29. Aw 5781;  7. August 2021

Hat die vorherige Parascha die Belohnungen für die Befolgung der Gebote Gottes aufgezeigt, so heißt es jetzt:
Dtn. 11,26 Sieh, ich gebe heuttags vor euch hin Segnung und Verwünschung
Siehe! – רְאֵה re’eh von לִרְאוֹת lir’ot = sehen. So heißt die Parascha, die an Yuvals Bar Mizwa gelesen wurde. Aber warum steht hier nicht: Höre! wie wir es kennen? Und muss man sich nicht entscheiden, nachdem man gehört hat?
Gott fordert von Seinen Kindern nicht nur das Hören wie im Schma Israel, sondern auch das Sehen der guten Gaben, die ER dem Volk mit dem Land Kanaan gibt. Als die Kundschafter die großen Früchte des Landes brachten, hörte Israel nur auf die negative, manipulierende Stimme der Angst und des Misstrauens. Den überzeugenden Erträgen des Landes, die es sehen und schmecken konnte, schenkte es keinerlei Beachtung.
Nun sind die Kinder Israel aufgefordert, als Korrektur ihre zukünftige Heimat zu besehen, die Segnungen anzuschauen, die im reichen Ertrag, in befestigten Städten und reichlichen Quellen und Flüssen liegen. Sie werden aber auch sehen, wie ihnen alles genommen wird, wenn sie Gottes Stimme nicht gehorchen.

Segen und Fluch

Verwünschungen קְלָלָה klala haben etwas mit geringem Gewicht zu tun, mit Leichtigkeit im negativen Sinn, denn das Wort kommt von קַל kal = leicht. Wem Ansehen, Ehre gegeben wird, der bekommt Gewicht,כָּבוֹד kawod = Ehre, כָּבֵד kawed = schwer. Derjenige, der eine Segnung בְּרָכָה bracha bekommt, ist ein Mensch mit Ehre, denn vor ihm beugt man seine Knie בֶּרֶךְ berech. Mit der Verwünschung oder dem Fluch ist also ein Vorgang gemeint, dem das positive Gewicht entzogen ist, der zu einer leichten Angelegenheit zusammenfällt.
Dtn. 11,29 Es soll geschehn, wenn ER dein Gott dich in das Land kommen läßt, wohin du kommst es zu ererben, sollst du die Segnung auf den Berg Grisim und die Verwünschung auf den Berg Ebal geben,
Der Berg Grisim גְּרִזִים wird der Berg der Segnungen. Der Name des Berges kommt vonגַּרְזֶן garsen = Axt, Beil, Sichel.  Dort ist ein Ort des Urteilfällens, denn das Gott gefällige Leben muss nachgewiesen werden, die Liederlichkeiten des Wüstenlebens müssen aufhören, um dann ein gutes Urteil für den Segen zu bekommen. Segen ist nicht selbstverständlich und nicht billig zu haben.
Der Berg Ebal עֵיבָל wird der Berg der Verwünschungen. Es handelt sich um ein schwieriges Wort, das mit steinig, fruchtlos wiedergegeben wird, wie Yuval es erklärt. Damit bezeichnet der Berg einen düsteren, unfruchtbaren Ort, einen Ort, an dem die gute Schwere der Segnungen nicht zu finden ist.

Die Wohnstätte Gottes

Gott lässt das Volk Anteil haben am Blick in die Zukunft. ER gebietet dem Volk nicht nur, die fremden Kultstätten zu vernichten, damit Israel nicht verführt wird, sondern auch, nur an einem bestimmten Ort zu opfern, den Gott sich ersehen wird.
So wie der Gott Israels EINER ist, so wird auch der Ort, an dem Sein Volk IHM opfert und IHN anbetet, EIN Ort sein. EINEN Ort erwählt Gott für die Opfer, für die Abgabe des Zehnten und der Erstlinge von Vieh und Früchten, für die Wallfahrt und die Gelübde. EINEN Ort wird es geben, weil Gott keinen willkürlichen und zügellosen Opferkult will, sondern auf diese Weise die Opfer einschränken wird. Gott ist mit keinem anderen Gott vergleichbar. ER ist der alleinige Gott und Schöpfer, dem alles gehört, sei es der Boden des Landes oder die Opfergaben. Wenn Sein Volk opfern wird, so wird es Gott von Seinem Eigentum zurückgeben. Und Gott wird Seinem Volk so viel geben, dass genug zum Leben und Geben von allem da sein wird.

