Das Drusen-Heiligtum ist in Galiläa oberhalb vom See Genezareth. Laut Überlieferung ist es das Grab Jitros (Nabi Shu’eib)

24. Schwat 5781; 6. Februar 2021

Dies ist eine Fortsetzung des Blogs vor einem Jahr, den ich Ihnen zu Lektüre sehr empfehle. Dazu biete ich Ihnen den Link zu meiner Seite an. Dort bin ich stärker auf die Zehn Worte eingegangen.

Jitro

Die Person des Jitro ist eine interessante Persönlichkeit, da er ein Priester aus Midian ist, bei dem Mosche aus Ägypten kommend Zuflucht fand. Sein Name bedeutet יתְר jeter = zusätzlich, der herausragende Mann. Er war es, der Mosche etwas Zusätzliches, Hilfreiches für seine Berufung und sein Wirken gab.
Erst jetzt lernen wir ihn mit diesem Namen kennen, als er zu Mosche nach dem Auszug aus Ägypten in die Wüste kommt. Vorher wurde er bekannt als Re’uel (Regu‘el) רְעוּאֵל = Gott ist mein Hirte. Zu dieser Zeit war er der fürsorgliche Hirte und Vater für Mosche, der ihn nach seiner Flucht aus Ägypten aufnahm.
Als Chewer ist er ein treuer Verbündeter, ein Freund (Chawer חָבֵר). Auch Chowaw wurde er genannt (von lechawew לְחַבֵּב = liebhaben, mögen) der liebende oder geliebte Anhänger, der wertschätzende oder wertgeschätzte Anhänger.
Es wird in der jüdischen Tradition gesagt, dass er Keini קֵּינִי (der kämpferische, verlässliche Anhänger) hieß und damit der Begründer des gleichnamigen Stammes war, zu dem auch Jael (Ri. 4,17) gehörte.
Puti’el kommt in Ex. 6,25 vor und ist laut Midrasch dieselbe Person wie Jitro. Der Name kommt von לְפַטֵר entlassen, verabschieden – er trennt sich von seinem Götzenglauben und kehrt um zum wahren Gott.
Jitro lernte Mosche zu einer Zeit kennen, als er unzufrieden war mit dem midianitischen Kult. Den ägyptischen Kult kannte er auch und hatte sich aus Pharaos Machtbereich entfernt. Er war auf der Suche nach dem wahren Gott. Den lernte er durch Mosche kennen, der ebenfalls vom ägyptischen Hof kam und aus seiner Erfahrung wusste, dass der Glamour und religiöse Kult ihn unbefriedigt ließen. Beide waren Suchende. Einer konnte den anderen in seinem Weg bestärken, sodass Jitro Mosche sogar seine Tochter Zippora anvertraute. Zippora kommt צִפּוֹר = der Vogel und bedeutet: etwas rechtzeitig wahrnehmen. Sie ist eine Frau, die schnell begreift, was nötig ist, denn nach der Berufung Mosches am brennenden Dornbusch beschnitt sie ihren Sohn mit einem Kiesel, damit er nicht von Gott getötet würde (Ex. 4,24).
So wird Jitro mit diesen verschiedenen Namen geehrt, denn sie sagen viel über seine Persönlichkeit aus. Er war aufmerksam und hörte, dass Mosche der Auszug aus Ägypten gelungen war, dass Gott ihm Gnade gegeben hatte. Nun führte er seine Tochter mit ihren Söhnen Gerschom – Ödegast, denn er hatte gesprochen: Gast bin ich geworden in fremdem Land – und ElieserGotthilf, denn: Der Gott meines Vaters ist meine Hilfe, er hat mich vor Pharaos Schwert gerettet – zu Mosche in die Wüste.

