Schabbat 27. Juni 2020; 5. Tammus 5780

Einleitende und aktualisierende Gedanken

Die dieswöchige Toralesung ist eine sehr dramatische und eine mit sehr aktuellen Bezügen. Wenn wir diese drei Kapitel lesen, sollten wir Gottes Wort sehr ernst nehmen und uns warnen lassen.
Wir lesen von Überheblichkeit und Streit um Macht und Ansehen. Diese spielt sich zum einen unter den Leviten ab. Aber auch die Söhne Rubens opponieren mit anderen Israeliten auf widerliche Weise gegen Mose.
Das erinnert mich sehr an die Aggressionen und Verleumdungen in unseren Tagen, wenn die Bundesregierung verunglimpft und der Lüge und Manipulation bezichtigt wird, weil sie die Bevölkerung vor der Erkrankung am neuen Virus schützen will. Es ist richtig, dass auch unsere Regierung Fehler macht. Und es ist ein Vorrecht, Meinungs- und Demonstrationsfreiheit wahrnehmen zu können.
In diesem Bibelabschnitt werden wir jedoch sehen, dass es immer eine Frage des Wie, der inneren Haltung ist, mit der ich Zweifel an Entscheidungen anmelde und wie ich mit den Verantwortlichen umgehe. Üble Nachrede war schon in einer vorigen Wochenlesung ein Grund für den Ausbruch einer Krankheit, Aussatz, sogar bei der Prophetin Miriam.
Wie mit der Obrigkeit umzugehen ist, erklärt Gott durch Mose:
Dtn.17,9 komm zu den Priestern, den lewitischen, und zu dem Richter, der es in jenen Tagen sein wird, suche an, sie sollen dir den Sachentscheid des Rechtes melden.10 Tue nach dem Geheiß des Sachentscheids, den sie dir von jenem Ort, den ER wählt, melden werden, bewahrs, zu tun, allwie sie dirs weisen: 11 nach dem Geheiß der Weisung, die sie dir weisen, nach der Rechtsfindung, die sie dir zusprechen, sollst du tun, nicht weiche vom Sachentscheid, den sie dir melden, rechts oder links. 12 Der Mann aber, der in Vermessenheit täte, ohne auf den Priester zu hören, der dasteht, dort IHM deinem Gott zu amten, oder auf den Richter, jener Mann sterbe, merzen sollst du das Böse aus Jissrael!

Die Priester und Richter stehen für die Obrigkeit der jeweiligen Zeit, die Entscheidungen zu fällen hat. Wer sich gegen diese Entscheide widersetzt, handelt in Vermessenheit, was Gott nicht gutheißt. Die Verantwortung des Volkes wird es immer sein, die Männer zu wählen, die Gott wählt, seien es Richter oder Könige: Dtn.17, 15 …setze, einsetze über dich einen König, den ER dein Gott erwählt,
Gläubige, mit Gott verbundene Menschen beten also um die von Gott gewollte Wahl und sie beten für die Regierung, aber sie beleidigen und verleumden sie nicht und stellen sie nicht bloß. Im Gebet wird der Beter herausfinden, welche Eigenverantwortung er zu tragen hat, sei es bei der Ausübung des Wahlrechts oder im Handeln am Nächsten innerhalb der Gesellschaft.

Kritische Anfrage oder Aufstand?

Im ersten Vers unserer Lesung wird Korach genannt. Er gehört zur Familie Kahats, welche von Gott berufen wurden, die Geräte des Tempels zu versorgen und bei Wanderungen zu packen und wieder aufzubauen. Sie dienen direkt an den heiligen Geräten. Da Korach jedoch kein Priester innerhalb der Leviten ist, hat er ein Problem: Er will mehr sein; er fühlt sich benachteiligt; er ist neidisch. (Num.16,10)
Probleme löst man am besten in einem persönlichen Gespräch wie es die Männer in Num.9 taten, die das Pessachopfer nicht bringen konnten und sich ungerecht behandelt fühlten. Diesen Männern konnte Mose nach einem Gebet die befriedigende Antwort geben, dass sie eine zweite Möglichkeit erhielten. Ihr Problem war im Frieden zu aller Zufriedenheit gelöst worden.
Was aber macht Korach? Er nimmt Männer mit sich, die mit seinem Problem nichts zu tun haben, nämlich Söhne aus dem Stamm Ruben, keine Leviten. Durch diese kommen noch weitere 250 Menschen dazu, die nicht eine Frage an Mose richten, ihr Problem schildern und um Erklärung oder Lösung ihrer Frage bitten. Nein, sie empören sich gegen Mose! Sie kommen, um Mose anzuklagen und zu beschimpfen.

