Predigttext vorgeschlagen für den Sonntag ESTOMIHI 11.02.2024

21 Eure Festreigen hasse, verschmähe ich, eure Einschließungen mag ich nicht riechen, 22 ja, wenn ihr mir Hochgaben darhöht und eure Hinleitspenden, schätze ichs nicht zugnaden, eurer Mastochsen Friedmahl blicke ich nicht an. 23 Tu mir das Geplärr deiner Lieder hinweg, dein Lautenspiel will ich nicht hören. 24 Rauschte nur wie die Wasser Gerechtigkeit auf, Wahrhaftigkeit wie urständige Bachflut!

Gott spricht ein Machtwort, denn ER ist enttäuscht und unzufrieden. ER mag die Feiern nicht, die fröhlichen Feste, die das Volk Israel begeht. Es sind ursprünglich von Gott gebotene Feste, aber Gott hat keine Freude an diesen Feiern, wenn Seine Kinder nicht mit ganzem Herzen dabei sind, wenn sie die Feste nicht mit ganzem Herzen zu Seiner Ehre begehen. Wenn sie in ihrer Zerrissenheit Gott begegnen.
C.G. Jung stellte bereits fest, dass Krankheit aus der Zerrissenheit des Menschen kommt, der die Einheit mit Gott verloren hat. Amos gibt dagegen den Ausblick:
Am. 5,4 Suchet IHN, und ihr dürft leben..

Des Weiteren hat Gott den Kindern Israel zwar die Möglichkeit aufgezeigt, Tieropfer zu bringen, um von ihrer Seite die Sicherheit zu haben, eine Nähe zum Schöpfer herstellen zu können, aber diese Option nimmt ER nicht um jeden Preis an. Das Opfer soll ein Teil des Opfernden selbst sein. Es soll dem Opfernden bewusst machen, dass er vor dem Höchsten, dem HERRN der HEERSCHAREN steht, dass er sich mit diesem Opfer bedankt oder seine Verfehlungen bekennt. Das Opfer vertritt ihn als sein Innerstes, als sein Herz, das vor Gott steht und sich vor IHM ausschüttet. Das Opfertier, das bereit war, sein Leben für diesen Zweck zu lassen, ist kein Selbstzweck. Ohne die innere Beteiligung des Opfernden kann es nichts zu seiner Befreiung ausrichten.

Für Opfer steht in V22 עֹלוֹת olot (Pl), im Singular heißt es ola עֹלה. Die Bedeutung ist eine Erhebung oder Erhöhung, Buber übersetzt sie mit Hochgaben. Dieses Opfer steigt aus den menschlichen Niederungen auf zu Gott, um IHM nahe zu kommen. Ein anderes Wort für Opfer ist קורבן korban, was Annäherung bedeutet von קָרוֹב karow = nah, nahestehend. Bei Buber wird es mit Darnahung übersetzt. Diese Opfer wollen alle eine Annäherung des kleinen Menschen mit dem großen, transzendenten Gott schaffen, besonders an Festtagen.

Gott spricht an mehreren Stellen davon, dass ER die ganzen Opfer Seines Volkes nicht mag.
Jes. 1,11 Wozu mir eurer Schlachtungen Menge? hat ER gesprochen, satt bin ich der Darhöhung von Widdern, des Mastkälberfetts, Blut von Farren, Lämmern, Böcken, danach gelüstet mich nicht.
Ps. 50,12 Hungerte ich, ich sagte dir es nicht an, denn der Boden und seine Fülle ist mein. 13 Soll das Fleisch der Stiere ich essen, trinken das Blut der Böcke?! 14 Opfere Gotte Dank, zahle dem Höchsten so deine Gelübde!

Der Mensch kann Gott kein Opfer bringen, weil ER darauf angewiesen wäre! Gott gehört die gesamte Schöpfung, was sollte IHM fehlen? Auch ist Gott kein Mensch, der das Opfer für eine Mahlzeit braucht.  Das Opfer ist eine Möglichkeit für den Menschen, sich selbst die Annäherung zu Gott sichtbar, begreifbar zu machen, wenn das Opfertier in Rauch aufgeht und der Rauch in die Höhe steigt, wo der Mensch Gott vermutet.

