gebet um Trost. Die kämpfenden Soldaten brauchen unsere Gebete um Schutz und Stärke. Viele Traumatisierte brauchen unsere Gebete um Heilung ihrer Seele. Empfohlen wird das Beten der Psalmen. Sie spenden Trost, geben Sicherheit, fassen Klage in Worte, bekennen Fehlentscheidungen und führen zum Lob. Das und noch mehr leisten Psalmen für die Seele.
Danke im Namen des jüdischen Volkes. Gott segnet, die Israel, Seinen Augapfel, segnen.
Verleihe Frieden, Glück und Segen, Gunst und Gnade und Erbarmen uns und ganz Israel, deinem Volke, segne uns, unser Vater, uns alle vereint durch das Licht deines Angesichtes gabst du uns, Ewiger, unser Gott, die Lehre des Lebens und die Liebe zum Guten, Heil und Segen, Barmherzigkeit, Leben und Frieden, und gut ist es in deinen Augen, dein Volk Israel zu jeder Zeit und jeder Stunde mit deinem Frieden zu segnen. Gelobt seist du, Ewiger, der du dein Volk Israel mit Frieden segnest.
Siddur Schma Kolenu, Amida vom Wochentag
Liebe Debora! Danke für deine Gedanken! Bin mit euch in diesen schweren Zeiten verbunden!