Haftara zur Toralesung Beschalach am 17. Schwat 5781, 30. Januar 2021
Ich danke meinem Mann Yuval Lapide für eine intensive Bibelarbeit zu dieser starken Frau, deren Namen ich seit unserem Kennenlernen tragen darf. Der Name Debora – oder auf Hebräisch Dwora -hat eine besondere Bedeutung, wie wir in der reichen Auslegung sehen werden. Für mich ist es etwas Besonderes, weil mein Vor- und Nachname in der Bibel stehen: Dwora, Eschet Lapidot.
Der Zustand in Israel
Wenn wir uns die Prophetin Dwora anschauen, begeben wir uns in die Zeit der Richter Israels. Es war eine Zeit der äußeren Kämpfe mit den kanaanäischen Völker und den Philistern, aber auch eine Zeit innerer Zerrissenheit der israelitischen Stämme untereinander. Diese Zerrissenheit machte sie sehr anfällig für Angriffe von außen. Es gab keine Einigung unter Gott. Israel lebt im Heiligen Land und weiß nicht, wie man in Einheit unter Gott lebt.
Ehud war Richter im Kapitel 3, der ein zweischneidiges Schwert hatte (V16), und er schaffte dem Volk 80 Jahre Ruhe (V30).
Auch die heutigen Nationen sind innerlich zerrissen und gespalten, was sie nach außen schwächt. Ob wir in die USA schauen, wo selbst die Republikanische Partei intern gespalten ist zwischen Trump-Anhängern und den Nicht-Anhängern, was dem Land große Schwierigkeiten bereitet. Ob wir Deutschland anschauen, wo die Querdenker-Bewegung viel Unruhe und Spaltung schafft oder Italien, das sich wieder in einer Regierungskrise befindet wie auch Israel. Wir könnten die Liste fortführen.
Das Muster im Richterbuch ist immer gleich. Das Volk wendet sich ab von Gott, wird von Feinden überfallen, schreit zu Gott und ein Gott gehorsamer Richter verschafft dem Volk Frieden. Dann tun sie wieder Böses, erfahren Gottes Reaktion und schreien zu Gott.
Ri 4:1 Die Söhne Jissraels taten weiter das in SEINEN יְהוָה Augen Böse, als Ehud gestorben war.
Es folgt ein immer wiederkehrendes Verhalten: Das Volk nahm Gottes Lehre nicht ernst und sündigte. Die Kontinuität der Beziehung zu Gott fehlt dem Volk.
Ri 4:2 ER יְהוָה lieferte sie in die Hand Jabins Königs in Kanaan, der zu Chazor König war, sein Heerfürst war Ssissra, der hatte Sitz im Charoschet des Stämmegemischs.
וַיִּמְכְּרֵם jimcorem = er verkaufte sie – Gott macht, Gott handelt.
Gott reagiert auf ihr böses Tun: ER verkauft sein Eigentum, kann es aber zurückkaufen, weil ER der Eigner des Volkes ist.
ER verkaufte sie an Jabin (lehawin לְהָבִין verstehen), den Verständigen, König in Kanaan, dem Land der Eroberung, der König in einer königlichen Stadt war. Was wir aus dieser Beschreibung sehen, ist, dass der König nur eins versteht, nämlich Äußerlichkeit. Er braucht Reichtum, Ansehen, Militärmacht. Das wahre Verständnis von Gott hat er nicht, obwohl sein Name durch das Wort Bina (= Einsicht in die Wege Gottes) ausdrückt.
Sein Heerführer war Sissra, der Pferdefreund (Sus סוּס = Pferd), denn nur die Kanaanäer hatten Pferde zum Ziehen ihrer Kriegswagen. Die Stadt Charoschet (חָרָשׁ charasch = Schmied) war eine Stadt, in der Kriegsgerät produziert wurde, weshalb die Kanaanäer so viele Streitwagen besitzen konnten. Sissra saß inmitten der Produktionsstätte der Heiden, also mitten im Sündenpfuhl.
Verglichen mit der geballten Ladung an militärischen Rüstung war Israel armselig. Es verfügte noch nicht über das Material und die Kenntnis der Waffenfertigung. Darum ist Israel den Feinden gnadenlos ausgeliefert. Die Israeliten werden kontrastiert mit den Heidenvölkern.
Ri 4:3 Die Söhne Jissraels schrien zu IHM יְהוָה, denn er hatte neunhundert eiserne Fahrzeuge, und er bedrückte die Söhne Jissraels stark, zwanzig Jahre.
In diesen ersten drei Versen kommt 3x Adonai יְהוָה vor. Das ist der Name, mit dem Gott sich am Dornbusch offenbart hatte und mit diesem Namen beginnen die 10 Worte am Sinai. Es ist der Name, der die barmherzige Seite Gottes zeigt.
תְּשַׁע tescha = 9 hat dieselbe Wurzel wie jesch’a יֶשַׁע = Hilfe. Die Neun bringt immer Erlösung mit sich in Form eines Neuanfangs. Die Kanaanäer versprechen sich Erlösung, doch die Kinder Israel bekommen die Erlösung von Gott. 9=3² Die Transformation wird potenziert, die Transformation zu Gott. Die Beziehung zu Gott wird neu geboren.
20 Jahre der Unterdrückung bedeuten extreme Polarität und Spannung zwischen den Kanaanäern und Israeliten, zwischen Heidentum und Monotheismus. König Jabin war ein Diktator, der das Land massiv spaltete. Dwora wird dem Land 40 Jahre Frieden bringen, was einen abgeschlossenen, gereiften Zyklus darstellt sowie die allumfassende Bedeutung dieses Friedens. Dwora schenkte dem Land eine 40-jährige Re-inszenierung der Wüstenerfahrung und der Begegnung mit Gott. Damit war sie egalitär mit dem Mann Mosche.
Dwora
Ri 4:4 Dwora, ein kündendes Weib, das Weib des Lapidot, sie richtete Jissrael zu jener Frist.
אִשָּׁה נְבִיאָה Ischa newi’a – Sie ist eine Prophetin, Künderin, sie ist die Frau der zündenden Fackel und Richterin. Sie hat drei herausstechende Eigenschaften.
