Schabbat 1. Aw 5781; 10. Juli 2021

Gelübde

In der dieswöchigen Parascha geht es um Mosches Rede an die Stämme מַּטּוֹת Matot über die Gelübde. Von einem Mann wird erwartet, dass er gut darüber nachdenkt, bevor er ein Gelübde ausspricht, denn von ihm wird verlangt, dass er Gott seine Gelübde bedingungslos erfüllt.
Das erste Gelübde brachte Jaakob vor Gott:
Gen. 28,20 Jaakob gelobte ein Gelübde, sprechend: Wird Gott dasein bei mir und mich behüten auf diesem Weg, den ich nun gehe, und mir Brot geben zum Essen, Gewand zur Bekleidung, 21und kehre in Frieden ich heim zum Haus meines Vaters: soll ER mir Gott sein, 22und dieser Stein, den ich als Standmal errichtete, soll ein Haus Gottes werden, und alles was du mir geben wirst, verzehnten will ichs, verzehnten dir.
Das Gelübde war seine Antwort auf Gottes Erscheinung und Versprechen in Beth El. Eigentlich war es unnötig, denn Gott hatte ihm das Versprechen bezüglich seiner Bewahrung und Versorgung bereits gegeben. Wahrscheinlich war Jaakob so überwältigt von Gottes Erscheinung, dass er IHM seinerseits dieses Gelübde gleichsam schenkte. In Genesis 35 lesen wir dann auch von seiner Rückkehr:
Gen. 35,14 Jaakob erstellte ein Standmal an dem Ort, wo er mit ihm geredet hatte, ein Standmal von Stein, er goß einen Guß darauf und schüttete Öl darauf. 15 Jaakob rief den Namen des Ortes, wo Gott mit ihm geredet hatte: Bet-El, Haus der Gottheit!
Doch in den Worten Mosches, die Gott zu ihm redete, geht es überwiegend um Gelübde, die Frauen vor Gott aussprechen. Hier wird dem Mann die Verantwortung auferlegt, über das Gelübde mit zu entscheiden. Er bekommt die Autorität, seine Frau oder Tochter vor einem unbedachten Gelübde zu bewahren und sie davon zu entbinden.
Hier hinein spielt die Rolle Adams im Paradies, der seine Frau mit den Verführungen des „Schlangerichs“ allein ließ. Anstatt ihr beizustehen und zu erinnern, was Gott wirklich gesagt hatte, blieb er im Abseits und ließ Eva das verstrickende Gespräch mit dem „Schlangerich“ allein führen. Adam nahm anschließend einfach nur die Frucht und aß, ohne den geringsten Widerstand. Als Gott sie beide danach zur Rede stellte, suchten sowohl Adam als auch Eva einen Sündenbock, den sie verantwortlich machen konnten. Adam machte sogar Gott verantwortlich:
Gen. 3,12 Der Mensch sprach: Das Weib, das du mir beigegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß.
Durch dieses Gebot wird der Mann gezwungen, Verantwortung zu übernehmen und seine Frau vor einem unbedachten Gelübde zu bewahren. Dass er selbst nicht vor Unachtsamkeit gefeit ist, zeigt uns schmerzhaft das Beispiel Jiftachs.
Ri. 11,30 Jiftach gelobte IHM ein Gelübde, er sprach: Gibst in meine Hand du, gibst die Söhne Ammons hin, 31 werde, das ausfährt, was auch aus den Türen meines Hauses mir entgegen fahre, wann ich in Frieden zurück von den Söhnen Ammons kehre, das werde IHM, als Darhöhung will ich es höhen.
Dieses Gelübde war ebenfalls unnötig, denn Gott hatte ihm Seine Zusagen für seinen Sieg bereits gegeben. Was ihm dann aus seinem Haus entgegenkommt, ist seine einzige Tochter.
Ri. 11,34 Jiftach kam nach Mizpa zu seinem Haus, da, seine Tochter fährt aus ihm entgegen, mit Pauken, mit Reigentänzen. Und sie war die Einzige doch, nicht hatte er außer ihr Sohn oder Tochter. …  39 Es geschah nach Ablauf der zwei Mondneuungen: sie kehrte zu ihrem Vater zurück, und er tat an ihr sein Gelübde, das er angelobt hatte.
Die Rabbiner gehen davon aus, dass das Mädchen in lebenslange Klausur ging, da Gott keine Menschenopfer will. Aber es wäre besser gewesen, mit Gelübden zurückhaltender zu sein.
Dtn. 23,23 Wenn du aber zu geloben vermeidest, wird nicht Sünde an dir sein.
Im Talmud ist es gemäß Traktat Nedarim möglich, das Gelübde eines volljährigen Mannes durch einen Beit Din, ein rabbinisches Gericht, in dem zwei Rabbiner zugegen sind, aufheben zu lassen. Sie müssen die Grundlosigkeit eines geleisteten Gelübdes erkennen und retroaktiv für ungültig deklarieren.
Auch die Liturgie des Vorabends von Jom Kippur, Kol Nidre, aram.:כָּל נִדְרֵי  alle Gelübde, befasst sich mit solchen Gelübden, die gedankenlos oder unabsichtlich gesprochen wurden. Dieses Ritual entstand erst nach der Zeitenwende, zeigt aber die Wichtigkeit von Gelübden bis heute.
Der Mensch scheint Gott gerne etwas geben zu wollen, seien es Opfer oder Gelübde. Beides begrenzt Gott in Seiner unendlichen Liebe, denn ER weiß, dass wir IHM nichts bringen können. Unser Gehorsam genügt IHM.

