vorgeschlagen für Sonntag, d. 27.02.2022
31 Und er fing an, sie zu lehren, der Sohn des Menschen müsse viel leiden und von den Ältesten und den obersten Priestern und Schriftgelehrten verworfen und getötet werden und nach drei Tagen wiederauferstehen. 32 Und er redete das Wort ganz offen. Da nahm Petrus ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. 33 Er aber wandte sich um und sah seine Jünger an und ermahnte den Petrus ernstlich und sprach: Weiche von mir, Satan! Denn du denkst nicht göttlich, sondern menschlich! 34 Und er rief die Volksmenge samt seinen Jüngern zu sich und sprach zu ihnen: Wer mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach! 35 Denn wer sein Leben retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird es retten. 36 Denn was wird es einem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewinnt und sein Leben verliert? 37 Oder was kann ein Mensch als Lösegeld für sein Leben geben? 38 Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.
Schlachter 2000
Warum hat Jesus eine derart düstere Sicht auf seine Zukunft? Die Massen der Juden strömen zu ihm und wollen ihn hören! Warum dann die Vision von der Verwerfung seiner Lehre, von seinem Tod?
Die römische Okkupation ist hart. Die Römer verehrten nicht nur viele Götter, sondern auch ihren Kaiser als einen Gott, weshalb sie das Volk der Juden mit ihrem Monotheismus als ein großes Ärgernis betrachteten. Mit hohen Steuern versucht die Obrigkeit, das Volk in die Knie zu zwingen sowie mit Gesetzen, die dem jüdischen Glauben widersprechen. Wer also dem Kaiser und seinen Beamten nicht gehorcht, landet in der Armut oder am römischen Kreuz.
So sind selbst innerjüdische Konflikte vorprogrammiert. Es gibt unterschiedliche Gruppen mit sehr verschiedenen Vorstellungen, wie mit den Römern umzugehen sei. Die Gruppen der Zeloten und Sikarier legen es auf Kampf an, die Priesterschaft der Sadduzäer auf Kollaboration, die Essener auf Zurückgezogenheit und die verschiedenen Pharisäergruppen neigen zu Anpassung und unauffälligem Verhalten.
Jehoschua fordert Klarheit, Entschiedenheit für Gott. Er will, wie Elijahu, kein „Hinken auf beiden Seiten.“ Er steht mit seiner Botschaft ein für eine konsequente Gottesnachfolge, wie sie zuvor schon die Propheten forderten. Elijahus Botschaft vom Karmel passt sehr gut zu Jehoschua.
Doch damit eckt Jehoschua auf beiden Seiten an. Die Römer haben Angst um ihre Macht. Die Juden könnten ja etwas lernen von ihrem Rabbi und den Aufstand proben, wie sie es bereits im Jahre 4 v.d.Z. taten. Die Sadduzäer haben Angst, dass ihnen Geld, Ansehen und Macht verloren gehen und die Pharisäer haben Angst vor konsequentem, öffentlichem Handeln, mit dem sie aus ihrer Beschaulichkeit und Unauffälligkeit heraustreten müssten. Damit begäben sie sich ebenso in die Gefahr, am Römerkreuz den grausamen Tod zu finden.
Jehoschua reiht sich mit seinem anstehenden Leiden in die Reihe der Propheten ein. So wusste Hesekiel, dass er gefesselt würde ohne jede Chance auf ein Entkommen. Die Zunge würde ihm am Gaumen kleben, sodass er kein Mahner mehr sein könnte. Wenn die Zunge am Gaumen klebt, so kann Hesekiel großer Hitze und Durst ausgesetzt gewesen sein. Eine grausame Zeit für den Künder Gottes!
Hes. 3,25 Du nämlich, Menschensohn – da, man gibt Stricke an dich, man fesselt dich mit ihnen, daß du nicht ausziehn kannst mitten unter sie. 26 Und deine Zunge will ich an deinen Gaumen kleben, daß du verstummen mußt und wirst nicht weiter ihnen ein mahnender Mann sein, denn sie sind Haus Widerspann.
Erst als die Kinder Israel im Exil sind, bekommt Hesekiel seine Sprache wieder.
Hes. 33,22 Aber SEINE Hand war schon auf mir gewesen am Abend, eh der Entronnene kam, nun öffnete er meinen Mund, als am Morgen er zu mir kommen sollte: mein Mund war geöffnet, und ich habe nicht mehr stumm bleiben müssen.