Dieser Ort wird Jerusalem sein, die Stadt des doppelten Friedens ירושלים Jeruschalajim, die Stadt des zweifachen שָׁלוֹם Schalom = Ganzheit. Oder die Stadt des doppelten Erbes vonירוש jerusch = Erbe. Die Endung ~ajim bedeutet immer die Verdoppelung einer Sache. Gott zahlt Israel das doppelte Erbe aus, den לְשַׁלֵם leschalem heißt bezahlen im Sinne von „etwas ganz, vollständig machen durch eine Gegenleistung“.
In dieser Stadt durfte bezeichnender Weise König Salomo – Schlomo שלמה, der König des Friedens, die Wohnstätte Gottes, den Tempel, bauen. Alle vorherigen Opferstätten z.B. in Schilo waren nur Übergangslösungen. Da die Jebusiterstadt zu keinem der Stammesgebiete gehörte, musste sie erst von David erobert werden. Sie war deshalb als Hauptstadt und heiliger Ort so gut geeignet, da durch sie kein Stamm bevorzugt wurde, den Tempel zu beherbergen. Alle Stämme pilgerten zu einem neutralen Ort.

Das Schächten

Gott erlaubt uns in dieser Parascha sogar den Fleischgenuss unabhängig vom Tempel, jedoch mit einer Einschränkung: Das Blut darf nicht mitgegessen werden, es muss aus dem Fleisch herausfließen.
Darum ist das Schächten im Judentum so wichtig, da es den Abfluss des Blutes schnell und ohne Schmerzen für das Tier garantiert. Heute beschwert der Anblick des Blutes, das aus dem offenen Schnitt abfließt, und ruft Tierschützer auf den Plan. Allerdings ist eine blutige Angelegenheit kein Beleg für angebliche Qualen, die das Tier zu erleiden hat.
Der Schächtschnitt darf heute nur von einem Schochet, einem Schlachter, der Tora und Schächten gründlich gelernt hat, durchgeführt werden. Das scharfe Schächtmesser darf keine Unebenheit aufweisen, die das Tier verletzen könnte, sonst ist es nicht koscher. Dann wird ein Segen über dem Tier gesprochen, und es erfolgt ein schneller Schnitt durch die Hauptschlagader des Halses sowie die Luft- und Speiseröhre. Das Blut fließt so schnell heraus, dass das Tier in Sekundenschnelle bewusstlos ist und schließlich stirbt.
In Dtn. 14,21 ist eine weitere Begründung für das Schächten zu finden, denn es dürfen keine toten Tiere verzehrt werden. Das Blut muss dementsprechend von einem Tier abfließen, das nicht vorher mit einem Bolzenschuss getötet wurde.  
Gemäß Gen. 32,31f wird dem Säugetier die Sehne über der Hüfte entfernt und das Fleisch in Salzwasser gewaschen, bevor es zum Essen verarbeitete werden kann.
Gen. 32,32 Die Sonne strahlte ihm auf, als er an Pniel vorüber war, er aber hinkte an seiner Hüfte. -33 Darum essen die Söhne Jissraels bis auf diesen Tag die Spannader nicht, die auf der Hüftpfanne liegt, denn an Jaakobs Hüftpfanne an der Spannader hat er gerührt.
Diese gesamte Prozedur unterscheidet koscheres Fleisch von Halalfleisch, das für Juden genauso verboten ist wie das Fleisch aus christlichen Schlachthöfen.