Krieg

In Kapitel 31 ruft Gott die Kinder Israel zum Krieg auf. Kriegsgegner ist Midian, ein Nachkomme Abrahams mit seiner zweiten Frau Ketura, der dem Götzenkult frönte. Der Stamm hatte in der Paraschat Pinchas der vorigen Woche versucht, Israel mit seinen Frauen nicht nur zum sittlichen Ungehorsam zu verführen, sondern damit auch zum Götzenkult. Darum wollte Gott nun das Gericht an dem Volk vollstrecken. Midian bedeutet Richtstätte von דִּין din = Recht, Gesetz.
Gott schickt 1000 Männer pro Stamm in den Krieg, womit ER Seine Einheit demonstriert. Gott gibt es nur als den EINEN und keinen anderen neben IHM. Damit sind 12000 Männer im Einsatz für die 12 Stämme, welche durch die Quersumme 3 die anstehende Veränderung anzeigen. Wir erfahren, dass auch Bileam unter den Getöteten ist, obwohl er einen so weitreichenden Segen über Israel ausgesprochen hatte. Seine Worte bleiben, doch Bileam hatte demnach nicht die bleibende, ihn gänzlich verändernde Einsicht in Gott.
Num. 31,8 und die Könige Midjans brachten sie auf ihren Durchbohrten um, den Ewi, den Rakem, den Zur, den Chur, den Raba, die fünf Könige Midjans, auch Bilam Sohn Bors brachten sie mit dem Schwerte um.
5 Könige werden getötet, weil sie nicht den 5 Büchern Mose gehorchten und die Kinder Israel zum Ungehorsam verführten. Gott griff ein, indem ER den Tod der Fünf herbeiführte.
Alle Gefangenen und alle Beute brachte man vor Mosche und den Priester Elasar. Nichts durfte heimlich genommen werden, denn zu allererst gehört das Erbeutete Gott. Für heutige Leser ist so ein Gemetzel schwer zu verstehen. Allerdings müssen wir uns etwa 3500 Jahre zurück begeben. Die Situation unterscheidet sich von unserer Zeit, da die gesamte Bevölkerung um Israel herum heidnisch ist. Um sich nicht mit den heidnischen Völkern gleich zu machen, lebten sie für sich, wie Bileam dieses Volk gesehen hatte. Wurde Israel jedoch von diesen Völkern bedroht, wurde versucht, es zu heidnischen Praktiken zu verführen, musste es sich von Gottes Standpunkt her wehren, denn es war berufen, den Einen Gott zu bezeugen. In erster Linie gelang dies, indem die Völker Israel und das Wirken Gottes unter ihnen sahen. Nur in unausweichlichen Situationen musste es zu einem Kampf kommen wie gegen Midian.
Mosche war mit der Ausführung dieses Kampfes nicht einverstanden. Für ihn durften die Frauen, die doch die israelitischen Männer verführt hatten, nicht am Leben bleiben. So ordnete er den Tod für die Frauen an, die bereits mit einem Mann geschlafen hatten. Die anderen waren integrationsfähig und blieben am Leben.