Warum wird sie als אִשָּׁה נְבִיאָה Ischa newi’a = weibliche Prophetin vorgestellt, da doch Newi’a = Prophetin ausreichen würde? In isch אִישׁ und ischa אִשָּׁה, in Mann und Frau, steckt das Feuer esch אֵשׁ, das mit Lapidot לַפִּידוֹת, den Fackeln, korrespondiert. Das Feuer von אֵשֶׁת לפידות eschet Lapidot ist die Verkörperung des Feuers Gottes. Lapidot ist die weibliche Form, obwohl die Fackel im Hebräischen männlich ist. Hier geht es um eine Frau, die für Gott brennt, wie die lapidim = Fackeln für Gott brennen. Sie sind zu finden in:
Gen.15, 17 Die Sonne war eingegangen, Nachtschwärze war, da: rauchender Ofen, Feuerfackel לַפִּיד lapid, das zog zwischen diesen Stücken querdurch.
Ex. 20,18 Alles Volk aber, sie sahn das Donnerschallen, das Fackelngeleucht לַּפִּידִם lapidim, den Schall der Posaune, den rauchenden Berg, das Volk sah, sie schwankten, standen von fern.
Diese lapidim verkörpern die göttliche, feurige Intervention.
Ihre Weiblichkeit wird herausgestellt zu einer Zeit, als das Weibliche missachtet wird. Sie ist eine für Gott brennende Frau, die zu jener Zeit den Israeliten erstehen muss. Diese Frau muss nicht geschickt werden, wie wir es bei Männer lesen; sie wächst einfach auf und ist da, denn sie ist der Wendepunkt. Sie hatte visionäre Kraft. Also war sie von Gott berufen.
Warum wird sie als Richterin vorgestellt? Sie war innerhalb eines Komitees von Männern, wird aber herausgenommen, weil die Männer jener Zeit schwach waren.
Sie hatte die vertikale Linie zu Gott – Newi’a = Künderin als theologisches Amt – und das religiös-administratives Amt der Richterin.
In Dwora stecken von der Wortwurzel her spannende und die Trägerin des Namens prägende Bedeutungen.
Dwora = dawar דבר – das mitgeteilte, lebendige Wort, weshalb sie auch eine Dichterin ist, wenn sie im Dwora-Lied zur Ehre Gottes den Kampf und Sieg verarbeitet. dwora דְּבוֹרָה – die Biene als fleißiges, intelligentes und den Menschen mit Honig verwöhnendes Insekt; dwir דביר – das Allerheiligste; dewer דֶּבֶר – Pest, Seuche für Mensch und Tier, was uns zeigt, dass das Wort Gottes auch züchtigen kann. Dwora kann mit dem Wort umgehen, sie spricht lebendiges, göttliches Wort aus. Sie dient mit Fleiß, Intelligenz und Hingabe sowohl Gott als auch Menschen. Sie verkörpert die Heiligkeit Gottes, denn sie begegnet Gott im Allerheiligsten. Und sie weiß, wie man schwierige Situationen und Plagen verhindert. Sie darf die Mütterlichkeit Gottes durch ihre weibliche Autorität und Intuition verkörpern.
Ri 4:5 Sie hatte Sitz unter der Dworapalme, zwischen Rama und Bet-El, im Gebirge Efrajim, und die Söhne Jissraels zogen zu ihr hinauf zum Gericht.
Dwora hat einen Namen, das wird deutlich durch ihre eigene Palme. Diese ist immer von Bedeutung als Zeichen der Gradlinigkeit und des fruchtbaren Handelns. So heißt es in Ps. 92,13 Der Gerechte sproßt wie die Palme –Zaddik ka’tamar צַדִּיק כַּתָּמָר.
Sie sitzt unter der Palme und zeigt ihre Präsenz. Die Palme spiegelt ihren Charakter, in dem sie eine Süßigkeit in Form von Freundlichkeit gibt, sie ist gradlinig und bescheiden, sie spendet Schatten und hält Stürme aus. Sie kann also auch schwere Streitigkeiten schlichten und das Recht der Witwen und Waisen, das Recht der Armen durchsetzten.
Dwora ist vergleichbar mit Mosche, denn ganz Israel kommt zu ihr. In einer Männergesellschaft kommen zu dieser Frau alle Männer und holen bei ihr Rat. Sie schafft als Richterin Ordnung gerade in der Männerwelt und ist heute vergleichbar mit Professor Nechama Leibowitz (1905-1997), die sogar orthodoxe Männer um sich scharte und an der Hebräischen Universität in Jerusalem unterrichtete.
Die Palme ist Dworas Richtstätte und zeigt ihre Sittsamkeit, denn sie richtet öffentlich. Es kommen so keine Gerüchte auf, dass sie käuflich wäre oder es zu Techtelmechteln mit Männern käme. Sie ist in all ihrem Tun transparent.
So wie Rut ebenfalls gradlinig ist und es nicht auf Amüsements abgesehen hat. Rut hört auf die Schwiegermutter und verfolgt nur das Interesse, Boas als Löser zu gewinnen.
Rut 3,10 Er sprach: »Gesegnet du IHM, meine Tochter! Besser noch hast du deine späte Huld erzeigt als die frühre, da du nicht den Jünglingen, ob arm ob reich, nachgegangen bist.
Der Kampf
Ri 4:6 Sie sandte und berief Barak Sohn Abinoams von Kadesch Naftali, sie sprach zu ihm: Hat nicht ER, der Gott Jissraels, geboten: Geh, lenke nach dem Berg Tabor, nimm mit dir zehntausend Mann von den Söhnen Naftalis und von den Söhnen Sbuluns,
Laut Midrasch hatten die Männer damals keinen Mut und kein Gottvertrauen, weshalb Barak nach der Hilfe seiner Frau fragte, die gemäß einigen Auslegern Dwora war. Dwora ist bereit, die Aufgabe der Militärstrategin zu übernehmen.
Dwora weiß zu delegieren. Vermutlich war auch Barak Richter. Barak בָרָק bedeutet Blitz, was korrespondiert mit der Feurigkeit Dworas. Er ist der Sohn Abinoams אֲבִינֹעַם = mein Vater ist angenehm. Sein Name erinnert an Noomi נָעֳמִי , die Angenehme, Liebliche. Er stammt aus Kadesch = Heiligung, Absonderung für Gott. Diese Stadt lag im Stamme Naftali = Ringen, Kampf. Innere Spannungen müssen überwunden werden zugunsten einer größeren Einheit. Barak und Israel mussten sich durchringen zur Erkenntnis und Heiligkeit Gottes durch alle Zweifel, aus der Dunkelheit in die Leuchtkraft Gottes.
Die Söhne Sebulons sind mit unter den 10.000 Mann. Sebulon = Gabe, Lohn oder ein anderes Wort für Gottes Wohnung. Die Präsenz Gottes muss aufrichtig wahrgenommen werden. Es muss um die Wohnung Gottes inmitten Seines Volkes gekämpft werden; dann wird der Sieg errungen, dann wird Gott Sein Volk belohnen.
