Predigt vorgeschlagen für die Osternacht 8.04.2023
13 Ewiger, unser Gott, andere Herren als du herrschten über uns; einzig dein, deines Namens gedenken wir! 14 Tote werden nicht wieder lebendig; Schattenbilder stehen nicht wieder auf; darum hast du sie heimgesucht und ausgerottet und jede Erinnerung an sie ausgetilgt. 15 Du hast, Ewiger, zum Volk hinzugetan, du hast das Volk vermehrt; du hast dich herrlich erwiesen, du hast alle Grenzen des Landes erweitert. 16 Ewiger, in der Drangsal suchten sie dich; sie flehten leise in der Bedrängnis, als deine Züchtigung sie traf. 17 Wie eine Schwangere, die dem Gebären nahe ist, sich windet und vor Schmerzen schreit in ihren Wehen, so waren auch wir, Ewiger, vor deinem Angesicht: 18 Wir waren schwanger, wanden uns und gebaren gleichsam Wind; wir konnten dem Land nicht Rettung verschaffen, und es wurden keine Erdenbewohner geboren. 19 Aber deine Toten werden leben, meine Leichen werden auferstehen! Wacht auf und jubelt, ihr Bewohner des Staubes! Denn dein Tau ist ein Morgentau, und die Erde wird die Toten wiedergeben.
Mit diesem Lied (V1) will der Prophet Jeschajahu dem Volk Gottes Mut machen, dass es nach dem Exil in Babylon gut weitergehen wird, und zwar im Heimatland Jehuda. Dieses Lied handelt zuerst von der Dialektik der Gott Gehorchenden einerseits und der Uneinsichtigen, die ihren Weg ohne Gott gehen andererseits. Diejenigen, die auf dem geraden Weg gehen, können von Errettung und einer festen Stadt singen, von Frieden durch das Vertrauen auf ihren starken Felsen, den Gott Israels.
Dagegen werden die Bewohner der hochmütigen Stadt niedergeworfen. Der Gottlose ist nicht einsichtig und lernt von Gott nicht, was Gerechtigkeit bedeutet, selbst wenn Gott es ihm gut gehen lässt. Er wird immer auf dem falschen Weg bleiben. Er will die Wahrheit nicht sehen.
Fremde Machthaber herrschten über Gottes erwähltes Volk, weil Israel sich nicht an die Gebote der Tora hielt. Sie entschieden sich für Ungehorsam und Götzendienst, weshalb Jeschajahu nun das Exil anzukündigen hat. Im Exil wird Israel endlich reumütig umkehren, zur Teschuwa תְּשׁוּבָה = Umkehr und Antwort bereit sein und sich so einzig auf Gott besinnen.
Doch all diejenigen Israeliten, die auf dem Weg der Gottlosen gingen, und die Fremdherrscher, die die Abtrünnigkeit Israels noch verstärkten, werden – sobald das Ende des Exils erreicht sein wird -, tot und begraben sein. Sie waren dann nur dunkle Schattengebilde, die über Israel bestimmten, und sie werden vergehen und für immer ins Reich der Dunkelheit herabgestoßen werden. Ihr Gedenken wird ausgelöscht werden wie das Gedenken Amaleks und Hamans, die abscheulich gegen Israel handelten, die es hassten und vernichten wollten. Doch ihre dunklen Absichten kommen auf sie selbst zurück. Keine Rückkehr, keine Auferstehung ist für sie vorgesehen.
Während die Bösen vertilgt und ihr Andenken ausgelöscht wird, handelt Gott gnädig an Seinem Volk, das wieder bereit ist, IHN zu ehren. Das Volk wird zurückkehren in sein Land, und es wird feststellen, dass es im Exil, in der Zeit seiner Reinigung und Umkehr, gewachsen ist. Gott erweitert die Grenzen Seines Volkes, so wie es heißt:
Ps. 119,45 Und ich werde wandeln in weitem Raum; denn ich suche deine Befehle.
Oder wie der Prophet später sagen wird:
Jes. 54,2 Erweitere den Raum deines Zeltes und dehne die Zeltdecken deiner Wohnungen aus; spare nicht, spanne deine Seile weit aus und befestige deine Pflöcke; 3 denn zur Rechten und zur Linken wirst du durchbrechen, und dein Same wird die Heidenvölker besitzen, und sie werden verlassene Städte bevölkern.
Doch vorerst müssen die Kinder Israel durch die Bedrängnis gehen. Noch müssen sie zulassen, dass das Exil über sie kommen wird. In dieser Bedrängnis rufen einige Treue zu ihrem Gott. Ihnen fehlt die Kraft zum Schreien, so verzweifelt sind sie. Schmerzlich müssen sie erkennen, dass sich Verbannung und Wegführung nicht abwenden lässt.