Ein Krieg hat nie etwas Gutes, das wussten auch die Kriegführenden der biblischen Epoche. Darum ordneten sie eine Zeit der Absonderung von der Gemeinschaft an sowie Waschungen, die im Zusammenhang mit der „Roten Kuh“ aufgelistet wurden. Sogar die Kleider wie auch die Beute mussten durch Wasser oder durch Feuer gereinigt werden, je nach dem Material, aus dem das jeweilige Stück bestand.
Als nächstes wurde Gott von allem Erbeuteten abgegeben nach dem Maß, das ER gebot.
Die vielen Zahlen fallen auf, wenn die Beute gezählt sowie die Abgaben berechnet werden. Als Quersummen dominieren die Zahlen 18, 9, 8, 7 und 5.
Diese Zahlen verraten uns, dass Gott diesen Krieg mit allen Schrecknissen zum Leben (חַי chai = er lebt) führen lässt und zur neuen Geburt der Werte (9) führen will. Es wird ein neues Denken entstehen und die Möglichkeit geben, sich mit dem Transzedenten (8) zu verbinden. Damit gibt es Vollkommenheit (7), die sich aus der Tora und dem Eingreifen Gottes (5) speist.
Die Zahl 5 bezieht sich auf 32000 Mädchen, die Jungfrauen waren und am Leben blieben. Gott rettete sie, aber nun musste sie auch ihr Leben der Tora unterordnen.
Der Tod muss letztlich dem Leben dienen, nachdem die für den Tod Verantwortlichen gesühnt haben.
Die Zahl der Abgabe für Gott hat die Quersumme 12, also die Anzahl der Stämme Israel, die dadurch zu ihrer Sühne beitrugen.
Num. 31,49 sie sprachen zu Mosche: Deine Knechte haben den Häupterbestand der Kriegsmänner eingetragen, die unter unsrer Hand waren, nicht ein Mann von uns wird vermißt.
Das ist Gottes schützende Hand, die die Kämpfer bewahrte! Als Dank dafür brachten die Oberen der Kriegsleute von den Wertsachen eine Abgabe, deren Quersumme 10 ergibt. Die Abgabe für den EINEN Gott sowie das Bekenntnis, dass Gottes Zehnwort Gültigkeit hat.