Mosche und Jitro begegnen sich und fragen einander nach ihrem Schalom, nach ihrem Frieden. Ist Mosche mit sich und mit Gott im Frieden nach all dem Erlebten? Ist Jitro mit sich und mit Gott im Frieden, nachdem er die Verantwortung für Tochter und Enkelsöhne hatte? Nachdem er mit dem versklavten Volk mitgefieberte? „Ma schlomcha?“ („מַה שְׁלוֹמךָ“) ist mehr als unser heutiges: „Wie geht es dir?“ Da geht es um das Ganzsein im Leben, um das Ganzsein mit guten und schlechten Erfahrungen, die uns zufrieden und dankbar machen, weil wir in allem Gottes Hand gesehen haben.
Mosche erzählt von ihrer Rettung und Jitro preist Gott: Ex. 18,10 Baruch JHWH! בָּרוּךְ יְהוָה Gelobt ist Gott! Und er bekennt: Ex. 18,11 Jetzt habe ich erkannt (עַתָּה יָדַעְתִּי ata jad‘ati): ja, groß ist ER über alle Götter, – ja, an eben der Sache, deren sie sich wider sie vermessen hatten.
Jetzt, nach einem längeren evolutorischen Prozess in seinem Innern, jetzt erkennt er Gottes Größe. Mit diesem „erkennen“ ist ausgedrückt, dass nun eine vertraute, intime Beziehung Jitros zu Gott entsteht. Dieser Lobpreis gilt als sein Bekenntnis zu Gott und als Übertrittsbekenntnis zum Judentum. Der Exodus war sowohl für Juden als auch für Heiden der Scheidepunkt, an dem sie die Größe Gottes erkennen. Jitro fällt damit in die Linie der großen Konvertitinnen wie Rut und Rahab.

Schließlich bringt Jitro, nun als Jude, für Gott ein Opfer und sie essen vor Gott das Brot miteinander. Wirklich Brot, obwohl schon Manna vom Himmel fiel? Wenn es im „Vater Unser“ heißt: „Unser tägliches Brot gib uns heute“ bitten wir um unseren alltäglichen Lebensunterhalt. Insofern halten sie hier eine Mahlgemeinschaft, eine „Vermählung“, die in herzlichem Zusammensein die innere Verbundenheit untereinander und mit Gott ausdrückt. Wiederum ein Anlass, bei dem Gott gelobt wird.

Jitro wird im Folgenden zum wichtigen Berater für Mosche, denn ihm fällt auf, dass sich sein Schwiegersohn bei seiner Aufgabe, Entscheidungen für das Volk zu fällen, verausgabt. Er warnt ihn vor einem „Burnout“.
Ex. 18,18 Erschlaffen mußt du, erschlaffen so du, so dies Volk, das bei dir ist, denn zu schwer ist die Sache für dich, du vermagst sie allein nicht zu tun. 19 Jetzt höre auf meine Stimme (ata schma bekoli – עַתָּה שְׁמַע בְּקֹלִי)
Jitro spricht zu Mosche in göttlicher Autorität, denn er benutzt wörtlich das „Höre!“, das wir aus dem Schma Israel in Dtn. 6,4 kennen. Wenn er von „meine Stimme“ spricht, so ist die Stimme Gottes mit dieser Redewendung gemeint. Er sagt nicht: Höre auf mich, auf mich als deinen Schiegervater, sondern durch Jitro spricht Gottes Stimme wie in Ex. 19,5 Und jetzt, hört ihr, hört auf meine Stimme שָׁמוֹעַ תִּשְׁמְעוּ בְּקֹלִי schamo’a tischme’u bekoli
Durch Doppelung verstärkt wird das Volk hier aufgefordert, auf Gottes Stimme zu hören, denn ER trug sie auf Adlersflügeln und führte sie als SEIN Eigentum in die Freiheit. 
Jitro rät Mosche, unbestechliche und gottesfürchtige Männer zur Unterstützung auszusuchen und diese über 1000, über 100, über 50 und über 10 zu setzen, denn von Mosche selbst gut ausgebildete Männer können kleine Streitigkeiten oder Fragen selbst klären. Zu Mosche werden nur die großen und schwierigen Anliegen kommen. So bezieht er das Volk in die Verantwortung ein und schafft die bis heute begehrte Transparenz.
Ex. 19,23 Tust du diese Sache, wird Gott dir weiter gebieten, du aber wirst zu bestehen vermögen, und auch all dies Volk wird in Frieden an seinen Ort kommen.
Noch einmal macht Jitro deutlich, dass er mit Autorität spricht, denn nur dann kann Gott weiter zu Mosche von den wichtigen Dingen sprechen. Es geht darum, dass Mosche be-stehen und vor Gott stehen kann. Nur so hat er den Freiraum, die Weisungen von Gott zu empfangen und weiterzugeben.
Die geteilte Verantwortung wird das Volk in seinen Frieden bringen und sie so ins verheißene Land kommen lassen. Das Volk kommt so in seine Ganzheit, denn als ehemalige Sklaven lernen sie, Verantwortung zu übernehmen; lernen, wie eine Gesellschaft unter Gott aussehen und funktionieren kann.
Bei dieser Anweisung spricht Jitro immer von Elohim אֱלֹהִים, weil das die richtende und Recht sprechende Seite Gottes ist.
Ex. 19,24 Mosche hörte auf die Stimme seines Schwähers, er tat alles, was er gesprochen hatte.
Mosche hörte auf die Stimme Gottes, die durch seinen Schwiegervater sprach und setzte das Gehörte bald in die Tat um. Die Stimme erreichte ihn, denn er spürte, dass eine andere Instanz zu ihm sprach. Er kannte Gottes Reden und war vertraut mit dieser Stimme, die in Jitro Ausdruck der Fürsorge fand.
Ex. 19,27 Mosche geleitete seinen Schwäher, und der ging heim in sein Land.
Jitro hat seine Aufgabe erfüllt. Er hatte die Familie wieder zusammengebracht, er hörte gut zu und pries Gott, und er beriet Mosche als Sprachrohr Gottes. Nun konnte er nach Hause gehen und den neu gefundenen Gott verkündigen.

