Hosea 2,1-22 zur TORA LESUNG: Bamidbar am Schabbat 4. Siwan 5781; 15. Mai 2021

Hos. 2,7 Denn ihre Mutter hat Hurerei getrieben; die sie geboren hat, bedeckte sich mit Schande; denn sie sprach: »Ich will doch meinen Liebhabern nachlaufen, die mir mein Brot und Wasser geben, meine Wolle, meinen Flachs, mein Öl und meinen Trank!«
Ein verzweifelter und gekränkter Ehemann spricht hier, dessen Frau von einem Mann zum andern springt. Sie kann nicht treu sein, sucht ihr Vergnügen mal hier, mal dort.

Hosea wurde von Gott aufgefordert, eine Dirne zu heiraten.
Hos. 1,2 Anbeginn SEINES Redens an Hoschea ists, da sprach ER zu Hoschea: Geh hin, nimm dir ein hurerisches Weib und Kinder der Hurerei, denn verhurt hurt das Land, von MEINER Nachfolge ab.
Seine Ehe sollte zum Abbild des Schmerzes Gottes über Seine treulose Frau Israel werden. Sogar Hoseas Kinder bekamen Namen, die den Schmerz Gottes über das Volk ausdrückten, dessen Gott ER nicht mehr sein will, weil Seine Kinder IHN verstoßen haben.
Für den Sohn sagte ER: Gib ihm den Namen »Jesreel«,(Hos. 1,4) weil Gott Rache üben wollte an Israel für vergossenes Blut. Was Menschen säten, würden sie nun ernten. (Eine Erklärung folgt weiter unten.) Für die Tochter gebot ER: Rufe ihren Namen Lo-ruchama, »Ihr-wird-Erbarmen-nicht« (Hos. 1,6) und für den zweiten Sohn, das letzte Kind: Rufe seinen Namen Lo-ammi, »Nicht-mein-Volk« (Hos. 1,9)

Gott lässt Revue passieren, wie Israel IHM untreu wurde wie eine Dirne. Sie war nicht eine Frau, die von ihrem Mann im Stich gelassen wurde, der nicht mehr für sie sorgte. Im Gegenteil, Gott liebte seine Braut Israel, sorgte für ihre Bedürfnisse und war ihr nahe. Aber sie verstand nicht, von wem aller Wohlstand kam. Sie sah in den fremden Männern ihren Reichtum und gab diesen Männern alles, was sie von Gott bekommen hatte, von ihrem rechtmäßigen Mann.
Nun will Gott Israels Verhalten bloßstellen. ER will den Weg Seines Volkes verbauen, ihm Steine in den Weg legen. Gott wurde gekränkt und verletzt, das merkt man an der harten Sprache, mit der ER Sein Volk zur Rede stellt. In dieser Phase erwartet ER keine Reaktion. Aber in Seiner unendlichen Liebe will Gott Sein Volk so sehr in die Bre­douil­le treiben, dass sich Seine treulose Frau wieder auf ihren ersten und rechtmäßigen Mann besinnt.

Warum ist Gott so verletzt? Warum lässt ER Seinem Volk keine Freiheiten?