Korachs Mannen, die Mose gegenüber stehen, wird oft als „Rotte Korachs“ übersetzt. Eigentlich kam er mit seiner „Gemeinde“ = eda עֲדָה. Das Wort stammt von ed עֵד = Zeuge und edut עֵדוּת = Zeugnis. In diesem Sinne soll eine Gemeinde Zeugnis ablegen von der Größe Gottes. Die Gemeinde des Korach aber hat sich von diesem ihrem Auftrag getrennt und legt nun Zeugnis ab gegen Mose und Aaron und damit gegen Gott. Sie wurden zu „falschen Zeugen“.
Haben sie nicht gesehen, welche Macht Gott seinem Knecht Mose gegeben hatte? Haben sie vergessen, wer ihnen die Tora am Sinai brachte und wie sie flehten, Mose möge zu ihnen sprechen, nicht Gott selbst!? Waren sie nicht gerade erst dem Zorn Gottes entkommen, als Gott sie nach dem Aufstand um die zehn Kundschafter vernichten wollte und Mose für sie in den Riss trat?

Wer sind diese Männer unter Betrachtung ihrer Namen und ihrer Herkunft?

Korach קֹרַח heißt übersetzt: eiskalt, berechnend von kerach קֶרַח = Eis. Ihm fehlt es an Mitgefühl, am Willen zur Selbstreflexion. Eiskalt will er sein Ziel erreichen, mehr Macht innerhalb der Leviten zu bekommen. An seinem Vater nahm er sich kein Beispiel. Es war Jizhar יִצְהָר mit dem vielversprechenden Namen: er wird leuchten wie das Licht am Mittag = zohorajim צָהֳרַיּם. Dieses wegweisende Licht nahm Korach nicht auf.
Datan (= Fallstrick, Hinterhalt) und Abiram (mein Vater ist erhaben) unterstützen den Aufruhr gegen Mose. Sie sind Nachkommen aus dem Stamm Ruben. Diesen sollten wir uns näher anschauen.
Ruben (Reu’ben רְאוּבֵן siehe, ein Sohn; Gen.29,32) ist der erstgeborene Sohn Leas und Jakobs. Er zeigt sich jedoch schon bald von seiner ungebührlichen Seite, als er mit der Nebenfrau seines Vaters schläft.
Gen. 35:22 Und es geschah, als Israel in dem Land wohnte, da ging Ruben hin und lag bei Bilha, der Nebenfrau seines Vaters; und Israel erfuhr es.
In Gen.37 hindert er zwar seine Brüder daran, Josef zu töten, aber er setzt sich sehr halbherzig ein und achtet nicht darauf, seinen Plan zur Befreiung des jüngeren Bruders wirklich umsetzen zu können. Auch rügt er die Brüder sehr zurückhaltend und lässt seinen alten Vater in der unüberwindbaren Trauer um den Erstgeborenen Rachels.