Toravergabe

Der Rat Jitros ist die Voraussetzung für die Vergabe der Tora, denn nun kann Mosche allein auf Gott hören, indem er zu IHM auf den Berg stieg. Er konnte das Volk anweisen, sich auf das bevorstehende Ereignis vorzubereiten. Er konnte ihm mitteilen, wie wichtig gerade diese Menschen für Gott sind: Ex. 19,6 ihr aber, ihr werdet mir ein Königsbereich von Priestern, ein heiliger Stamm sein. Dies ist die Rede, die du zu den Söhnen Jissraels reden wirst.

Gott hat keine Enkel, nur Kinder! Das teilt ER den Hebräern mit, bevor ER Seinen Bund am Sinai mit ihnen schließt. Dann, am dritten Tag, erlebten die Israeliten Gottes Macht. Am dritten Tag, wenn Transformation geschieht, in der Morgendämmerung, wenn die Nacht sich in Tag verwandelt, wird den Israeliten zum Erbeben bang.
Ex. 19,16 Es ward am dritten Tag, wies Morgen wurde: Donnerschallen ward und Blitze, ein schweres Gewölk auf dem Berg und sehr starker Schall der Posaune. Alles Volk, das im Lager war, bebte. … 18 Der Berg Ssinai rauchte all, darob daß ER im Feuer auf ihn herabfuhr, sein Rauch stieg wie des Schmelzofens Rauch, all der Berg bebte sehr.
Gen. 15,17 Die Sonne war eingegangen, Nachtschwärze war, da: rauchender Ofen, Feuerfackel, das zog zwischen diesen Stücken querdurch.

Es ist die Stimme Gottes, die sich in Donner und Schofarton Gehör verschafft. Und es war Sein Feuer und Sein Rauch, mit dem ER sich auch Abram zeigt und Seinen Bund mit ihm schloss, als ER ihm das Land auf alle Generationen zusprach, das Land, in das die Kinder Israel nun zurückkehren, und zwar als Volk mit einer Weisung, mit Geboten und Verboten, mit einer tragfähigen Ethik, die sich in der Welt herumsprechen wird.
Wiederholt wird das Volk antworten: Ex. 19,8 Alles, was ER geredet hat, wir tuns.
Ex. 24,3 Alles Volk antwortete mit Einer Stimme, sie sprachen: Alle Rede, die ER geredet hat, wir tuns. … 7 Mosche nahm die Urkunde des Bundes, er las in die Ohren des Volks. Sie sprachen: Alles, was ER geredet hat, wir tuns, wir hörens!

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