Die Namen stammen aus der Gründungszeit des jüdischen Volkes. Rachel gibt dem Sohn ihrer Magd Bilha den Namen. Gen. 30,8 Rachel sprach: Einen Gotteswettkampf habe ich mit meiner Schwester gekämpft und habe übermocht. Sie rief seinen Namen: Naftali, Wettkämpfer.
Als Lea ihren 6. Sohn gebar, sagte sie: Gen. 30,20 Da sprach Lea: Gott hat mir eine reiche –Gabe gegeben-; nun endlich wird mein Mann bei mir –Wohnung- nehmen, denn ich habe ihm sechs Söhne geboren. Und sie nannte ihn –Sebulon-. (ZÜR)
Sie entsendet ihn mit 10.000 Mann aus zwei Stämmen. Eins steht für Gott. Sie entsendet Barak also mit der Kraft Gottes. Sie sendet ihn so, wie Gott sendet: תִּשְׁלַח tischlach = sandte. Dwora bringt die weibliche Intuition hinein, ihre Stärke ist die geistige Rüstung, Barak sorgt für die militärische Rüstung.
Hat nicht Gott… – Sie spürt eine Klarheit, die sie Barak auch geben möchte. Sie ist sich gewiss, das Reden Gottes zu hören, auch wenn das nicht benannt werden muss. Sie weiß, dass Gott geboten hat, da sie Prophetin ist. Gideon hingegen ist ein Zweifler. Er braucht Zeichen. Dwora braucht nichts, sie sieht, was gebraucht wird als Künderin.
Die Frau Manoachs ( מנוח= Ruhe), auch eine Frau (Ischa), braucht eine Theophanie. Die will auch ihr von Zweifeln geplagter Mann erleben.
Ri.13,8 Manoach flehte zu IHM, er sprach: O mein Herr, könnte wohl der Mann Gottes, den du sandtest, nochmals zu uns kommen und uns weisen, was wir zu tun haben an dem Knaben, der geboren werden soll!
Dwora aber weiß, dass man ihr als Frau Gottes glaubt und vertraut.
Sie sandte Barak zum Berg Tabor, was so viel heißt wie Nabelschnur. Sie schickt ihn also zum Nabel der Welt, an den Ursprung des Problems. Die Kanaanäer konnten ihre Streitwagen nur im Tal gebrauchen. Dwora schickt Barak zum Berg, der immer auch ein Ort der Begegnung mit Gott ist. Dort ist die Erhabenheit Gottes, wie wir sie vom Berg Sinai und Berg Karmel kennen. Zudem war der Berg als hoher Punkt mit seiner Aussicht strategisch günstig. Und Israel erringt seinen Sieg durch Gott!
Ps. 20,8 Diese da des Fahrzeugs und diese da der Rosse, wir aber – des Namens SEIN, unsres Gottes, gedenken wir.
Ri 4:7 und ich will lenken hin zu dir, zum Bach Kischon, Ssissra, den Heerfürsten Jabins, sein Fahrzeug, sein Getümmel, ich gebe ihn in deine Hand.
Kischon = streng, hart, denn dieser Bach kann im Frühjahr zum reißenden Fluss werden. Von dort wird Dwora dafür sorgen, dass Sissra und Jabin in die Hand Baraks fallen. Dwora hat ein klares Bild und klare Autorität.
Ri 4:8 Barak sprach zu ihr: Gehst du mit mir, so geh ich, gehst du nicht mit mir, gehe ich nicht.
Barak ist anlehnungsbedürftig, er ist unsicher, wie er gegen diese Heiden kämpfen soll. Er kann nicht ohne Dwora gehen, denn er braucht ihr Feuer. Er ist nicht gefestigt in Gott, das ist sein Dilemma. Und es ist großartig, dass die Bibel so ehrlich ist in diesem sehr kurzen Dialog, denn dadurch bekommen zwei Frauen viel Raum.
Ri 4:9 Sie sprach: Den Gang will ich mit dir gehn, nur daß der Ruhm nicht dein wird auf dem Weg, den du gehst, denn in eines Weibes Hand wird ER Ssissra liefern. Dwora machte sich auf und ging mit Barak nach Kadesch.
Dwora ist bereit, ihren Mann zu begleiten, aber sie schenkt ihm sofort reinen Wein ein, dass es noch eine Frau gibt, in deren Hand Gott den Sissra gibt. Es geht dabei immer um Theozentrik, denn es ist Gott, der den Sieg gibt. Barak muss anerkennen, dass es ein göttlicher Sieg ist. Und Gott entscheidet, wer den Sieg am Ende davontragen wird. In diesem Fall wird es eine so oft verkannte Frau sein. Dwora kennt die zweite Frau noch nicht, aber sei weiß Bescheid. Und Barak ist bereit zu diesem Weg Gottes.
Ri 4:10 Barak ließ Sbulun und Naftali nach Kadesch zusammenschrein, hinauf zogen, ihm auf dem Fuß, zehntausend Mann, Dwora zog mit ihm hinauf. V11 Cheber der Keniter aber hatte sich von Kajin getrennt, von den Söhnen Chobabs, Mosches Schwagers, er spannte sein Zelt bis zur Eiche in Zaanannim, das bei Kadesch ist.
Cheber = Freund, Verbündeter (Chawer חָבֵר); Keni = der Erworbene, Chobab = der Geliebte, Umgarnte, einer von 7 Namen des Jitro. Die Eiche war vermutlich eine Kulteiche und trug den Namen der Unsteten, des Wanderden (צָעַן = Wanderer). Hier, unweit vom Ort der Heiligung Gottes (Kadesch), schlug Cheber das Zelt auf, in dem seine Frau Jael (= die Nützliche) den Sissra niederstrecken wird. Gott hatte es so gefügt, dass sich Cheber mit Jabin verbündet hatte und somit Frieden zwischen beiden herrschte, denn auch die Kanaanäer waren untereinander zerstritten und gingen wechselnde Bündnisse ein. > V17 Gott wendet die Herzen und fügt die Umstände so, dass die Israeliten nicht viel tun mussten für diesen Sieg.
Auch die Beziehung von Jael und ihrem Mann ist eine spannende. Sie wendet sich von ihrem Mann und seinen Verbündeten ab und dient den Juden.