Als die Brüder erneut, dieses Mal mit Benjamin, nach Ägypten reisen wollen, unterbreitet Ruben seinem Vater ein sehr absurdes Angebot.
Gen.42,37 Da sprach Ruben zu seinem Vater: Du kannst meine beiden Söhne töten, wenn ich ihn dir nicht wiederbringe! Übergib ihn nur meiner Hand, ich will ihn dir wiederbringen!
Woher nimmt er das Recht, seine beiden Söhne zu opfern anstelle seines Bruders Benjamin? Wem helfen zwei tote Söhne resp. Enkel? Gott will keine Menschenopfer und keine Morde. Ruben spielt sich zum Herrn über Leben und Tod auf, was ausschließlich Gott zusteht. Seiner Verantwortung hätte Ruben sich stellen müssen, als er Josef in die Zisterne werfen ließ.
Im Gegensatz zu Ruben übernahm Juda dem Vater gegenüber selbst die Verantwortung für Benjamin:
Gen.43,9 Ich will für ihn bürgen, von meiner Hand sollst du ihn fordern; wenn ich ihn dir nicht wiederbringe und ihn vor dein Angesicht stelle, so will ich die Schuld tragen vor dir mein ganzes Leben lang.
In seinem Segen erkennt Jakob seinem Erstgeborenen Ruben das Erstgeburtsrecht ab, weil er ungezügelt und respektlos gegen seinen Vater handelte.

Gen.49,3 Ruben, mein Erstgeborner bist du, meine Kraft, der Erstling meiner Stärke; überragend an Hoheit, überragend an Macht, 4 walltest du über wie Wasser, sollst der Erste nicht sein. Denn du bestiegst deines Vaters Lager, entweihtest damals das Bette, das du bestiegen. 
Ebenso klagt er Simon und Levi wegen ihrer Gewaltbereitschaft an. Mit ihnen will er nichts zu tun haben.
Obwohl Ruben der Erstgeborene ist, bekommt er nicht den Segen als Nachfolger des Vaters. Vielmehr wird Juda in den Stand des Herrschers versetzt, aus dem am Ende der Tage der Messias kommen wird. Juda war nicht fehlerlos, aber er stand zu dem begangenen Unrecht und übernahm letztlich die Verantwortung. Er wusste, wie er das begangene Unrecht bereinigen konnte, auch als er vor dem zweiten Herrscher Ägyptens, dem noch unerkannten Bruder Josef, als Sprecher für die Brüder aufstand (Gen.44,18ff).

Wie reagiert Mose auf die ungeheuerlichen Anschuldigungen?

Mose hört die Anklage, aber er reagiert nicht direkt auf sie. Er wirft sich mit seinem Angesicht zu Boden, sodass er demütig Weisung von Gott empfangen kann. Und dementsprechend vertagt er die Angelegenheit auf den nächsten Tag.
Mose wird nicht wütend, schreit nicht rum, beschimpft oder beleidigt die Ankläger und Verleumder nicht, sondern er wird eine Nacht vergehen lassen. „Schlaf noch mal ‘ne Nacht drüber“, raten wir in brenzligen Situationen. So gibt es auch hier eine Chance für die Aufmüpfigen, über ihr Verhalten nachzudenken und entsprechend das Verhalten Moses zu reflektieren. Ohne Empörung und Verteidigung der eigenen Person, ohne Gegenklage, bittet Mose Korach und seine levitischen Anhänger, am nächsten Tag mit Räucherpfannen zu erscheinen, damit Gott selbst für alle sichtbar offenbaren kann, wer IHM nahen darf und wer nicht. Immerhin geht es um den heiligen Gott und um die gebotene heilige Haltung, die allein Zugang zu Gott hat. Im Buch Levitikus gibt es zahlreiche Anweisungen, wer wann Gott nahen darf und warum und wann nicht. Das liegt nicht im Belieben des Moses. Und so übernimmt er auch nicht selber die Klärung der Anschuldigungen gegen ihn.