Ruben und Gad

Zwei Stämme sehen das Ostjordanland und schätzen es als geeignet ein für ihre Herden. Was liegt näher, als direkt dort zu siedeln? Dieses Anliegen muss vor die leitende Gemeinschaft gebracht werden, aber Mosche ist nicht begeistert, im Gegenteil, er ist wütend!
Num. 32,6 Mosche sprach zu den Söhnen Gads und zu den Söhnen Rubens: Eure Brüder sollen in den Krieg gehn und ihr wollt hier sitzen? 7 Warum fechtet ihr das Herz der Söhne Jissraels an wider das Hinüberschreiten in das Land, das ER euch gegeben hat? 8 So taten eure Väter, als ich sie von Kadesch Barnea sandte das Land zu besehn:
Mosche erinnert sich voll Schmerz daran, dass sie nur deshalb 40 Jahre durch die Wüste ziehen mussten, weil 10 Kundschafter das Herz der Israeliten furchtsam machten. Würde das Ansinnen dieser beiden Stämme die gleiche Wirkung haben? Würden die Israeliten erneut zögern, in das verheißene Land einzuziehen? Mosche lässt die Geschichte in allen Einzelheiten aufleben, damit auch diese Generation nacherlebt und mitfühlt, was sich damals ereignete, wie zornig Gott war. Nie wieder! Für diesen Ruf handelt Mosche entsprechend und lässt es nicht bei bloßen Worten.
Mosche verpflichtet die beiden Stämme auf ihren eigenen Vorschlag:
Num. 32,20 Mosche sprach zu ihnen: Tut ihr diese Sache, sturmgürtet ihr euch vor SEINEM Antlitz zum Krieg, 21 überschreitet von euch jeder sturmgegürtet den Jordan vor SEINEM Antlitz, bis er seine Feinde vor seinem Antlitz her enterbt hat, 22 und ist das Land vor SEIN Antlitz unterworfen, und ihr kehrt danach um: dann seid ihr unsträflich vor IHM und vor Jissrael und dieses Land werde zur Hufe euch vor SEINEM Antlitz.
Nur, wenn sie an der Seite ihrer Brüder, den übrigen Stämmen, kämpfen und ihnen helfen würden, dass ein jeder seinen Landbesitz bekommt, können sie ihre Herden sowie ihre Familien im Ostjordanland wohnen lassen. An erster Stelle muss die Landeinnahme stehen!
Num. 32,28 Mosche gebot ihrethalb Elasar dem Priester, Jehoschua Sohn Nuns und den Väterhäuptern der Stäbe der Söhne Jissraels, …
Auch der Priester Elasar sowie Jehoschua, Sohn Nuns, wurden über dieses Abkommen unterrichtet, denn Mosche würde ihre Bereitschaft und ihren Gehorsam nicht überprüfen können. Sie würden ihr Anrecht auf den gewünschten, fruchtbaren Landbesitz im Osten verspielen, hielten sie sich nicht an ihr Versprechen. Das passt thematisch wiederum zu den Gelübden, zu denen Mosche die Regeln vorher erklärt hatte.

Gad baut 8 Städte aus und Ruben 6 Städte. Damit kann Gad גָד, der Glückliche sich dem Transzendenten zuwenden. Gad war der erste Sohn von Leas Magd Silpa.
Gen. 30,11Lea sprach: Glück zu! Sie rief seinen Namen: Gad, Glück.
Sein Name heißt umgekehrt Dag דג = Fisch mit dem Zahlenwert 7. So ist nicht nur das Glück mit ihm. Er kann sogar vollkommen glücklich und zufrieden sein in der Kraft der 7. Mit der Bedeutung des Fisches gehört er zu den stummen Dienern Gottes, die nie schlafen.
Ruben war Leas Erstgeborener, dem sie den Namen רְאוּבֵן reu’ben = „siehe, ein Sohn“ (Gen. 29,32) gab. Er war jemand, der oft zwischen den Stühlen saß, denn er brachte seiner Mutter Liebesäpfel, die dann ihre Schwester Rachel begehrte. (Gen. 30,14) Er war charakterlos, als er mit der Zweitfrau seines Vaters schlief (Gen. 35,22) und unzuverlässig, als es um die Rettung seines Bruders Jossef ging, für die er sich nur halbherzig einsetzte.
Nun ist er mit 6 Städten im Hier und Jetzt gut abgesichert. Er muss sich um die Vollkommenheit der 7 noch bemühen.