Diese Not vergleicht Jeschajahu mit den Geburtsschmerzen einer Schwangeren. Doch während eine Gebärende eigentlich einen neuen Erdenbürger zur Welt bringt, gebiert Israel nur flüchtigen Wind. Es kann sein Land nicht mehr bewahren. Die Macht Babylons, welches die Israeliten wegführen wird, ist beschlossen bei Gott. ER weiß, dass Sein Volk Seine Strenge spüren muss, Sein konsequentes Handeln. Nur auf diese Weise wird es zu tiefer Einsicht kommen, Reue zeigen und aufrichtig zu IHM rufen.
Jeschajahu ermutigt die Israeliten: Wer im Vertrauen auf Gott stirbt, wer sein Leben lässt für Gott, der wird leben! Er wird eine Auferweckung erleben! Dabei identifiziert sich Jeschajahu mit dem Volk Israel, denn die Toten Israels sind natürlich auch die Toten des Propheten. Er trauert um sie, aber vielmehr jauchzt er für sie, denn sie werden sich aus dem Staub erheben, Gott preisen und jubeln. Sie stehen auf wie einer, der vom Schlaf aufsteht, erwacht und Gott dankt:
Ich danke DIR, ewig Lebender, dass DU mir meine Seele wiedergegeben hast!
Erstes Morgengebet nach dem Aufwachen
Modeh / modah ani lefanekha melekh ḥai vekayam sheheḥezarta bi nishmati b’ḥemlah, rabah emunatekha.
מוֹדה אֲנִי לְפָנֶֽיךָ מֶֽלֶךְ חַי וְקַיָּים. שֶׁהֶֽחֱזַֽרְתָּ בִּי נִשְׁמָתִי ,בְּחֶמְלָה. רַבָּה אֱמֽוּנָתֶֽךָ׃
Gott belebt wie ein frischer Tau am Morgen. ER ist nicht nur verzehrendes Feuer oder reinigendes Wasser, ER ist auch wie sanfter Tau, der sich auf die Erde und auf jeden Grashalm auf ihr legt. Wie Tau, das die Israeliten jeden Morgen auf dem Manna fanden. Der Tau besitzt die Fähigkeit, die Toten aus ihrem Schattendasein in der Sche’ol שְׁאוֺל = Totenreich hervorkommen zu lassen.
Vorerst müssen sich die Israeliten zurückziehen und ihre Kammer verschließen, wie wir es im Lockdown während Corona 2020 tun mussten.[1] Haben wir gelernt? Oder warum trafen uns mehr und mehr unvorstellbare Leiden wie Naturkatastrophen rund um den Globus und der Krieg in Europa?
Israel ging mit der Hoffnung ins Exil, dass dieses begrenzt sein würde. Es durfte die Hoffnung im Herzen tragen, dass auch der Tod nicht das letzte Wort hat. Deine Toten, Israel, werden leben und jubeln, denn Gott weckt sie auf und sie werden ihrer Berufung gerecht, ein Licht für die Völker der Welt zu sein!
Mit meinem 200. Beitrag möchte ich dasselbe tun, das der Prophet Jeschajahu intendierte, nämlich Mut machen, Gottes Wort so zu lesen, wie Jehoschua-Jesus es tat: mit jüdischen Augen, offen für den Reichtum aus jüdischen Quellen. Dann wird einiges im Zweiten Testament verständlich, das viele christliche Fragezeichen hinterlassen hat. Um den jüdischen Schatz weiterzugeben, darum wird es, mit Gottes Hilfe, noch weitere Beiträge und Auslegungen geben.
[1] https://deine-wurzel.de/ein-hoffnungslied-gemaess-Jeschajahu-26-im-angesicht-von-corona/
Liebevoll breitest Du die Auslegung des Textes aus. Mit dem Bezug zu unserem Morgengebet. Ein Segen, ein Tau, jeden Morgen. Bei meinem morgendlichen Joggen erlebe und spüre ich den Morgentau so oft, dass ich inzwischen das Gefühl habe, dass es jeden Morgen ist. Wie es mir zugesprochen ist. Und Dein Lesen der Auferstehung zu Ostern aus dem Ersten Testament ist der Schlüssel für die tiefe Erkenntnis zur Wurzel. Ein ganzer Bogen ist geschlagen zum Ausgleich, zum Shalom.
So muss es sein, dass du aus dem Tanach den Schlüssel zum Verständnis des Zweiten Testaments bekommst. Danke für deine Ermutigung, die mir damit machst.