Mit den Räucherpfannen erhalten die Aufrührer einen deutlichen Hinweis auf die Söhne Aarons, Nadaw und Awihu. Auch wenn sie ein edleres Ansinnen hatten als der machthungrige Korach, weil sie wünschten Gott zu begegnen, ließ Gott nicht mit sich und den Anweisungen Seine Heiligkeit betreffend spielen. Dieses Beispiel konnte Warnung genug sein.
Die Ruben-Söhne verweigern nach ihrem Krawall sich jedem vernünftigen Gespräch. Mose lässt sie rufen, lediglich um sie zu warnen, doch sie verweigern sich hochmütig und in Berufung auf den Vorwurf, Mose habe sie aus ihrem Lebensglück in Ägypten in die Wüste gebracht, um sie umzubringen und sich als Herrscher über sie zu setzen. Sie bringen Verleumdungen gegen ihn auf, indem sie ihm alle möglichen Verbrechen unterstellen, die er angeblich gegen sie plane.
Num.16,13 Ist es nicht genug, dass du uns aus einem Land herausgeführt hast, in dem Milch und Honig fließt, um uns in der Wüste zu töten? Willst du dich auch noch zum Herrscher über uns aufwerfen? … 14 Willst du diesen Leuten auch die Augen ausstechen? Wir kommen nicht hinauf!
Lässt uns Leser diese Aussage nicht in Gelächter ausbrechen – gleichzeitig in Verzweiflung und Entsetzen?! Verbreiter von Fake News, Verzerrer von Realitäten, Verleumder, Rufmörder sind sie!

Der Vergleich mit heute ist greifbar! Wie wird die Corona-Pandemie verzerrt und die Regierung ob ihrer Mühe um Lebensrettung verunglimpft und verleumdet. Wissenschaftler bekommen Morddrohungen, weil Menschen sich nicht die Mühe machen zu verstehen, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert. Ergebnisse müssen hart erarbeitet werden, da gibt es nicht sofortige Übereinstimmung. Aber nur diese Widersprüche, die ohne unsere modernen Medien für uns normale Menschen gar nicht zugänglich waren, führen zum Ziel!
Ähnlich sind die alten Geschichten, in der DDR sei alles besser gewesen. Und im Dritten Reich war alles besser, denn Hitler baute die Autobahnen und Frauen konnten nachts noch sicher in den Parks spazieren gehen. Muslimische Schüler behaupteten, in Israel würden die Juden Muslime abschlachten. Die Verunglimpfung Israels in der UNO, all diese Verzerrungen und Hass erzeugende Nachrichten auf den so beliebten Sündenbock! Sie sind lange bekannt. Doch diese Verdrehungen verursachen mir Übelkeit.
Gut, dass die Bibel dieses uralte Muster so deutlich präsentiert, sodass wir das falsche Spiel durchschauen können und hoffentlich für unsere Gegenwart daraus lernen werden.
Wiederum reagiert Mose nur Gott gegenüber, indem er IHN bittet, ER möge ihre Opfer nicht annehmen.