Die Wanderungen der Kinder Israel

Hier im Kapitel 33 beginnt die zweite Parascha unserer Doppelparascha mit dem Namen Masej מַסְעֵי = die Wanderungen, Züge oder Reisen der Kinder Israel.
An 42 Stationen hatten die Kinder Israel während ihrer Wanderung durch die Wüste auf den Befehl der Wolke zu lagern und zu rasten, welche Mosche allesamt aufzählt. Diese Reise wird mit dem menschlichen Leben gleich gesetzt, die wir alle in den unterschiedlichen Entwicklungsstufen unseres Lebens durchlaufen.
1. Reise: Ramses in Ägypten ist der Ausgangspunkt des Auszugs, der Befreiung und entspricht unserer Geburt.
2. Reise von Ramses nach Sukkot bedeutet den Schutz, den wir in unserer Kindheit erfahren, sodass wir ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln. Sukkot סוכות sind die Hütten, die Gott zum Schutz über uns ausbreiten möge.
3. Reise von Sukkot nach Etham am Rande der Wüste bedeutet die Freiheit unserer Jugendzeit.
4. Reise von Etham nach Pi-HaCherut, gegenüber Baal Zafon (Herr des Nordens), lagernd in der Nähe von Migdal (Turm) חִירֹת Cherut = Freiheit, Durchbruch zur Freiheit. So, wie das Volk Israel frei wurde, so entwickelt sich der Mensch zu einem freien, unabhängigen Erwachsenen, der sich auch negativen Kräften ausgesetzt sieht und sich entscheiden muss, ob er die Stärke eines Turms gewinnen will, diesen zu widerstehen.
5. Reise: Sie verließen das Tal der Freiheit und überquerten das Rote Meer in Richtung Wüste. Sie reisten dann drei Tage in der Etham-Wüste und lagerten in Mara – Es geht um den Übergang aus der Teenagerzeit ins Erwachsenenalter, der eine Herausforderung darstellt. „Sie wollten den gedämmten „Kokon“ des Roten Meeres nicht verlassen, um in eine raue und lebensfeindliche Wüste geworfen zu werden, die uns in einen Zustand der Bitterkeit (Marah) führt. Dennoch: Gehen  müssen wir. Dies ist der Zweck unserer Existenz: Die Wildnis in ein göttliches Meer zu verwandeln (Ohr HaTorah Massei S. 1383).“ In Mara begegnen wir den Bitterkeiten des Lebens. In ihnen liegt auch die Kraft der Heilung: Die Fähigkeit, das Bittere zu versüßen und die Infektion in seiner Quelle zu entwurzeln.
6. Reise: Sie verließen Marah und kamen nach Elimah. Dort gab es zwölf Wasserquellen und siebzig Palmen – „Elimah (oder Elim) ist das Stadium des Wachstums und des Erkennens der tieferen Kraft, die aus bitterem Verlust und Schmerz hervorgeht. Von Marah – nach erfahrener Bitterkeit  – werden wir mit den Ressourcen von Elimah gestärkt: Elimah besteht aus den gleichen Buchstaben wie der Name Elohim, nur dass die Reihenfolge der Buchstaben (eli mah) die verborgene Dimension der Liebe bedeutet – zwölf Wasserquellen und siebzig Palmen (das Geheimnis und das Verborgene, auf Hebräisch Geheimnis סוד ist Gematria 70) -, die aus der Dunkelheit und dem Bitteren hervorgeht (Die Maggid von Mezritch – Ohr Torah Massei. Erklärt in Ohr HaTorah Massei pp 1378. 1393. Siehe Degel Machne Efraim).“
7. Reise: Sie verließen Elim und lagerten in der Nähe des Roten Meeres – ist gleichsam eine Atempause mit verjüngender Kraft.
8. Reise: Sie verließen das Rote Meer und lagerten in der Sin-Wüste – die erste Glaubenskrise. Die göttliche Antwort bestand darin, sie täglich mit Manna, „Brot vom Himmel“ und Fleisch zu versorgen – was die verbleibenden 34 Reisen andauern würde. Das Manna lehrt uns, dass der Lebensunterhalt ein Segen von oben ist; Wir müssen unseren Teil dazu beitragen, aber letztendlich müssen wir Glauben haben und vertrauen, dass die göttliche Fürsorge für unseren Lebensunterhalt sorgen wird.
9. Reise: Sie verließen die Sin-Wüste und lagerten sich in Dofkah – Trotzdem! dafka! Trotz Angst geht es weiter! Dofkah (auf Hebräisch) bedeutet aber auch „Klopfen“: Angst kann ein starker Motivator sein, um an die Türen der Gelegenheit zu „klopfen“, an die Türen des Himmels zu „klopfen“ und tiefer zu graben und innere Ressourcen zu entdecken.
10. Reise: Sie verließen Dofkah und lagerten sich in Alush – Alush bedeutet Macht, die zum Guten oder Bösen eingesetzt werden kann. Einige sagen, dass das Manna in Alush zu fallen begann, und dort hielt das jüdische Volk seinen ersten Schabbat – zwei göttliche Gaben, die uns den Zugang zum Himmel ermöglichen, wenn wir die irdische Wildnis durchqueren.