Später kündete Gott ihm an, dass großes Leid über ihn käme, aber er dürfe darüber nicht klagen und trauern. Gott wollte durch das Vorbild Hesekiels zeigen, wie ER sich der Trauer gegenüber Israel enthielt.
Hesekiels Frau starb ganz plötzlich, jedoch er trauerte nicht, nicht mit Wehklage noch mit Trauerzeichen.
Das Ende Hesekiels Ende ist unklar. Man nimmt an, dass er von seinen eigenen Leuten getötet wurde, weil man seine Mahnreden nicht mehr hören wollte.
Hes. 24,15 SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: 16 Menschensohn, ich nehme dir nun die Lust deiner Augen durch einen Niederstoß, du aber sollst nicht bejammern, du sollst nicht beweinen, nicht soll die Träne dir kommen, 17 seufze nur leis. Eine Totentrauer sollst du nicht machen, dein Kopfziertuch winde dir um, deine Schuhe ziehe dir an die Füße, den Lippenbart mumme nicht ein und iß nicht das Leutebrot. 18 Als ich am Morgen darauf zum Volk redete – am Abend war mir mein Weib gestorben, und am Morgen hatte ich getan, wie mir geboten war – ,
Jehoschua wird wie Hesekiel Menschensohn בֶּן אָדָם Ben Adam genannt. 93-mal kommt es in diesem Prophetenbuch vor und damit häufiger als im NT. Menschensohn muss richtiger mit Adamssohn übersetzt werden. Damit ist gemeint, dass Gott die Menschheit erneuern möchte in eine Menschheit wie sie zur Zeit des Paradieses. Die Menschheit soll wieder ein Sohn Adams werden im paradiesischen Zustand. Adam fiel, weil er von Gott abfiel, wie auch Gottes Volk zu Hesekiels Zeit. Werde wieder Adam in der Nähe Gottes!
Jirmejahu ist als leidender Prophet bekannt. Er erfährt am Anfang seiner Berufung schon von seinem Scheitern.
Jer. 1,17 Du aber gürte deine Hüften, stelle dich hin, rede zu ihnen alles, was ich selbst dir entbiete, – sei nimmer bestürzt vor ihnen, sonst bestürze ich dich vor ihnen!… 19 sie werden gegen dich kämpfen und werden dich nicht übermögen, denn ich bin mit dir, ist SEIN Erlauten, dich zu erretten.
Auch hier sind es wieder seine eigenen Leute, die ihn mundtot machen wollen.
Jer. 18,18 Auf, laßt uns Planungen planen wider Jirmejahu!
Jirmejahu soll über die Kinder Israel klagen, die auf Gottes Wort nicht hören. Als Priester darf er zum Zeichen seiner Würde sein Haar nicht schneiden, doch nun wird Jirmejahu zum Trauerritual aufgerufen. Ein schmerzhafter Weg, den Jeremia zu gehen hat
Jer.7,29 Schere dein Weihehaar ab und wirfs fort, auf den Kahlhöhn erhebe die Klage, denn verschmäht hat ER, verstoßen das Geschlecht seines Überwallens.
Jirmejahu klagt sein Leid vor Gott als er merkt, dass seine Landsleute ihn töten wollen. Der Priester Paschur ließ ihn gar schlagen und gefangen setzen. Man ließ ihn an anderer Stelle schlagen und in ein tief gelegenes, unterirdisches Verlies werfen, um sich nicht mehr seinen scharfen Mahnworte aussetzen zu müssen (Jer. 37,15f). Unentwegt traf ihn Leid, weil das Volk Israel nicht auf ihn hören wollte. Seine Botschaft war zu deutlich, zu plastisch, als Gott ihm auftrug, ein Joch an seinem Hals durch Jerusalem zu tragen, um die Herrschaft Nebukadnezars den Ungehorsamen vor Augen zu führen (Jer. 27,2). Um all dessentwillen klagt er:
Jer. 20,7 Betört hast du mich, DU, ich ließ mich betören, gepackt hast du mich, du hast übermocht. Ich bin zum Gelächter worden alletag, alles spottet mein. 8 Ja, sowie ich reden will, muß ich schreien, Unbill! rufen und: Gewalt! zu Hohn ja und zu Posse ist SEINE Rede mir worden alletag. 9 Spreche ich: Ich will ihn nicht gedenken, nicht mehr reden mit seinem Namen, bleibts mir im Herzen wie ein sengendes Feuer, eingehegt mir im Gebein, ich erschöpfe mich es zu verhalten, ich vermags nicht. 10 Ja, ich höre das Flüstern der Vielen, ein Grauen ringsum: Meldets! wir wollens melden! Was an Menschen mir im Friedensbund steht, die passen meinem Ausgleiten auf: Vielleicht wird er betört, dann übermögen wir ihn, nehmen an ihm unsre Rache!