Gott greift deutlich ein

Num.16,19 Und Korah versammelte gegen sie die ganze Gemeinde (ha eda הָעֵדָה) vor dem Eingang der Stiftshütte (ohel mo’ed  אֹהֶל מוֹעֵד). Da erschien die Ehre des Ewigen (kewod JHWH כְבוֹד יְהוָה) vor der ganzen Gemeinde (ha eda הָעֵדָה)
Nun kommt es zur Konfrontation zwischen den falschen Zeugen der Gemeinde Korachs (eda עֵדָה) und der Ehre Gottes am Eingang des Zelts des Zeugnisses (ohel mo’ed אֹהֶל מוֹעֵד). Zeugnis steht gegen Zeugnis! Gott wird nun demonstrieren, welches Zeugnis das richtige ist.
Ehre = Kawod   כְבוֹדkommt von dem Wort kawed כָּבֵד = schwer. Die Ehre Gottes ist von Gewicht und lässt nicht mit sich spielen. Gott erscheint nicht in der schützenden und lebenspendenden Wolke, nicht im lichtspendenden Feuer, sondern mit Seiner ganzen Gewichtigkeit. SEINE Ehre wurde beschädigt, denn ER hatte Mose und Aaron sowie die Leviten in ihre Ämter eingesetzt. Wer Seine Entscheidungen in vermessener, hochmütiger Weise anzweifelt, bekommt Seine Gewichtigkeit und Entscheidungskraft in anderer Weise zu spüren.
Gott entscheidet: Num. 16,21 Mose und Aaron, sondert euch ab von dieser Gemeinde, dass ich sie in einem Augenblick vertilge!
Nach so viel erlittenem Unrecht könnten Mose und Aaron doch nun die Entscheidung Gottes verstehen und einwilligen. Doch wie reagieren die Brüder?
Num.16,22 Da fielen sie auf ihr Angesicht und sprachen: O Gott, du Gott, der allem Fleisch den Lebensodem gibt, ein Mann hat gesündigt und du willst über die ganze Gemeinde zürnen?
Wie Abrahamwollen Mose und Aaron die Unschuldigen retten. Sie erwarten Gottes Gerechtigkeit, der die Schuldigen allein zur Verantwortung zieht und die Unschuldigen, vielleicht sogar gleichgültige Mitläufer, verschont. Gott hört auf Mose. ER gibt eine neue Anweisung: Num.16,24 Rede zu der Gemeinde und sprich: Entfernt euch ringsum von der Wohnung Korahs, Dathans und Abirams!
Num.16,26 Und er (Mose) redete zu der Gemeinde und sprach: Weicht doch von den Zelten dieser gottlosen Menschen und rührt nichts an von allem, was ihnen gehört, damit ihr nicht weggerafft werdet wegen aller ihrer Sünden.
Mose setzt sich mit aller Kraft dafür ein, dass nur die Aufrührer mit ihrem schlechten und zerstörenden Einfluss aus der Gemeinschaft entfernt werden. Alle anderen sollen die Möglichkeit bekommen, umzukehren und sich vom Unrecht zu entfernen.
Num.16,28 Und Mose sprach: Daran sollt ihr erkennen, dass der Ewige mich gesandt hat, alle diese Werke zu tun, und dass ich nicht aus meinem eigenen Herzen gehandelt habe: 29 Wenn diese sterben werden, wie alle Menschen sterben, und heimgesucht werden mit einer Heimsuchung, wie sie alle Menschen trifft, so hat der Ewige mich nicht gesandt. 30 Wenn aber der Ewige etwas Neues schaffen wird, sodass der Erdboden seinen Mund auftut und sie verschlingt mit allem, was sie haben, dass sie lebendig hinunterfahren ins Totenreich, so werdet ihr erkennen, dass diese Leute den Ewigen gelästert haben!
Mose kämpft nicht für sich selbst. Er lässt Gott sprechen, indem DER eine Abrechnung an den Aufrührern vornimmt, die noch niemand je gesehen hat. Und so wie Gott auf Mose hörte, das Leben der Unschuldigen zu schützen, so hört ER auch jetzt auf Seinen Knecht und bestürzt die Umstehenden damit, dass die Erde Korach und seine Anhänger verschlingt. Die 250 Mann, die sich Korach angeschlossen hatten und Räucherwerk brachten, werden mit Feuer verzehrt wie Nadaw und Awihu. Sie brachten fremdes Feuer, weil es ihnen als Nichtleviten nicht zustand, Räucherwerk zu bringen.

Nicht genug der Geschichtsklitterung

Dieses Ereignis der Überheblichkeit, welche den Seelen der Sünder selbst geschadet hatte, sodass Gott sie aus der Mitte des Volkes entfernte, darf nicht vergessen werden. Das Judentum ist eine Religion des Erinnerns, was aus jedem biblischen Fest abzulesen ist sowie aus den weltlichen Gedenktagen an die Schoah oder die gefallenen Soldaten und getöteten Terroropfer. Gedenken ehrt die unschuldig Ermordeten und warnt die Lebenden. Darum sollen die zu Unrecht benutzten Pfannen zu einem Gedächtnis werden. Durch die Nahung zu Gott erlangten sie Heiligkeit, sodass sie im heiligen Bereich als Mahnung verbleiben sollen.
Num.17,3 die Räucherpfannen derer, die gegen ihre Seelen gesündigt haben. Man soll sie zu breiten Blechen schlagen und den Altar damit überziehen; denn sie haben sie vor den Ewigen gebracht und [dadurch] geheiligt; sie sollen ein Zeichen (ot אוֹת) sein für die Kinder Israels!
Ot אוֹת = Zeichen besteht aus dem ersten und letzten Buchstaben des hebräischen Alphabets, alef  אund taw ת, was die Bedeutung von „Alpha und Omega[1]“, Anfang und Ende, in sich trägt. Gott ist selber Anfang und Ende, und diesen Charakter haben Seine  Zeichen für Sein Volk ebenfalls.
Jes.44, 6So spricht der Herr, der König Israels und sein Erlöser, der Herr der Heerscharen: Ich bin der Erste und ich der Letzte, und außer mir ist kein Gott. 