Gott liebte Sein Volk noch vor seiner Existenz. Schon mit Abraham hatte ER einen Bund geschlossen und ihm reiche Nachkommen und das Land versprochen.
Gen. 17,5 Darum sollst du nicht mehr Abram heißen, sondern Abraham soll dein Name sein; denn ich habe dich zu einem Vater vieler Völker gemacht. 6Und ich will dich sehr, sehr fruchtbar machen und will dich zu Völkern machen, auch Könige sollen von dir herkommen. 7Und ich will meinen Bund aufrichten zwischen mir und dir und deinem Samen nach dir von Geschlecht zu Geschlecht, daß es ein ewiger Bund sei; also, daß ich dein Gott sei und deines Samens nach dir. 8 Und ich will dir und deinem Samen nach dir das Land geben, darin du ein Fremdling bist, nämlich das ganze Land Kanaan, zur ewigen Besitzung, und ich will ihr Gottsein.
Und Gott ist treu, wie ein Vater seinen Kindern gegenüber oder wie ein Ehemann gegenüber seiner Frau. Dementsprechend sah ER die Not Seines Volkes in Ägypten.
Dtn. 4,33 Ob je ein Volk die Stimme Gottesgehört habe aus dem Feuer reden, wie du sie gehört hast, und dennoch lebe; 34 oder ob je ein Gott versucht habe, hinzugehen und sich ein Volk mitten aus einem andern Volk zu nehmen durch große Prüfungen, durch Zeichen, durch Wunder, durch Kampf und durch eine mächtige Hand und durch einen ausgestreckten Arm und durch schreckliche, große Taten, wie das alles der Ewige, euer Gott, mit euch in Ägypten vor deinen Augen getan hat?
Auch für die Ernährung Seines Volkes war gesorgt seit den Bundesschlüssen mit den Erzvätern und darüber hinaus.
Dtn. 28,11 Und der Ewige wird dir Überfluß geben an Gütern, an der Frucht deines Leibes, an der Frucht deines Viehes und an der Frucht deines Ackers, auf dem Lande, von dem der Ewige deinen Vätern geschworen hat, daß er es dir gebe. 12 Der Ewige wird dir den Himmel, seinen guten Schatz, auftun, daß er deinem Lande Regen gebe zu seiner Zeit, und daß er alle Werke deiner Hände segne. Und du wirst vielen Völkern leihen; du aber wirst nicht entlehnen.

Was also hatte der Mann dieser treulosen Frau unterlassen, dass sie anderen Liebhabern nachlief? Nichts! Deshalb zeigte Gott sich hier so verletzt. Was Israel hier an Untreue an den Tag legte, war eine Untreue gegen das großartige Ereignis von Schawu’ot, gegen die eigenen Versprechen am Sinai:
Ex. 24,7 Mosche nahm die Urkunde des Bundes, er las in die Ohren des Volks. Sie sprachen: Alles, was ER geredet hat, wir tuns, wir hörens!

Aber ER hatte für Israels Umkehr alles vorbereitet, wie es aus den ersten Versen des Kapitels deutlich wird. Gott weiß sich Seinem Versprechen an Abraham verpflichtet und wird die Zahl der Kinder Israels wieder groß machen wie des Sands des Meeres [sein], der nicht gemessen und nicht gezählt werden kann“ (Hos.2,1) ER will es wieder als Sein Volk annehmen wie damals in der Wüste.
Lev. 26,12 und ich will unter euch wandeln und euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein.
Als בְּנֵי אֵל חָי Bnei El chai Söhne des lebendigen Gottes (V.1) nennt ER sie wieder seine Kinder. Aber ER hatte sie gewarnt:
Dtn. 23,17 Unter den Töchtern Israels soll keine Hure und unter den Söhnen Israels kein Hurer sein.
Denn so lautet das Gebot vom Sinai:
Ex. 20,2 ICH bin dein Gott, der ich dich führte aus dem Land Ägypten, aus dem Haus der Dienstbarkeit. 3 Nicht sei dir andere Gottheit mir ins Angesicht.

In Ägypten hatten die Kinder Israel Bekanntschaft mit Götzendienst gemacht, und laut einem Midrasch (die Auslegung des Wortes Gottes durch ergänzende Erzählungen) waren sie bis auf die vorletzte Stufe von Gott abgefallen, so dass ihre Rettung in letzter Minute kam. Gott kommt eben nie zu spät. Aber jetzt mussten sie verinnerlichen, wer dieser Gott war und dass es nicht lohnte, sich auf Götzen einzulassen.