Das Blut ist die Seele

Jeder darf Fleisch essen. Ob er rein oder unrein ist, spielt keine Rolle, aber das Blut darf nicht gegessen werden. Es wird der Erde zurückgegeben.
Dtn. 12,23 Jedoch bleibe stark, keinesfalls das Blut zu essen, denn das Blut ist die Seele, du sollst nicht die Seele mit dem Fleische essen,
Das Blut ist die Seele und ein Teil des Erdbodens, der אדמה Adama. Aus ihm wurde Adam genommen, der Erdling oder Erdenkloß, wie Pinchas Lapide ihn nannte. In beiden steckt bereits das Wort דָם dam = Blut. So konnte auch Abels Blut von der Erde zu Gott schreien.
Gen. 4,10 ER aber sprach: Was hast du getan! die Stimme des Geblüts deines Bruders schreit zu mir aus dem Acker.
Die Erde reagiert noch immer auf Gewalt und unrechtes Handeln der Menschen, die Natur wehrt sich gegen Ausbeutung und Unfrieden, wie wir es immer wieder in Naturkatastrophen erleben. Das wusste auch Paulus:
Rö. 8,22 Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und mit in Wehen liegt bis jetzt;
Wenn die Kinder Israel das Blut, also die Seele in allem Lebendigen ehren und achten, wird es ihnen gut gehen. Dann suchen sie den Frieden mit dem Stammesgenossen, sie suchen gemeinsam die Ehre und Anbetung Gottes. Dann vernichten sie alle Götzenbilder, und Gott kann Regen zu rechten Zeit bringen und keine Flut, Sommerwärme, keine Hitze, die zu vernichtenden Bränden führt.

Propheten sind Überbringer

Gott wird dem Volk auch Propheten geben. Derנָבִיא Nawi = Künder ist Überbringer der Botschaft Gottes an die Menschen, denn der Begriff geht auf das Verb נביא nawi = wir werden bringen von לְהָבִיא le’hawi = bringen zurück. Die klangliche Ähnlichkeit der Worte im Hebräischen ist gewollt, weil so die Aufmerksamkeit des damaligen Hörers gewonnen und ihm verdeutlicht wurde, dass dieser Künder Wichtiges zu übermitteln hatte.
Jeder Israelit verfügte selbst über die Möglichkeit, die Echtheit einer Botschaft anhand der Tora zu prüfen. Kein Künder konnte mit seiner Botschaft gegen die Tora aufrufen, egal wie viele Zeichen und Wunder er vollbrachte. Kein Künder konnte dazu aufrufen, den Ewigen zu verlassen und anderen Göttern zu folgen. Jeder, der die Kinder Israel von Gott abbringen würde, sollte sterben.

Ein solcher Mensch war des Todes schuldig, weil er Israel vom Leben selbst abschnitt. Demnach war es besser, einer würde anstelle des ganzen Volkes sterben. Gott war besorgt um Sein Volk. Was immer es vom rechten, vom geraden Weg abbringen könnte, musste ausgerottet werden, selbst wenn ein solcher Mensch zum eigenen Volk gehörte. Für diese Reinheit im Volk war jeder aufgerufen zu sorgen.

Ein heiliges Volk

Nun kann man fragen, warum Gott so viel Aufhebens macht um den Gehorsam Israels. Die Antwort: Die Israeliten sind Gottes geliebte Kinder, Söhne בָּנִים banim und Töchter בנות banot. Auch wenn im Text lediglich die Banim = Söhne genannt sind, wissen sich die Töchter durch die sprachliche Nähe der Worte mit eingeschlossen. Mit ihnen beiden baute Gott Sein Volk, denn die sprachliche Wurzel istבנה bana = er baute.
Die Israeliten sind IHM ein heiliges Volk, ein erwähltes Volk aus allen Völkern. Mit סְגֻלָּה sgula ist nicht das auserwählte Volk gemeint, sondern das „Sonderguts-Volk“, wie Buber übersetzt, oder das „geliebte Volk“.
Sie sind Seine Repräsentanten, nicht etwas Besseres als andere Völker. Als solche müssen sie in Seinen Wegen gehen, Seine Gebote im wahrsten Sinne des Wortes verinnerlichen, wenn sie sich an die Speisegebote halten und sich nur erlaubte Tiere einverleiben.