Jael betrügt zwei Männer: Ihren eigenen durch die fehlende Loyalität und den Sissra, der in der Illusion lebt, dass Frieden sei zwischen Cheber und Jabin. Warum sie gerade jetzt ihren Mann verlässt, ist Gottes Geheimnis. Gerade jetzt will sie nicht mehr verbündet sein mit einem, der sich mit den Feinden Israels verbündet. Jael war ganz und gar bereit für Gottes Wirken.
Ri 4:12 Man meldete Ssissra, daß Barak Sohn Abinoams den Berg Tabor hinaufgezogen war. V13 Ssissra ließ all sein Fahrzeug zusammenschrein, neunhundert eiserne Fahrzeuge, und alles Volk, das mit ihm war, aus dem Charoschet des Stämmegemischs zum Bachtal Kischon.
Barak geht nach oben; Sissra ist unten. So hat Barak die Oberhand, denn Gott ist bei ihm. Für Sissra wird das, was er für seinen Pluspunkt hielt, zu Fallstrick. Er kann mit seinen Wagen nicht den Berg hinauf, bleibt also unten – und unterliegt!
Ri 4:14 Dwora sprach zu Barak: Mach dich auf, denn dies ist der Tag, an dem ER Ssissra in deine Hand gibt, – fuhr ER nicht aus vor dir her? Barak stieg vom Berge Tabor hinab, zehntausend Mann ihm nach.
קוּם kum = Steh auf! Das ist ein Theologumenon, mit dem Gott Menschen beruft. So rief er den Stammvater Abraham und autorisierte ihn, das Land zu durchwandern. Gott benutzt den Begriff, um Seine männlichen Künder auf ihren Missionsweg zu senden. Dwora benutzt ihn in der Autorität Gottes als Schechina, als die weibliche Seite Gottes, und autorisiert Barak, in den Kampf zu ziehen.
Mit ihrer Intuition kann sie Barak die Sicherheit geben, die er braucht. Darum kann sie ihm auch sagen: Dies ist der Tag, … Ps. 118,24 Dieser ist der Tag, den ER aufgetan hat. – Jauchzen wir und freuen uns sein!
Sie erinnert ihn, dass Gott vor ihm herzog. Mit יָצָא jatza = er wird ausziehen ist eine Assoziation zum Auszug aus Ägypten gegeben. Gott zieht aus, Jael zieht in V18+22 aus. Es ist ein Auszug aus der Bedrückung der Kanaaniter. Für den Auszug aus Ägypten gibt es den festen Ausdruck: Jezai’at Mizraim.
Jael und ihr Sieg
Ri 4:15 ER verstörte Ssissra, all das Fahrzeug, all das Lager mit der Schneide des Schwerts, vor Barak her. Ssissra stieg vom Gefährt und floh zu Fuß. V16 Barak jagte dem Fahrzeug nach, dem Lager nach, bis zum Charoschet des Stämmegemischs, alles Lager Ssissras verfiel der Schneide des Schwerts, auch nicht einer verblieb.
Gott interveniert. ER ist der Streitführer, denn Gott greift ein vor den Augen Baraks. ER entmachtet die Kanaanäer, indem ER zuerst Sissra verstört, dann alle Fahrzeuge im Schlamm feststecken lässt und drittens das gesamte Lager durch das Schwert Israels umkommen lässt. In dieser Dreistufigkeit führt Gott die Wandlung herbei.
Wie in V10 steht hier „mit seinen Füßen“ = בְּרַגְלָיו (be’raglaw). Es erscheint überflüssig, weil wir doch schon wissen, dass Barak und seine Männer auf den Berg stiegen und dass Sissra vom Wagen stieg. Da ist es doch selbstverständlich, dass sie das mit ihren Füßen tun. Aber durch die Erwähnung der Füße wird deutlich, dass Gott die einfachsten Mittel benutzt, um zum Sieg zu gelangen.
Der vermeintliche Sieger muss ohne seine Wagen fliehen und bei einer einfachen Frau Unterschlupf finden. Was für eine Erniedrigung!
Diese Demütigung wird verstärkt in V17, denn erneut werden die Füße des Verlierers erwähnt: Ri.4:17 Ssissra aber floh zu Fuß nach dem Zelt Jaels, des Weibes Chebers des Keniters, denn Friede war zwischen Jabin König von Chazor und dem Hause Chebers des Keniters.
Vergleichbar ist mit dem Handeln Gottes hier das Lied der Chana im 1.Samuelbuch. Ihr Sohn wird die Richterzeit durch die Berufung der ersten beiden Könige beenden. Das Thema des gesamten Richterbuches ist in ihrem Gebet zusammengefasst: Der Hoffärtige wird erniedrigt und der Arme und Bedürftige wird aufgerichtet:
1.Sam. 2,4 Der Helden Bogen zerknickt, und die strauchelten, panzert Macht,… 6 ER tötet und belebt, senkt zur Gruft, läßt entsteigen,7 ER enterbt und begütert, erniedert und hebt auch empor.8 Auf richtet vom Staub er den Armen, den Dürftigen hebt er vom Kot, sie zu setzen neben die Edlen, übereignet den Ehrenstuhl ihnen. 9 Ja, SEIN sind die Säulen der Erde, auf sie hat er den Weltkreis gestellt. Der ihm Holden Füße bewacht er, die Frevler verstummen im Dunkel, ja, nicht durch Kraft wird heldisch ein Mann.10 ER, die wider ihn hadern, zerknicken, sie stiegen zum Himmel, – er donnert. ER fällt Urteil über die Enden der Erde, daß er seinem König gebe den Sieg, den Scheitel seines Gesalbten erhebe.
Ri 4:18 Jael trat heraus, Ssissra entgegen, und sprach zu ihm: Kehre doch ein, mein Herr, kehre ein zu mir, fürchte dich nimmer! Er kehrte ein zu ihr ins Zelt, und sie hüllte ihn in die Decke.
3x steht hier: Kehre ein (סוּרָה ßura) bzw. er kehrte ein. Gott wirkt durch den krummen Trick Jaels, denn sie weiß, dass sie ihn töten will. Sie wiegt Sissra aber in Sicherheit, lullt ihn ein und verführt ihn so, ihr zu vertrauen. Er musste seine Richtung ändern, vom rechten Weg abkommen, um bei Jael einzukehren, was das Wort ßura mit einem negativen Beigeschmack ausdrückt.
Im Hebräischen entsteht durch die Worte Sissra und die 3malige Wiederholung von ßura eine Paronomasie, eine Kombination klangähnlicher Worte, die einen gemeinsamen Sinn transportieren wollen. Sie drücken übersetzt aus: Der hoch zu Ross Reitende wird degradiert und muss sich zu Fuß als Flüchtender in Sicherheit bringen.