Die beiden Buchstaben sind verbunden durch dasו waw, welches die Bedeutung von Haken, Verbindung hat. Somit verbindet es die wesentlichen Buchstaben und damit die Zahlenwerte von 1 bis 400. Diese Zahlen bedeuten in der jüdischen Zahlenlehre die größtmögliche Ausweitung. Das „Ot“ ist von umfassender Bedeutung. Ein „Ot“ ist auch der Schabbat, nämlich ein ewiges Bundeszeichen zwischen Gott und Seinem Volk Israel.
Doch wozu erdreistet sich das ganze Volk trotz dieses deutlichen Mahnmals?
Num.17,6 Am folgenden Morgen aber murrte die ganze Gemeinde der Kinder Israels gegen Mose und gegen Aaron und sprach: Ihr habt das Volk des Ewigen getötet!
Das ist eine eindeutige Verleumdung! Es fehlt den Geretteten, die Gott aus Barmherzigkeit nicht vernichtet hatte, jede Spur von Selbstreflexion, Selbstverantwortung und Lernen aus der Geschichte. Jede Form des Murrens richtet sich gegen Gott. Den Aufstand hatte der Ewige selbst niedergeschlagen.
„Ihr habt Gottes Volk getötet!“ Das klingt wie die späteren Verleumdungen gegen das jüdische Volk: „Ihr habt Gottes Sohn getötet!“ (Waren es nicht die Römer in ihrer Staatsgewalt?!) „Juden vergiften Brunnen und verbacken das Blut von Christenkindern.“ (Oder halten sie sich an Hygieneregeln?! Verzehr von Blut ist verboten und ein Ekel für jeden Juden!) „Juden gehen mit den Palästinensern genauso um wie die Nazis mit den Juden!“ (Warum sind dann so viele Palästinenser dankbar, unter israelischer Regierung in demokratischer Freiheit leben zu dürfen? Woher erhalten die PA Strom, Wasser, Hilfsgüter in Krisen?)