11. Reise: Sie verließen Alush und lagerten sich in Refidim, wo die Menschen kein Wasser zum Trinken hatten – Refidim bedeutet Schwäche und bezieht sich auf die Lebensphase, in der wir eine intensive Glaubenskrise erleben (größer als die in der Sündenwüste), die die Gegenwart G-ttes unter uns in Frage stellt. Und wenn wir uns in diesem Zustand der Schwäche befinden, werden wir verletzlich und offen für Angriffe der mächtigen Kräfte des Zweifels und der Apathie – „Amalek ist angekommen und hat Israel dort in Refidim angegriffen“ (2. Mose 17: 8)
12. Reise: Sie verließen Refidim und lagerten in der Sinai-Wüste – Wir alle haben unsere „Sinai“ Moment – wenn wir ankommen und aufwachen, um eine neue Erkenntnis, einen erhöhten Zustand des Bewusstseins zu haben; wenn wir G-ttes Gegenwart spüren. Ein Ergebnis dieser Offenbarung ist Harmonie: Es verbindet Menschen „zu einer Person mit einem Herzen.“
13. Reise: Sie verließen die Sinai-Wüste und lagerten im Grab der Begierde – Diese Reise repräsentiert die Zeiten im Leben, in denen Sie von der verführerischen Kraft der Lust und des Verlangens verzehrt werden – wenn Sie „von ihren eigenen Wünschen begraben“ werden.
14. Reise: Sie verließen das Grab der Begierde und lagerten in Chatzeroth – Miriam rebellierte gegen ihren Bruder Mosche. Diese Etappe der Reise bezieht sich auf die rebellische Phase in unserem Leben. In jeder Generation – und in jeder Seele – gibt es einen „Mose“, der als Botschafter G-ttes dient, um uns bei der Erfüllung unserer Mission im Leben zu unterstützen.
15. Reise: Sie verließen Chatzeroth und lagerten sich in Rithmah – Die Kundschafter werden von hier ausgeschickt. Wir stellen den eigentlichen Sinn des Lebens wegen der auftretenden Schwierigkeiten in Frage und können das Land nicht erobern, weil es „seine Bewohner verzehrt“.  G-tt gab uns Leben und beauftragte uns mit der Mission, das materielle Land in einen heiligen Ort zu verwandeln. Unsere Aufgabe ist es herauszufinden, wie wir unsere Mission am besten erfüllen können – nicht ob.
16. Reise: Sie verließen Rithmah und lagerten sich in Rimmon Peretz – Diese Reise markiert die Phase in unserem Leben, in der wir anfangen, Früchte zu tragen – wie ein sich ausbreitender Granatapfelbaum = רימון rimon. Im wahrsten Sinne des Wortes bedeutet dies, wenn wir Kinder gebären und eine Familie gründen.
17. Reise: Sie verließen Rimmon Peretz und lagerten in Livnah – Livnah לבנות  lewanot kann mit „bauen“ übersetzt werden. Dies ist die Lebensphase, in der wir ein Haus bauen, das Hand in Hand mit dem sich ausbreitenden Granatapfelbaum der Familie (Rimmon רימון Peretz) geht.
18. Reise: Sie verließen Livnah und lagerten sich in RissahRissah רִסָּה (auf Hebräisch) bedeutet gebrochen zu werden. Im Arabischen bedeutet das Wort einen mit Steinen verstopften Brunnen. Auf unserer persönlichen Lebensreise werden wir unweigerlich ein Scheitern erleben oder was uns als solches erscheinen mag – eine gescheiterte Beziehung, Anstrengung oder Unternehmung, einen Bankrott oder eine andere Art von Fiasko.
19. Reise: Sie verließen Rissah und lagerten sich in Kehelathah – Der Aufstand der Rotte Korach! Halten Sie sich von Gruppen von Neinsagern und Kritikern fern. Schließen Sie sich immer einer Versammlung von Weisen – und nicht Zynikern – an. Wenn sich zwei Menschen treffen und sich nichts Bedeutendes sagen, keine Worte der Tora teilen, werden sie als „eine Gesellschaft von Verächtlichen“ betrachtet. Wenn sie dies jedoch tun, ruht die göttliche Gegenwart unter ihnen (Avot 3: 2).
20. Reise: Sie verließen Kehelathah und lagerten auf dem Berg Sheferשָׁפֶר schefer = verbessern; Ein weiterer Teil unserer Lebensreise besteht aus unseren Reisen zu schönen Orten auf der Welt. Mount Shefer bedeutet „schöner Berg“ oder „Berg mit schönen Früchten“ (Targum Yonasan). Wie werden wir die Inspiration nutzen, die wir aus der Schönheit der Natur gewinnen?