Jael nimmt ihn mütterlich auf und wickelt ihn in eine Decke, sodass die Milch im Zusammenspiel mit Wärme und vermeintlicher Geborgenheit umso besser wirken kann.
Ri 4:19 Er sprach zu ihr: Gib mir doch ein wenig Wasser zu trinken, denn ich dürste. Sie öffnete den Milchschlauch, sie gab ihm zu trinken und hüllte ihn ein.
Jael gibt ihm das, was sie möchte. Sie gibt ihm Milch, da die Milch durch die eintretende Sättigung schläfrig macht. Zudem ist die Milch ein Zeichen ihrer Mütterlichkeit, mit der sie ihn betört. Ihre Mütterlichkeit gilt hier dem jüdischen Volk, denn für Sissra bedeutet sie schlussendlich den Tod. Vom Zahlenwert her lässt sich zudem sagen, dass Jael ihm keinen Neuanfang, kein Erstarken zukommen lassen will (Wasser = 90 – Majim = מַיִם). Darum gibt sie ihm die verführerische Milch (40 – Chalaw חָלָב). Damit schafft sie eine universelle Bedeutung, die eine Niederlage für die Feinde und ein Sieg für die Israeliten sein wird, also die universelle Bedeutung Gottes.
Sie öffnet den Milchschlauch, was heißt: תִּפְתַּח tiftach. Jiftach, ein weiterer Richter, heißt: er wird öffnen. Das Öffnen des Milchschlauchs gibt uns hier den Einblick, dass auch eine Frau neue Perspektiven eröffnet. Ohne diese Zusatzbedeutung wäre die Erwähnung in der wortkargen Bibel nicht zu verstehen.
Ri 4:20 Er sprach zu ihr: Steh עֲמֹד (amod) an der Öffnung des Zelts, und so seis: kommt jemand und fragt dich und spricht: Ist hier jemand? sprich: Keiner!
Es ist das dritte Mal, dass Jael Sissra hintergeht, wenn sie ihm verspricht, in der Zeltöffnung zu stehen und ihn zu bewachen. Er bittet sie in der männlich konjugierten Form, an der Zeltöffnung zu stehen. Damit sieht er in ihr eine männliche Kraft, der er sich anvertraut. Im übertragenen Sinn sagt er ihr aber auch, dass sie eine Kraft hat, vor Gott im Eingang Seines Zeltes zu stehen und zu bestehen, was ja in die männliche Domäne fiel.
David Ben Gurion sagte über Golda Meir, die 1956 Außenministerin wurde: „Der einzige Mann in meinem Kabinett ist Golda Meir.“
Jael ist denn auch eine mutige Frau, die den Feind so lange einlullt, bis sie ihn überwältigen kann. Sie ist bereit, sich für diesen Kampf die Hände schmutzig zu machen, damit der Sieg gelingt. Während Dwora die geistige Kämpferin ist, ist Jael die handelnde. Somit bilden beide Frauen eine ideale Komplementärbeziehung.
Ri 4:21 Jael, Chebers Weib, ergriff einen Pflock des Zelts, sie nahm einen Hammer in ihre Hand, sie kam leis auf ihn zu und stieß den Pflock in seine Schläfe, daß der in die Erde drang – er war nämlich entschlummert, ermattet – , er starb.
Als er schlummerte, nahm sie den Pflock und haute ihn in seinen Schädel. Der Kopf ist die Schaltzentrale, das Oberhaupt, sodass sie demonstrierte, dass sie das Oberhaupt der Streitwagen getötet hatte. Wie David den Goliath mit dem Schlag eines kleinen Steins gegen den Schädel tötete und die Philister flohen, so ist auch hier der Anführer der Streitwagen tot, das Oberhaupt besiegt.
Aber auch in seinem eigenen Kopf kann sich nun nichts mehr abspielen. Jael haute ihm den Pflock von einer Seite zur andere durch den Schädel, sodass sie ihm regelrecht einen „Strich durch die Rechnung“ machte.
Am Boden heftete sie ihn mit diesem Schlag fest, sodass sichtbar wird: Er gehört zur materiellen Welt.
Warum nahm sie kein Schwert, um ihn zu töten? Jael benutzte absichtlich nicht die Waffen der Männerwelt, denn im Judentum heißt es, dass eine Frau sich nicht gleichmachen soll mit einem Mann. Darum trägt sie auch nicht die Kleider der Männer.
Sie benutzt einen Zeltpflock, der ein Garant für die Standfestigkeit des Zeltes ist. Sie gibt nun bildlich gesprochen dem Glauben Israels an Gott in Seinem Bundeszelt Standfestigkeit.
Sie tötete den Mann nicht auf männliche Art mit viel Blutvergießen, sondern auf weibliche Art, die nicht sehr blutig ist. Jael tötet ihn nicht, indem sie ihm den Kopf abschlug.
Ri 4:22 Da aber: Barak, Ssissra nachjagend! Jael trat heraus, ihm entgegen, sie sprach zu ihm: Geh her, ich lasse dich den Mann sehn, den du suchst. Er kam zu ihr hinein, da: Ssissra, tot hingesunken, den Pflock in seiner Schläfe!
Jael benutzt zur Ansprache Baraks לֵךְ „Lech!“ – Geh! Wie „kum“ ist es normalerweise das berufende Reden Gottes, das ER auch dem Abraham zurief, als dieser seine Heimat verlassen sollte. Nun spricht wiederum eine Frau, diesmal Jael, in der Autorität Gottes zu Barak. Beide Frauen bilden eine Achse der weiblichen Überlegenheit, um die Männerwelt zu leiten und den Feind zu demontieren. Jael präsentiert den Sieg, den Gott für sie, eine Frau, errungen hat, wie Dwora es angekündigt hatte.
Ri 4:23 Gott אֱלֹהִים zwang an jenem Tag Jabin König in Kanaan כְּנָעַן vor die Söhne Jissraels hin. Nieder ging die Hand der Söhne Jissraels, niedergehend und wuchtend, auf Jabin den König in Kanaan כְּנָעַן, bis sie ausgerottet hatten Jabin den König in Kanaan כְּנָעַן.
Hier kommt das Wort Kanaan (Kna’an כְּנָעַן) in seiner Ethymologie vor. Es heißt: Niederlage, Unterwerfung. Kanaan muss mit Gottes Hilfe besiegt und unterworfen werden. Gott allein unterwirft und verteilt. Gott ist es, der Seinem Volk so das Land zuteilt.