Es ist widerlich, solche Ungeheuerlichkeiten hören zu müssen! Und es ist ungeheuerlich, dass niemand aus der Geschichte lernt geschweige denn aus dem Wort Gottes! Leider schließen sich so manche Christen Verschwörungstheorien und Verleumdungen an. Dabei ist Gottes Wort so klar, wenn man es liest.
Num.17,7 Und es geschah, als sich die Gemeinde gegen Mose und gegen Aaron versammelt hatte, wandten sie sich der Stiftshütte [Zelt des Zeugnisses] zu, und siehe, da bedeckte sie die Wolke und die Ehre des Ewigen erschien.
Neben der gewichtigen Ehre Gottes erscheint für Mose und Aaron die Wolke über dem Zelt des Zeugnisses, denn Gott legt Zeugnis ab gegen das Volk und für Mose und Aaron. Gott will das erneut murrende Volk vernichten, aber Mose tritt wiederum für diese sündigen Menschen in den Riss und bittet Aaron, nun mit seiner Pfanne ein gerechtes Feuer vor Gott zu bringen, denn zwischenzeitlich ist eine große Plage ausgebrochen. Sie kommt erst durch den gemeinsamen Einsatz von Mose und Aaron zum Stillstand, nachdem sie 14 700 Todesopfer gefordert hatte.
Wird uns etwas klar? Wachen wir auf bei diesen Parallelen von Fake News, Machtgier, ungerechter Empörung, Verschwörung, Verleumdung und Uneinsichtigkeit? Plagen durchziehen das Wort Gottes, wenn es um ungerechtes und uneinsichtiges Handeln und Reden geht, nicht zuletzt die 10 Kundschafter betreffend, die das wahre Land von Milch und Honig in Verruf gebracht hatten.
(Num.14,37)
Dtn.28,15 Es wird aber geschehen, wenn du der Stimme des Ewigen, deines Gottes, nicht gehorchst, sodass du alle seine Gebote und Satzungen nicht bewahrst und tust, die ich dir heute gebiete … 21 Der Ewige wird dir die Pest anhängen, bis er dich vertilgt hat aus dem Land, in das du kommst, um es in Besitz zu nehmen. … 28 Der Ewige wird dich schlagen mit Wahnsinn und mit Blindheit und mit Verwirrung der Sinne …  60 und er wird alle Seuchen Ägyptens über dich bringen, vor denen du dich fürchtest, und sie werden dir anhaften, 61 dazu alle Krankheiten und Plagen, die nicht in dem Buch dieser Weisung geschrieben sind — der Ewige wird sie über dich kommen lassen, bis du vertilgt sein wirst …
Gott ruft uns über all diese Verwirrung und Krankheiten und Epidemien. Wir sind IHM nicht egal. Aber wir müssen erkennen, wie einst das murrende Volk, dass wir Verantwortung tragen. Kann Gott uns segnen, wonach es IHN gelüstet, oder sind wir Seinem Segen entwichen und stehen buchstäblich im Regen, weil wir uns mit unserem lieblosen Verhalten entfernt haben von unserem Vater und Seinem Schirm und Schutz.
Wir brauchen Gott, um klar denken zu können.
Sicher kommen Entscheidungen, die mit Gott in Über-Ein-Stimmung sind nicht immer gut bei der Mehrheit unserer Zeitgenossen an. Aber darauf kommt es nicht an. Gott stritt für Mose und Aaron sowie für Josua und Kaleb, die zwei treuen Kundschafter. Sie mussten nichts weiter tun, als treu bei Gott und Seinem Wort zu bleiben.

Gott entscheidet ein zweites Mal

Gott bestärkt Seine Wahl Aarons zum Priester durch 12 Stäbe, welche Mose vor die Bundeslade legen soll.
Num.17,19 Und lege sie in die Stiftshütte (ohel mo‘ed אֹהֶל מוֹעֵד) vor das Zeugnis (haEdut הָעֵדוּת), wo ich mit euch zusammenzukommen (iwa‘ed אִוָּעֵד) pflege.
Wieder ist das Thema: „Zeugnis ablegen“. Im „Zelt des Zeugnisses“ [ohel mo’ed אֹהֶל מוֹעֵד] vor dem ewigen Zeugnis [edut עֵדוּת]  für Gott, der Bundeslade wird der Ewige durch den einen blühenden Stab Zeugnis ablegen [iwa’ed אִוָּעֵד] für den von IHM erwählten Priester. In diesem Bündnis geht es darum, füreinander Zeugnis abzulegen: Israel für Gott und Gott für Israel.
Gott antwortet durch eine Mandelblühte, wie sie später der Prophet Jeremia sehen wird, denn die Mandel hat eine besondere Bedeutung
Num.17,23  Und es geschah am nächsten Morgen, als Mose in das Zelt des Zeugnisses trat, siehe, da sprosste der Stab Aarons, des Hauses Levis; er hatte ausgeschlagen und Blüten getrieben und trug reife Mandeln [schkedim שְׁקֵדִים].