Wenn ich Sei mit den ersten drei Teilen neugierig gemacht habe, lade ich Sie auf die englische Seite ein, wo die gesamte Darstellung der 42 Stationen zu finden ist.
https://www.meaningfullife.com/42-journeys/

Ziel der letzten Station ist, das Land für Gott von den Götzenbildern zu befreien. Nur dann kann Israel ungestört in dem versprochenen Land leben und Gott mit ihm. Es geht also nicht darum, sinnlos zu zerstören, sondern in Gottes Namen die Götzen zu verbannen. Menschen, die den Götzen anhangen, würden Israel abhalten, Gott zu dienen und Israel, das Volk, das Gott sich erworben und befreit hat, würde zurückfallen in seine heidnische Herkunft. Das hätte fatale Folgen für die gesamte Welt, die Gott durch Israel erlösen will.
Gehorsam gegen Gott bei der Einnahme des Landes ist für das Volk ein Gewinn. Die Folgen würden im Gegenteil viel Ärger in der Zukunft bringen und zum Verlust des Landes führen, wie Gott an vielen Stellen warnte.
Num. 33,55 Enterbt ihr aber nicht die Insassen des Landes vor euch her, wird, was ihr von ihnen übrig lasset, zu Splittern in euren Augen, zu Stacheln in euren Seiten, sie werden euch bedrängen auf dem Land, in dem ihr siedelt. 56 Es wird geschehn: wie ich gesonnen war ihnen zu tun, tue ich euch.

Gebote für die Landnahme

Das den Israeliten verheißene Land hat genaue, von Gott festgelegte Grenzen. Sie können also nicht grenzenlos siedeln, sondern sind an Gottes Festlegungen gebunden. So wie Gott Grenzen in der Lebensführung vorgab, in den Gelübden und im Opfer, so auch im Landbesitz. Nichts steht unbegrenzt der eigenen Lust zur Verfügung. Das fing schon mit der ersten Einschränkung im Garten Eden an und findet im alltäglichen Leben seine Fortsetzung. So ist auch die Landnahme begrenzt, bei der jeder wird so viel bekommen wird, wie er braucht. Das ist der Plan Gottes und ER wird es mit dem Los zuweisen.
Die Zuweisung des Landes überwachen der Priester Elasar und Jehoschua sowie je ein Fürsten pro Stamm. Gott wählte diese Männer aus und berief sie für ihre Aufgabe.
Kaleb für den Stamm Jehuda ist neben Jehoschua derjenige, der zu der aus Ägypten ausziehenden Generation gehörte und nun mit in die neue Heimat einziehen darf. Er war einer der Kundschafter, die das Land erforschten, und der mit Jehoschua die auf Gott vertraute und dazu aufrief, mit Gottes Hilfe das Land einzunehmen. Die Übrigen der Stämme gehören der in der Wüste geborenen Generation an.
Num. 34,29 Diese sind, denen ER gebot, die Söhne Jissraels im Lande Kanaan einzueignen.