Trauerbrauch

Zudem brauchen sie nicht wie die Heiden um ihre Toten zu trauern. Sie sind ja in Gottes Ewigkeit aufgehoben, Zu ihren Vorfahren versammelt, denn Seine Kinder entlässt ER nicht in einem ungewissen Tod. Seit Hiob gibt es die 7 Tage des Schiwa-Sitzens, wobei der Schabbat die Trauerzeit unterbricht.
Die Schloschim = 30 Tage der Trauer führen den Trauernden langsam wieder in den Alltag zurück. Lediglich ein Kleidungsstück ist zum Zeichen der Trauer an verdeckter Stelle eingerissen. Ansonsten soll sich jeder Jude, der einen nahen Angehörigen zu Grabe getragen hat, wieder dem Leben zuwenden. Die Trauerzeit beträgt im Judentum ein Jahr. Am ersten Todestag, der Jahrzeit, wird eine Kerze zum Gedenken entzündet und Psalmen gebetet. Solange über einen Menschen gesprochen ist, so lange lebt er weiter.

Speisegebote

Die Liste der erlaubten und verbotenen Tiere aus Levitikus wird wiederholt. Während die Säugetiere und Fische jeweils zwei Merkmale haben, an denen sie erkannt werden können, werden die Vögel namentlich aufgelistet.
„Deshalb haben die Rabbinen (Vgl. Mischna Chullin 3,6) entsprechende Charakteristika nachgetragen, wonach Vögel als nicht-rein gelten (und damit nicht erlaubt sind), wenn sie Raubvögel sind, ihre Beute also mit den Zehen packen. Haben sie einen Sporn und einen Kropf, so gelten sie als rein. Heute werden gemeinhin folgende Vogelarten als koscher bezeichnet: die heimischen Hühnerarten, Enten, Gänse, Puten, aber auch Tauben und Wachteln.“[1]

Dtn. 14,21  Ihr dürft allerart Gefallnes nicht essen, dem Gastsassen, der in deinen Toren ist, magst du es geben, daß er es esse, oder verkaufe es einem Fremdländer, denn ein heiliges Volk bist du IHM deinem Gott. Koche nicht ein Böcklein in der Milch seiner Mutter.
Der letzte Satz dieses Verses kommt 3mal in der Tora vor, weshalb die Rabbiner ihm besondere Wichtigkeit beimaßen. Daher kommt es, dass heutige Juden getrenntes Geschirr für milchige und fleischige Speisen haben. Die Trennung gilt für Koch- und Essgeschirr sowie für Besteck. Nach fleischigen Gerichten warten gläubige Juden 5-6 Stunden, ehe sie wieder milchhaltige Nahrung zu sich nehmen. Nach milchigen Speisen wartet man 1-3 Stunden.
Die Grundlage für die meisten jüdischen Traditionen findet man in der Tora. Aus Liebe und Ehrfurcht wurden die Gebote von Rabbinern mit sog. „Zäunen“ versehen, um die Gebote der Tora auf keinen Fall zu verletzen.