Der Tag, an dem die Söhne Israels und Judas kommen, um sich Gott als EIN Oberhaupt zu wählen, wird der Tag sein, den Gott vorbereitet hat. Es wird der Tag Jisrael יוֹם יִזְרְעֶאל Jom Jisrael sein, doch diesmal nicht benannt nach dem Erzvater Jakob, der sich seinen neuen Namen erstritt und der im Hebräischen anders geschrieben wird. Jisrael kommt von dem Verb לִזְרֹעַ lisro’a und bedeutet „säen“. Im Futur heißt es יִזְרַע jisra = er wird säen. Nichts geschieht ohne Gottes Vorbereitung. War der Name des ersten Sohnes noch eine Last, so wird er nun in Segen verwandelt. Gott will, dass dieser Tag ein fruchtbarer Tag der zerstrittenen Völker wird, die doch beide Seine Kinder sind.
Die beiden Völker werden sich als Geschwister begegnen, als „Mein Volk!“ – Ami עַמִּי und als „Dir wird Erbarmen!“ – Ruchama רֻחָמָה. Die Namen aus Kapitel 1 werden verwandelt. An ihrer Mutter, sprich an ihren Vorfahren, dürfen sich die beiden Völker Süd- und Nordreich kein Beispiel nehmen. Mit ihr und ihrer Treulosigkeit braucht es eine Abrechnung, damit die Kinder neu beginnen können. Andererseits bemüht Gott sich mit allen Mitteln um sie. Denn was sind Kinder ohne ihre Mutter?

Wenn Hungersnot und Dürre ihre Wirkung zeigen, wenn Vorhaben nicht gelingen, ist das ein Zeichen für die treulose Frau, zu ihrem ersten und rechtmäßigen Mann zurückzugehen. Wenn sie merkt, dass sie nichts hat und nackt und arm ist wie bei ihrer Geburt, dann sieht sie, woher all ihr Reichtum wirklich kam. Aber bis zu dieser Einsicht will Gott nichts von ihr wissen. Da können die Kinder Israel noch so sehr ihre Feiertage und Feste feiern, noch so sehr ihre Schabbate halten (V.13), Gott ist das Beten, Singen und Opfern Seiner Kinder ein Graus, denn diese Feiern galten nicht nur Gott, sondern auch dem Baal. Nach dem Motto: „Es kann ja nicht schaden, wenn wir uns an beide wenden; einer wird schon hören.“ Aber einer konnte nicht hören, wie Elia schon den Baalspriestern bewiesen hatte:
1.Kö. 18,27 Als es Mittag war, närrte sie Elijahu, er sprach: Ruft doch mit gewaltigem Schall! er ist doch wohl ein Gott! er ist wohl in Gedanken? ist wohl beiseitgegangen? ist wohl unterwegs? etwa gar eingeschlafen? so soll er erwachen!
Der andere, wahre Gott wollte nicht hören, wenn Seine Kinder „auf beiden Seiten hinkten“ (1.Kö.18,21), wenn sie sich nicht entscheiden konnten. Entweder den einen oder den andern – Synkretismus ist unmöglich.

In Seiner Liebe hat Gott einen Weg gefunden, mit der Reuigen ins Gespräch zu kommen. ER lockt sie in die Wüste. Warum an diesen kargen, unwirtlichen Ort?
Die Wüste heißt auf Hebräisch Midbar מִּדְבָּר, unpunktiert oder anders punktiert kann man aber auch מְדַבֵּר medaber lesen, das heißt er spricht. Die Wüste eignet sich ob ihrer Kargheit wie kein anderer Ort zum Sprechen und zum Hören. Es gibt keine Ablenkung durch Reichtum oder Vergnügungen. Hier versorgte Gott schon einmal Sein Volk, sodass es keinen Mangel litt.
Dtn. 8,3 Er beugte dich, er hungerte dich ab, er ließ dich das Manna essen, das du nicht kanntest, das deine Väter nicht kannten, damit er dir zu kennen gebe: nicht vom Brot allein lebt der Mensch, nein, von jeglichem, was aus SEINEM Munde fährt, lebt der Mensch. 4 Dein Tuch mürbte nicht von dir ab, dein Fuß schwoll nicht an diese vierzig Jahre – 5  erkenns in deinem Herzen: nur wie ein Mann seinen Sohn züchtigt, züchtigt dich ER dein Gott.
Dazu ist die Wüste gut, dass ein jeder erkennt, wie sehr er sich zusätzlich vom Wort Gottes ernährt! Dass Gott die Wüste nutzt, um Seine Kinder zu erziehen. Die Wüste ist ein Ort des Erbarmens, ein Ort, an dem Gott Sein Volk zu SEINEM Volk erwählt. Hier spricht Gott direkt zum Herzen Seines Volkes, das ER neu beschenken will mit Freude (Wein), dem ER aus der Trübsal = עָכוֹר Achor wieder Hoffnung erwachsen lässt.