Bei der Verteilung des Landes nehmen die Lewiten eine Sonderstellung ein, wie Gott es schon in der Parascha Behar verkündete. Hier wird diese Verteilung nicht nur wiederholt, sie bekommt eine zusätzliche Anordnung, nämlich die der Unterschlupf- oder Freistädte. Sie sind für Todschläger vorgesehen, die unabsichtlich jemandem das Leben nahmen. Diese Städte dominieren das Kapitel, was uns zeigt, wie wichtig der Schutz des Lebens ist, sogar das Leben eines Todschlägers. Sie sind nicht nur für Israeliten:
Num. 35,15 Den Söhnen Jissraels, und dem Gast und dem Beisassen in ihrer Mitte seien die sechs Städte zum Unterschlupf, daß dahin fliehe, allwer ein Wesen aus Irrung erschlug.
Jeder Verdächtige hat das Recht aus einen ordentlichen Gerichtsprozess. Dem Mörder droht die Todesstrafe, wenn er vorsätzlich, aus Hass oder mit einem harten Gegenstand einen anderen Menschen umbrachte. Nur die Aussage mehrerer Zeugen kann zur Urteilsfindung helfen und ein Todesurteil nach sich ziehen. Die 1, die an dieser Stelle – ein Zeuge – negiert wird, steht für Gott, und der ist am Leben interessiert, auch am Leben des Sünders, das ER allein erneuern kann.
Ist aber jemand als Mörder verurteilt, kann er sich nicht freikaufen. Wenn er in einer Unterschlupfstadt ist, so kann er von dort erst wieder frei kommen, wenn der Priester starb. Das kam einer Haftstrafe gleich, denn er durfte so lange nicht zu seiner Familie heimkehren.
Mit Blutschuld muss achtsam umgegangen werden, denn es ist Gottes Land, der dort unter Seinem Volk wohnt.
Num. 35,33 Ihr sollt das Land, in dem ihr seid, nicht entarten machen, denn das Blut, es macht das Land entarten, nicht wird Bedeckung dem Land für das Blut, das darin vergossen ward, es sei denn durch das Blut dessen, ders vergoß. 34 Bemakle nicht das Land, in dem ihr siedelt, in dessen Mitte ich einwohne, denn ICH bins, der inmitten der Söhne Jissraels einwohnt.
Von Kain wissen wir, dass unschuldig vergossenes Blut von der Erde zum Himmel schreit. Doch auch er bekam ein Kainsmal, eine Art „Freistadt“, die ihn vor Todschlag schützt.

Das Erbrecht

Noch einmal wird das Thema der Töchter Zlofchads wichtig, denn wenn sie heiraten – was geschieht dann mit ihrem Landbesitz? Wird es dann zu einer Benachteiligung für den Stamm Menasche kommen, weil sie ihren Erbbesitz mitnehmen in einen anderen Stamm? Auch das Halljahr würde dem Stamm, in den sie eingeheiratet haben, das Erbe zuschlagen.
Dieser Einwand ist, wie derjenige der Töchter, gut begründet, und so beantwortet Mosche im Auftrag Gottes die Frage des Stammes Menasche. Die Töchter Zlofchads sollen innerhalb ihres Stammes heiraten. Innerhalb des eigenen Stammes können sie sich ihren zukünftigen Ehemann aussuchen, doch somit bleibt das Erbe für den Stamm erhalten. Dieses Gebot wird ebenso für alle anderen Frauen gelten, die geerbt haben oder erben werden.
Zlofchads Töchter heirateten Männer ihres Stammes Menasche und gehorchten so der Stimme Gottes.

Am Ende des Buches Bamidbar oder Numeri, wie es auf Lateinisch heißt, sind alle Rechtsfälle geklärt, alle Fragen beantwortet. Für Mosche ist damit sein Abgang vorbereitet und er kann seine Aufgabe in die Hände seiner Nachfolger übergeben. Dafür wird er im kommenden Buch Dewarim oder Deuteronomium der neuen Generation noch einmal vor Augen führen, wie Gott ihre Elterngeneration rettete und begann, aus Sklaven ein Volk freier Menschen zu machen.

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