Der Prophet Micha fragt weitergehend:
Mi 6,6 – Womit soll ich entgegenkommen IHM, mich bücken vor dem Gott der Höhe? Soll ich ihm entgegen mit Darhöhungen kommen, mit einjährigen Kälbern? 7 schätzt zugnaden ER Tausende von Widdern, Mengen von Ölbächen? soll um meine Abtrünnigkeit meinen Erstling ich geben, um meine Seelenschuld die Frucht meines Leibes? 8- Angesagt hat mans dir, Mensch, was gut ist, und was fordert ER von dir sonst als Gerechtigkeit üben und in Holdschaft lieben und bescheiden gehen mit deinem Gott!

Wie darf er vor Gott kommen, um IHM Ehre zu geben, welches Opfer ist angemessen? Sollte er für seine Schuld etwa seinen Erstgeborenen darbringen? NEIN, denn Letzteres hatte Gott schon bei Abraham deutlich untersagt. Gott möchte nichts anderes als das, was ER in Seinem Wort, der Tora, Seinen Kindern offenbarte: Recht üben, Handlungen voller Gerechtigkeit und Güte. Das heißt, einen barmherzigen Umgang mit Witwen und Waisen üben, mit den Armen und Benachteiligten einer Gesellschaft. Alle Fürsorge und Hilfe soll in Bescheidenheit geübt werden, nicht als ein herablassendes, hochmütiges Gebaren. Das Herz muss dabei am rechten Fleck sein, wenn Tieropfer ihren Weg zu Gott finden sollen.

So ermahnte auch Jehoschua seine Jünger am Beispiel einer Witwe zur Demut:
Mk. 12,43 Da rief er seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten gelegt als alle, die eingelegt haben. 44  Denn alle haben von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut alles eingelegt, was sie hatte, ihren ganzen Lebensunterhalt.
Bescheidenheit, Demut, Bereitschaft zum Teilen waren auch ihm als Bote Gottes wichtig. Er wusste um die Bedeutung der Opfer, aber er wusste auch, dass man nicht einfach so über Opfer zu Gott kommen konnte.

Mt. 9,13 Geht aber hin und lernt, was das heißt: »Ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer (Hos. 6,6)«. Denn ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße.

Oder wie David seine Erfahrung im Psalm ausdrückt:
Ps. 32,5 Meine Sünde wollte ich dir kundtun, mein Fehlen verhüllte ich nicht mehr, ich sprach: »Eingestehen will ich IHM meine Abtrünnigkeiten!« – und du selber trugst den Fehl meiner Sünde. / Empor! /

Jehoschua rief als Gottes Sprachrohr die Menschen zur Barmherzigkeit auf, die sein Vater anstatt der Opfer wollte. Nicht Opfer bewirkten bei Gott Vergebung, sondern ein aufrichtiges Herz, das seine Verfehlungen unumwunden bekennt. Er wusste, dass jedes Opfer nutzlos war, wenn der Opfernde nicht ein ehrliches Herz hatte, das zudem auf Frieden mit seinen Mitmenschen bedacht war. Darum sagte er:
Mt. 5,23 Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, 24 so lass deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!

Ohne Frieden und Versöhnung mit dem Nächsten kann sich niemand Gott nahen! Keiner kann sagen, er liebt Gott, wenn er seinen Nächsten nicht liebt und für ihn Gutes tut!

Mk. 12,32 Es ist in Wahrheit so, wie du sagst, dass es nur einen Gott gibt und keinen anderen außer ihm; 33 und ihn zu lieben mit ganzem Herzen und mit ganzem Verständnis und mit ganzer Seele und mit aller Kraft und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer!
Nachdem ein Schriftgelehrter von Jehoschua gelernt und diese Einsicht darlegte, antwortete Jehoschua, dass er nicht fern vom Reich Gottes sei. Nach der Theorie musste noch die Umsetzung in die Tat folgen! Denn:
Mt. 7,21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.

Amos und Jehoschua stehen auf gegen soziales Unrecht, gegen Bedrückungen und Lieblosigkeit. Die Bedränger, die Gott zu Amos‘ Zeiten schickte, sollten die Machtgier und Überheblichkeit niederreißen. Beide erinnern uns als Mahner daran, dass Liebe zu Gott in erster Linie Liebe zum Nächsten bedeutet.

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