Hier steht Elohim, die strenge Seite Gottes, die autoritativ dafür sorgt, dass das Land von Israel in Besitz genommen wird.
Jabin kann nur über Gewalt verstehen (jawin), dass Gott der Eigentümer der Länder dieser Welt ist und das Recht hat, sie zu verteilen.
Ex. 19,5 Und jetzt, hört ihr, hört auf meine Stimme und wahrt meinen Bund, dann werdet ihr mir aus allen Völkern ein Sondergut. Denn mein ist all das Erdland,
So wird Jabins Name dreimal in diesem letzten Vers erwähnt, um die drei Stufen bis zur totalen Vernichtung des Feindes auszudrücken.
Richter 5: Das Debora-Lied
Dieses Loblied beinhaltet nach Expertenmeinung noch ältere Elemente als das Lied des Mosche in Ex. 15, das in der Parascha diesen Schabbat gelesen wird. Es ist äußerst selten, dass eine Frau in der Bibel ein Lied singt. Es singen Miriam und Hanna, aber dieses ist das längste Loblied. Es ist so nüchtern und preist den großen Gott, kritisiert aber die Zerrissenheit der Stämme Jissraels und rechnet mit ihnen gnadenlos ab.
Ri 5:1 Dwora sang und Barak Sohn Abinoams an jenem Tage im Spruch: V2 Da Kriegslocken sich lockten in Jissrael, da ein Volk sich willig hergab, segnet IHN! V3 Höret, Könige, lauschet, Erlauchte, ich, IHM will ich singen, saitenspielen IHM, Jissraels Gott.
Es ging drüber und drunter in Jissrael. בִּפְרֹעַ פְּרָעוֹת bifroa par’o = die Kriegslocken wie Buber übersetzt, sind eine Anspielung auf Pharao, der ein Wüstling, ein Chaot und Anarchist in Ägypten war. So gab es nun im Volk Gottes ein reines Tohu WaBohu wie vor der Schöpfung. Als sich jedoch einige Wenige besannen und nach Gott fragten, begann die Wende. Zu dieser Zeit regte Dwora das Volk an, Gott zu preisen mit בָּרֲכוּ יְהוָה Barchu Adonai – Lobt Gott! Eine Frau schaffte diese Anklänge an Lobespsalmen längst vor deren Existenz. Das „Barchu“ fand Eingang in die Morgen- und Abendliturgie der jüdischen Gebete.
Dwora ruft mit Autorität alle Völker und Könige, Juden wie Heiden, zum Lob dieses Gottes auf, indem sie das שִׁמְעוּ schim’u aus dem „Schma Jissrael“ benutzt, dem jüdischen Glaubensbekenntnis. Sie ergreift mit diesem Ausdruck göttlich-theologischen Autorität ohne Überheblichkeit. Dadurch hat das Lied universellen Charakter, denn sie möchte, dass alle Nationen, ja die ganze Menschheit, in das Loblied einstimmen, auch wenn das Grundthema innerjüdisch angelegt ist. Der Gott der Schöpfung, der sich offenbart hat, diesen Gott sollen alle preisen. Dwora formuliert beispiellos nüchterne Lobesworte, aber aufrüttelnde Verse, wie es selbst David nicht konnte. Sie will Gott als Elohim und als JHWH wieder in den Lebensmittelpunt Jissraels stellen.
Ich habe den Eindruck, dass ihre Gradlinigkeit und Nüchternheit etwas typisch Weibliches ist, da eine Frau gerade als Mutter aufmerksam und achtsam sein muss, geduldig und entschlossen, warnend und wahrnehmend, ermutigend und leidenschaftlich.
Dwora entbrennt in Enthusiasmus und autorisiert sich selbst, wenn sie von sich sagt „ich, IHM will ich singen“: אָנֹכִי לַיהוָה אָנֹכִי אָשִׁירָה anochi leJHWH anochi aschira. Das doppelte „anochi = ich“ benutzt sonst nur Gott.
Jes. 51,12 – Ich selber, ich selber bins, der euch tröstet: אָנֹכִי אָנֹכִי הוּא מְנַחֶמְכֶם = anochi, anochi hu menchemchem
Jes. 43,25 Ich selber, ich selber bins, der deine Auflehnungen wegwischt, אָנֹכִי אָנֹכִי הוּא מֹחֶה פְשָׁעֶיךָ = anochi, anochi hu moche pescha’echa
Ri 5:4 DU, als du ausfuhrst von Sseďr, schrittest von Edoms Gefild, bebte die Erde, zugleich troffen die Himmel, zugleich zertroffen die Wolken zu Wasser, V5 die Berge wankten vor IHM, – ein Ssinai dieser vor IHM, Jissraels Gott.
Dwora erinnert an Gottes Erscheinen am Sinai im Land Edom, wo Gott sich unter dem Beben der Natur Seinem Volk offenbarte und zum Einhalten Seiner Gebote aufrief. Wo das Volk versprach, zu tun und zu hören! Da, wo die Natur Gott gehorchte und sich in Seinen Dienst stellte, müssen Menschen umso mehr gehorchen. Mit dieser Rückbesinnung führt Dwora Heiden und Juden in die Größe Gottes ein.
Ri 5:6 In den Tagen Schamgars Sohns Anats, in den Tagen Jaels stockten die Wanderzüge, die Straßengänger gingen krumme Wanderpfade, V7 das Bauerntum, es stockte in Jissrael, stockte, bis du aufstandst, Dwora, aufstandst, eine Mutter in Jissrael!
Bevor Dwora aufstehen durfte als Mutter in Israel mit eben den weiblichen Eigenschaften, die ich oben aufgeführt habe, um die Macht in die Hand zu nehmen, waren die Zustände grauenvoll in Jissrael. Man ängstigte sich, auf die Straße zu gehen. Überall wurde Götzendienst praktiziert und es gab Heidentum. Die Straßen waren leer aus Angst vor dem Feind. Es herrschte die Angst vor der Gottverlassenheit, denn die Menschen hatten ihrerseits Gott verlassen.
Ri 5:8 Hat Gott sich Neue erwählt, dann streitet er um die Tore. Ward etwa Schild und Lanze ersehn unter vierzig Tausenden Jissraels?