Der Prophet Jeremia sieht einen Mandelzweig bei seiner Berufung. Seine Botschaft wird neben der Klage und Anklage und den schmerzlichen Konsequenzen für Israels Fehlverhalten auch eine Hoffnungsbotschaft sein.
Jer.1,11 Und das Wort des Ewigen erging an mich folgendermaßen: Was siehst du, Jeremia? Da sprach ich: Ich sehe den Zweig eines Wächterbaumes (Schlachter 2000)
Jer.1.11 SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: Was siehst du, Jirmejahu? Ich sprach: Eine Rute vom Zeitigreg, der Mandel, sehe ich. (Buber)
Das hebräische Wort Mandel Schaked שָׁקֵד hat dieselbe Sprachwurzel wie das Verb lischkod לִשְׁקוֹד eifrig bedacht sein, etwas in Bälde zu tun. Die Vergangenheitsform heißt: schakad שָׁקַד = er war eifrig bedacht.
Buber leitet davon und von der Tatsache, dass der Mandelbaum der erste blühende und fruchttragende Baum in Israel nach dem Winter ist, die Übersetzung „Zeitigreg“ ab.  Die Mandelblüte steht für das frühe Leben, das sich nach dem kalten Winter zeitig wieder regt und siegt.

Mit der Mandelblüte verdeutlicht Gott Seinem Volk, dass ER sich zu jeder Zeit regt und müht, über Seinem Volk zu wachen, weshalb Schlachter ihn den „Wächterbaum“ nennt.
Mit der Mandelblüte und den reifen Früchten am Stab Aarons wollte Gott vor allem bewirken, dass das Murren des Volkes aufhören wird. Endlich wird ein jeder sehen und einsehen, dass ER selbst Aaron erwählte und einsetzte. ER war in der Wahl der Leviten als Gabe für das Volk, eifrig bedacht, Frieden zu stiften und den für diesen Dienst passenden Stamm zu wählen, denn der Dienst der Leviten soll Gottes Zorngericht in Zukunft fernhalten (Num.18,5).
Num.18,6 Und siehe, ich habe die Leviten, eure Brüder, aus der Mitte der Kinder Israels herausgenommen, als eine Gabe für euch, als dem Ewigen Gegebene, damit sie den Dienst an der Stiftshütte verrichten.
Die Mandel am Zweig Aarons sagt über ihn aus, dass er der erste unter den Leviten ist, denn er und seine Söhne allein dürfen den Priesterdienst ausüben und nur sie dürfen an Jom Kippur das Allerheiligst betreten. Das gereicht ihnen zur Ehre. Ihre Versorgung und die Versorgung der gesamten Leviten sichert Gott durch die Abgaben an den Tempel. Sie brauchen keinen eigenen Landbesitz, denn sie sind ausgesondert für den heiligen Dienst.
Num.18,7 Du aber und deine Söhne mit dir, ihr sollt euren Priesterdienst ausüben in allem, was am Altar zu tun ist, und innerhalb des Vorhangs, und so den Dienst tun; denn als Gabe gebe ich euch den Dienst eures Priestertums. Wenn aber ein Fremder herzunaht, so muss er getötet werden.

Diese Wahl bestätigt die Mandel, die zeitig sich Regende, die Wachende und Hoffnung Spendende. Sie wurde in das ewige Zeugnis, die Bundeslade, gelegt, damit diese Wahl Gottes nie vergessen wird.
Schalom Ben Chorin verfasste den folgenden Text in der Mitte der Katastrophe der Schoah in der Hoffnung auf den Sieg des Guten, auf das Überleben des jüdischen Volkes.

Freunde, dass der Mandelzweig[1]

Freunde, dass der Mandelzweig
Wieder blüht und treibt,
Ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging,
Soviel Blut auch schreit,
Achtet dieses nicht gering,
In der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg,
Eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg
Leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig
Wieder blüht und treibt,
Ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt?

Schalom Ben Chorin, 1942

[1] Alpha und Omega sind der erste und letzte Buchstabe des griechischen Alphabets, woraus sich im Deutschen die Übersetzung: „A und O“ entwickelte. Eigentlich könnte es auf Deutsch heißen „A und Z“.

[2] https://kirchenlieder.fandom.com/de/wiki/Freunde,_dass_der_Mandelzweig

Das Foto zeigt die erste Mandelblüte in der Nähe von Ashkelon.
Die Links innerhalb des Textes bringen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zu Beiträgen, in denen ein Wort oder Zusammenhang bereits erklärt wurde. Somit können Sie Ihr Bibelstudium vertiefen, wenn Sie mögen.

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