Auch Jirmejahus Ende ist unklar. Er wurde wahrscheinlich nach Ägypten verschleppt und dort getötet.
Jehoschua weiß um die Tradition, in der er steht. Als glaubwürdiger Mahner will er sich denen stellen, die seinen Tod planen. Er weiß sich in Gottes Hand und betet noch am Schluss:
Lk. 22,42 Vater, wenn du diesen Kelch von mir nehmen willst – doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!
Darum wehrt er die besorgten Worte des Petrus ab. Jehoschua hat Gott, den Vater gepredigt. In Heilungen demonstriert er Gottes Interesse und Zugewandtheit zu Seinen Kindern. Doch darum heißt es nun: Farbe bekennen! In der Tora forderte Gott bereits Entschiedenheit, indem er Seinem Volk Segen und Fluch vorlegte (Dtn.30,19f). Man kann sein Leben, das ewige Leben, nur gewinnen, wenn man bereit ist, das irdische Leben zu verlieren! Gott kann jedes Blatt wenden, doch dessen ungeachtet muss die Bereitschaft zum Gehorsam gelebt werden.
Die Worte des Petrus empfindet Jehoschua als Worte des Hinderers, des Satans שָּׂטָן von לשטְן le‘saten = behindern. Der will die Menschen auf die Probe stellen, ob sie Gott in letzter Konsequenz vertrauen. Damit reizt er sie an, seine „Versuchung“ in Gottes Willen zu transformieren.
Wer Gott gehorchen will, muss Jehoschua nachfolgen, muss seine gute Botschaft annehmen und umsetzen, denn dann geht er auf dem Weg des Lebens, der Tora. Wenn dieser Weg in den Tod führt, dann wird er der Heiligung des Namens Gottes dienen, קידוש השם, Kiddusch haSchem. Einen solchen Tod nahmen später noch viele Rabbiner und Gerechte auf sich, wie z.B. Rabbi Akiwa 135 n.d.Z.
Jehoschua hatte die Gewissheit, dass Gott ihn nach drei Tagen auferwecken würde, denn das wusste er aus seiner Begegnung mit Gott. Er wusste, dass es nach jeder Zerstörung einen Neuaufbau gibt, auch dass Elijahu zum Himmel aufgefahren war. Mit den drei Tagen steht er in der Tradition der Verwandlung, wie Gott sie dem Propheten Hosea offenbarte:
Hos. 6,2 nach einem Tagepaar belebt er uns wieder, läßt erstehn uns am dritten Tag, daß wir in seinem Angesicht leben.
Seine Gerechten lässt Gott nicht ohne Trost und ohne Hoffnung!
Für uns gilt heute wie damals: Gott ist ein verlässlicher Bundespartner. Als solcher will ER ernst genommen werden. Es gibt kein Entweichen in andere Sicherheiten, weder in die Versicherungen der modernen Welt noch in Sicherheiten neuzeitlicher Götzen. Gott begleitet uns in unserem Vertrauen auf unserem Weg mit IHM und mutet uns nicht mehr zu, als wir tragen können.
Jehoschua und die Propheten bekamen von Gott die Kraft, ihr Leben bis zum bitteren Ende konsequent zu gehen. Dass sie so unsagbar leiden mussten, dafür tragen die Menschen ihrer jeweiligen Zeit die Verantwortung, denn hätten sie auf die Worte der Künder gehört, wäre ihnen viel Leid erspart geblieben. Sie alle waren auf einem Weg der Liebe zu Gott und zu ihrem Volk. Auch Juden berufen sich in ihren Gebeten auf die guten Taten der Vorväter wie beispielsweise die Bindung Jizchaks. Sie alle gingen selbst den schweren Weg bis ans Ende für ihren Gott und für die Menschen, für die sie ein Vorbild waren.