Als die Kinder Jissrael den wahren Gott erkannten und neu fand, da konnten die Jissraeliten im Land bestehen und es fehlte nicht an Waffen, weil Gott auf ihrer Seite war. So lautet eine Möglichkeit der Interpretation dieses im Hebräischen sehr schweren Satz, für die Yuval nach langem Nachdenken optiert, weil Elohim dort genannt wird. Dieser neu erkannte Gott hat ihnen zum Sieg verholfen. Es geht Dwora nur um die Teschuwa, die Umkehr.
Man kann statt „dann streitet er um die Tore“ auch lesen „dann war wieder Brot in den Toren“. Das Wort „kämpfen“ heißt לָחֶם lachem und hat damit Anklänge an לֶחֶם lechem = Brot, da man früher um Brot Kriege führte. Beit Lechem (Bethlehem) heißt: Haus des Brotes. In den Toren der Stadt herrschte der Handel vor, denn hier ging man aus und ein. Dwora sagt ihrem Volk, dass Gottvertrauen zu neuem Wohlergehen führt.
Die mehrheitliche Deutung des Verses ist, dass die Kinder Jissrael sich anschauen sollten, wie es in Jissrael aussah, als es ins Land kam und es viel Götzendienst gab.
Ri 5:9 Mein Herz den Führern Jissraels zu, den sich Willigenden im Volk! Segnet IHN!
In V2, V3 und hier in V9 ruft Dwora auf, Gott zu loben, denn es heißt zu dritten Mal: בָּרֲכוּ יְהוָה Barchu JHWH! Lobt Adonai! Sie kann als Frau ihre Größe als Mutter in Israel auf Gott zurückführen und darum zuerst Gott in den Mittelpunkt stellen. Hier geht sie in die Mitte ihrer Persönlichkeit, denn ihr Herz schlägt für die Gesetzgeber Jissraels, die wieder Recht und Ordnung herstellen, die wieder für eine theozentrische Politik sorgen.
Dwora liebt und erkennt Gott mit ihrem ganzen Herzen, dem Sitz der göttlichen Weisheit und Gotteserkenntnis. Darum sagt sie nicht „ich“, sondern „mein Herz“. Das Herz wird erneuert und Gott möchte, dass wir IHN mit ganzem Herzen lieben:
Dtn. 6,5 Liebe denn IHN deinen Gott mit all deinem Herzen, mit all deiner Seele, mit all deiner Macht.
Hes. 11,19 (36,26) Ich gebe ihnen ein einiges Herz, einen neuen Geist gebe in ihre Brust ich, das Steinherz räume ich aus ihrem Fleisch, ich gebe ihnen ein Fleischherz:
Ri 5:10 Die ihr lohfarbne Eselinnen reitet, die ihr auf Prunkröcken sitzet, und die ihr des Wegs euch ergeht, berichtets! V11 Horch, Taktschlagende zwischen den Tränken! dort wechselsagen sie SEINE Bewährungen, Bewährungen an seiner Bauernschaft in Jissrael. Schon stiegen sie zu den Toren herab, SEIN Volk!
Dwora ruft die Gesellschaft zur Umkehr auf in allen Schichten. Als eine theologische Reformatorin spitzt sie die Theologie Jissraels seit Mosche zu: Es wird keinen Frieden geben im Land ohne das Hören auf Gottes Gebote, ohne ein ethisches Leben. Wenn die Witwen und Waisen wieder versorgt werden, dann hört das Versteckspiel auf und man kann sich wieder frei bewegen, aufrecht in die Tore Gottes als Sein Volk gehen.
Ri 5:12 Erwache, erwache, Dwora, erwache, erwache, bereds im Gesang! Auf, Barak, fang deine Fänger, Sohn Abinoams!
In diesem Vers ruft sich Dwora 4x zu, dass sie erwache möge. Die Vier, wir erinnern uns, hat universelle Bedeutung. Alle vier Enden der Erde rufen sie zu ihrem Dienst auf und sie ruft alle vier Enden der Erde zum Lobpreis des Schöpfers auf.
Dwora wurde bei diesem Weckruf von dem Volk unterstützt, das sie in der Stunde der Not zur Richterin berief und sie dann unter ihrer Palme aufsuchte und sie ermutigte. Als Frau möge sie sich erheben in einer Gesellschaft, in der die Männer schwach waren. Barak wird ermutigt, der Mann an ihrer Seite zu sein, der seine Kraft durch sie gewann. Uri, uri! Wach auf! Komm in die Gänge!
Es braucht eine geistlich Kampfstrategie, zu der Dwora bereit war, und eine militärische, zu der sie Barak wiederum mit „Kum!“ aufrief.
Ri 5:13 Schon steigt hinab der Rest, mit den Edlen das Volk: DU, steig hinab mir unter den Helden!
Es gab ein Führungsvakuum und nur wenige Gerechte. Bei der geistigen Kampfführung kommt ihr Gott zur Hilfe. Sie ist so klar auf Gott ausgerichtet, wie es selten in den Lobliedern der Bibel ist.
Ri 5:14 Von Efrajim her – an Amalek ihre Wurzel – , dir nach, Binjamin! hintan deinen Volksleuten! von Machir stiegen Führer hinab, von Sebulun Lenker mit des Musternden Stab, V15 die Obern in Jissacher mit Dwora, wie Jissacher so der Barakstamm, in die Ebne, gestreckt ihm zu Füßen. In den Aufspaltungen Rubens gab es Herzensführungen groß.
Dann lobt sie die Stämme, die ihr zur Hilfe kamen: Sebulon, Naftali, Menasse, Issachar und Efraim. Sie teilt uns Einzelheiten mit, die uns aus Kapitel 4 fehlen. Sie geht zurück in die Geschichte ihres Erfolges. Da spielte Ruben eine schimpfliche Rolle, die sie tadelt. Er ließ es sich einfach zu Hause gut gehen und überließ die harte, militärische Arbeit den anderen Stämmen.
Ri 5:16 Warum saßest du zwischen den Pferchen? um die Herdenschalmeien zu hören? Bei den Aufspaltungen Rubens gab es Herzensspürungen groß. V17 Gilad, gut wohnt er über dem Jordan, und Dan, warum gastet auf Schiffen er? Ascher blieb sitzen am Meergestad, gut wohnt er bei seinen Buchten!
Ebenso rechnet Dwora mit den übrigen Stämmen ab, die keine Einheit mit den kämpfenden Stämmen Jissraels suchten. Sie zogen sich desinteressiert zurück, ließen es sich gut gehen und jeder dachte nur an sich. Nicht nur vor dem Kampf waren auf sich bezogen, sondern sogar währenddessen sahen sie nicht die Gefährdung der Brüder.