Gott will diese Beziehung gänzlich erneuern. Der Name Baal soll verschwinden. Noch heute im modernen Israel heißt „mein Mann“ Ba’ali בַּעְלִי, was auch „mein Eigner“ bedeuten kann. Jedoch zu Israel wird die Beziehung dahingehend erneuert, dass die Frau Gott Ischi אִישִׁי rufen wird wie am Anfang der Schöpfung, als die Menschen Isch אִישׁ und Ischa אִשָּׁה – Mann und Frau – waren und sie wurde „ein Gegenpart ihm zur Hilfe“, eine Eser kenegdo עֵזֶר כְּנֶגְדּוֹ. Beide waren gleichberechtigt, sich zur Unterstützung gegeben. Israel soll Gottes Gegenpart werden, eine Unterstützung für IHN, wenn sie Seine Zeugen und ein „Licht für die Völker“ werden.

Der Abschluss dieser „Abrechnung“ ist grandios.
Hos. 2,20 Einen Bund schließe ich ihnen an jenem Tag mit dem Getier des Feldes und mit dem Vogel des Himmels und dem Gewürm des Bodens. Bogen, Schwert und Kriegszeug zerbreche ich, vom Erdland hinweg, in Sicherheit lasse ich sie ruhn. 21  Ich verlobe dich mir auf Weltzeit, ich verlobe dich mir in Wahrhaftigkeit und in Recht, in Huld und in Erbarmen, 22  ich verlobe dich mir in Treuen, erkennen wirst du MICH.
Gott wird ein Reich des Friedens schaffen, einen Frieden, der über unsere Vorstellungen von Frieden im Angesicht der Bedrohung Israels durch die Terrororganisation Hamas hinausgeht. Gott stellt uns den umfassenden Frieden mit der Tierwelt in Aussicht. Keine Malariamücke wird uns mehr schaden, kein Spulwurm und kein Borkenkäfer. Kein Messer oder Schwert, keine Bombe oder keine Rakete wird weder Kinder und ihre Familien in Israel noch in Gaza noch in einem anderen Land der Welt bedrohen! Das wird alles geschehen, weil Gott einen Bund mit allen Lebewesen auf Erden schließt, ER ganz allein!

Seiner Braut Israel wird ER sich angeloben, ER will sich mit ihr verloben. Diese Zeremonie ist eine Vorbereitungszeit auf die Hochzeit, ein Zeit des Insichgehens und der Reinigung, bevor das Paar unter dem Hochzeitsbaldachin heiratet. Es ist eine Zeit des Betens im hebräischen Sinn des Wortes „mit sich ins Gericht gehen„. Gott wird sich mit Seiner Braut „in Treue“, in בֶּאֱמוּנָה be‘emuna verloben. Gott sagt Seiner Braut Treue und Vertrauen zu. Israel wird sich an seinem Gott festmachen können, denn diese Beziehung wird Bestand haben. אֱמוּנָה Emuna, die Wurzel des Wortes Amen, bedeutet ja Festigkeit, Beständigkeit in Gott, dem verlässlichen Partner.
Diese Verlobung wird zur Erkenntnis Gottes führen. וְיָדַעַתְּ we‘jadat = du wirst erkennen führt zu dem inneren, sicheren, unverbrüchlichen Wissen, das in eine innige und intime Beziehung führt. Bei Gott wird Israel Recht und Gerechtigkeit finden, Gnade und Barmherzigkeit.

Was kann sich die Braut Israel Schöneres wünschen, als diese große Geborgenheit, die Auswirkungen auf die gesamte Schöpfung haben wird!

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