Ri 5:18 Aber Sbulun – Volk, seine Seele verschmähend zum Tod, aber Naftali – auf den Höhen des Feldes!
Im Gegensatz zu denen egoistischen Stämmen gaben die Stämme Sebulun und Naftali, Baraks Stamm, alles und waren mit auf den Höhen, von wo sie den Feind angriffen. Sie nahmen ihren Tod in Kauf zur Rettung Jissraels. Dwora kann in klarer Weise loben und tadeln und spricht dabei noch einen weiteren, schmerzlichen Punkt an:
Ri 5:19 Könige kamen und stritten, schon stritten Kanaans Könige, in Taanach, an den Wassern Megiddos, sie erlangten nicht Silbergewinn:
„Die Könige der Heiden konnten eine Einheit um Jabin bilden. Warum konntet ihr als Volk des lebendigen Gottes das nicht tun? Wenn es nach eurer jeweiligen Überheblichkeit gegangen wäre, hätten wir nicht gesiegt!“ so wirft Dwora den Stämmen Jissraels vor.
Ri 5:20 vom Himmel her stritten die Sterne, von ihren Bahnen her stritten sie gegen Ssissra. V21 Der Bach Kischon spülte sie fort, der Urzeitbach, der Bach Kischon, – Wegs voran, meine Seele, im Sieg! – V22 schon entstampfen die Hufe der Roßmacht vom: Galopp Galopp! ihrer Recken.
Nur Gott stand auf ihrer Seite und ließ sogar die Naturgewalten und die Himmelskörper für sie streiten. Der Kischon trat so stark über die Ufer, dass sogar die Rosse des Feindes im Schlamm steckenblieben.
Ri 5:23 Fluchet Meros, spricht SEIN Bote, fluchet, Fluch seinen Sassen, denn nicht kamen sie IHM zu Hilfe, IHM zu Hilfe unter den Helden.
Meros kann ein Deserteur oder ein Stern sein, der nicht mit den anderen Sternen kämpfen wollte. Er wird verurteilt, weil er nicht zu Gottes Hilfe kam. Er wird sogar zweimal verflucht! Die Engel Gottes pflichten ihr bei. Gott aber ist nicht von ihm abhängig. Ihre Abrechnung gilt sogar einem Stern und steht im Gegensatz zu dem Segen, den sie Jael geben wird. Sie verteilt Tadel, wem Tadel gebührt und Lob, wem Lob gebührt.
Ri 5:24 Gesegnet vor Weibern Jael, Chabers Weib des Keniters, vor den Weibern im Zelt gesegnet!
Nun lobt Dwora Jael und nennt sie erstmals mit Namen. Man weiß nicht, wie eng die Verbindung zwischen den beiden war. Sie lobt Jael vor allen anderen Frauen als eine Nichtjüdin, die voller Loyalität hinter Jissrael stand. Für diese Loyalität verlässt sie ihren Mann, der mit den Feinden Jissraels Bündnisse einging. Und dafür wird sie zweimal von Dwora gesegnet.
Ri 5:25 Wasser heischte er, Milch gab sie, in der Schale für Edle reichte sie Sahne. V26 Ihre Hand, sie streckt sie zum Pflock, ihre Rechte zum Arbeitsstampf, sie stampft auf Ssissra, zerschmettert sein Haupt, zerspellt, durchhaut seine Schläfe. V27 Zwischen ihren Füßen bäumte sich, sank er, lag, zwischen ihren Füßen bäumte er, sank, wo er sich bäumte, da sank er, vernichtet.
Jael ist in der Lage ihren Mann zu stehen, wenn sie herausgefordert wird. Jetzt lässt Dwora uns wissen, wie sehr Jael Sissra verwöhnte und einlullte. Sie hebt hervor, dass Sissra auf Jaels Tricks reingefallen war und er im wahrsten Sinne des Wortes stürzte. Erst durch den Sieg über Sissra war 40-jähriger Friede möglich.
Ri 5:28 Durchs Fenster lugte ächzend Ssissras Mutter, durch das Gitter: Weshalb säumt sein Gefährt zu kommen, weshalb zögert seiner Fahrzeuge Rasseln? V29 Die klügsten ihrer Fürstinnen antworten ihr, auch sie selber erwidert sich ihre Sprüche: V30 Müssen sie nicht Beute finden, verteilen, einen Schoß, zwei Schoße auf den Kopf des Wehrmanns, Beute bunter Tücher für Ssissra, Beute bunter gewirkter Tücher, ein buntdoppelgewirktes für meinen Hals, Beute – ?
Wir wissen nichts von Sissras Mutter. Dwora schleudert hier noch eine Spitze gegen die Aristokratie der Feinde Jissraels. Sie verspottet diese, denn die Mutter von Sissra denkt nur an den Materialismus, den ihr Sohn aus den Kämpfen mitbringen wird. Kein Gedanke des Mitgefühls für die Kämpfenden kommt ihr in den Sinn. In prophetischer Weitsicht rechnet Dwora in diesen Versen mit ihr ab. Unter den hochgestellten Frauen des Feindes sieht sie keine, die wirklich denken kann, außer an die Äußerlichkeiten, die ihnen in der Beute ihrer Männer lacht. Hierfür verwendet sie einen zentralen, theologischen Begriff des Judentums, der die Weisheit Gottes abbildet, die Chochma חַכְמוה.
Die Frauen des Feindes sind von dieser Weisheit Lichtjahre entfernt. Die Mutter Sissras und die heidnischen Frauen werden degradiert zu Gebärmaschinen und Lustobjekten, wenn von ihrem Schoß gesprochen wird. Von den Wehrleuten wird erwartet, dass sie viele Gefangene unter Frauen machen, um ausreichend „Gebärmaschinen“ zu haben. Dwora drückt ihre scharfe Verachtung gegenüber dem heidnischen Frauenbild aus.
Ri 5:31 So müssen schwinden all deine Feinde, DU! Aber die ihn lieben sind, wie die Sonne ausfährt in ihrer Heldenwehr. Dann rastete das Land vierzig Jahre.
Hier entfaltet Dwora wieder ihre große, prophetische Weitsicht, mit der sie den Untergang aller Feinde Jissraels am Ende der Tage voraussieht!
Diejenigen, die Gott und Sein Volk aufrichtig lieben, werden strahlen, werden in der Welt Größe und göttliche Ausstrahlung bekommen wie die Sonne. In dieser Deutlichkeit ist Dworas Satz beispiellos.
Die 40 Jahre bedeuten eine gesegnete, eine fruchtbare Zeit.