Das Schabbatjahr

Das 7. Jahr ist genauso wichtig wie der 7. Tag, der 50. Jahr so wichtig wie der 50. Tag, den nach 7×7=49 folgt die 50, der Übergang aus der Materialität in die Transzendenz. So ist die Bedeutung der 7 שבע schewa = Fülle, Sättigung, Schwur. Die Zahl bedeutet die Vollkommenheit, die sich aus der 6, der irdischen Vollkommenheit, entwickelte.
Das Sabbatjahr, das manche Arbeitnehmer benutzen dürfen, um in ihrer geschenkten Freizeit andere Erfahrungen als im Beruf zu machen, kommt aus diesem Abschnitt, hat aber nur entfernt mit dem Original zu tun.
Dtn. 15,2 Dies ist die Sache der Ablockerung שְּׁמִטָּה: Ablockern שָׁמוֹט soll jeder Schuldherr den Borg seiner Hand, den er seinem Genossen borgte: nicht mehr darf er eintreiben bei seinem Genossen, seinem Bruder, denn ausgerufen hat man Ablockerung IHM.
Im Schabbat- oder Schmitta-Jahr werden die Schulden eines jeden Schuldners erlassen, sodass für ihn die Möglichkeit besteht, noch einmal unbelastet zu beginnen. Auch der Erdboden ruht im 7. Jahr. Es handelt sich bei dem Schmitta-Jahr um ein Gebot, dass an das Land Israel und die Israeliten gebunden ist. Schmitta שְּׁמִטָּה heißt Ablockerung, Erlass von dem Verb, das ebenfalls in dem Satz vorkommt: שָׁמוֹט schamot = erlassen. Für Fremde oder in der Diaspora gilt das Gebot nicht.
Andererseits ist Gottes Plan, dass es in Seinem Volk keinen Armen oder Bedürftigen gibt. Dafür ist ganz Israel verantwortlich. Es wandelt nicht mit ganzem Herzen auf Gottes Wegen, wenn das Gegenteil der Fall ist. Somit ist es nur folgerichtig, dass dem Armen die Schulden alle 7 Jahre erlassen werden und er sich vollkommen frei fühlen kann.
Gott plant, Sein Volk auch materiell so zu segnen, dass es nie Mangel leidet, dass es nie von fremden Völkern leihen muss, und dass ihm auch ein Jahr des Ernteausfalls keine Verknappung der Lebensgrundlage bringt. Wir können heute sehen, wie reich selbst der moderne Staat Israel gesegnet ist, dass dort so weltumspannende Entdeckungen und Erfindungen gemacht werden, dass er Wasser, Strom oder Impfstoff an palästinensische Staaten abgeben kann. Mit solchem Vertrauen in den Höchsten wird Israel nicht vom Materialismus beherrscht werden, so Gottes Plan.
Für die heutige Zeit haben die Rabbiner eine Klausel (einen sog. „Prosbul)  festgelegt, „dass Schulden auch nach dem Erlassjahr zurückgezahlt werden können. Diese Bestimmung gilt auch heute noch, um Kredite grundsätzlich zu ermöglichen.“[2]
Warum heißt es dann, was doch widersprüchlich erscheint:
Dtn. 15,11 Denn nicht werden Dürftige aufhören im Innern des Landes, darum gebiete ich dir, sprechend: Öffnen sollst, öffnen deine Hand du deinem Bruder, deinem Gebeugten, deinem Dürftigen, in deinem Land!
Gott gibt damit jedem Seiner Kinder die Möglichkeit, eine Mizwa, ein Gebot aus Freude zu tun, wenn sie einen Armen unterstützen. So gibt es bei jeder Gelegenheit, bei jedem Fest, die Möglichkeit zur Zedaka צְּדָקָה = Gerechtigkeit, eine Gabe, die dem Armen zugutekommen. Für solche Spenden steht heute in jüdischen Haushalten ein kleines Spendendöschen, eine Pushke, in das schon Kinder ihren Beitrag hineinwerfen können.
Natürlich können die Spenden auch aus Naturalien bestehen. Vom Purim-Fest ist uns das Geben von Leckereien als Mizwa bekannt. In Israel werden gleichfalls zu Chanukka und anderen Festen vor Supermärkten Lebensmittel gesammelt, um sie an Bedürftige zu verteilen.
In Deutschland gibt es gleichfalls jüdische Organisationen, die Spenden an Bedürftige weitergeben. KKL oder Chabad sind nur einige von ihnen.

Wallfahrtsfeste

Im letzten Kapitel geht es um die Wallfahrtsfeste, für deren Opfer und Gebete Gott sich Jerusalem erwählte.
Für Pessach gilt das Gebot, das „Brot der Armut“ zu essen. Dieser Ausdruck findet sich in der Pessach-Haggada wieder. Die Mazzot sind nicht aufgeblasen wie Gesäuertes, weshalb sie an die Armut in Ägypten erinnern.
Das Omerzählen verbindet Pessach mit Schawuot, dem Wochenfest oder dem jüdischen Pfingstfest, da Pentecoste das griechische Wort für 50 ist. 49 Tage werden gezählt, der 50. Tag ist der Tag der Toraübergabe. Dieses Ereignis spielt hier keine Rolle, weil es um die landwirtschaftliche Bedeutung und die Opfer der Erstlingsfrüchte geht. Auch das Omer עומר war eine Maßeinheit für Getreide. Doch die Situation in Ägypten darf nicht vergessen werden.
Das dritte Wallfahrtsfest ist Sukkot, an dem Juden 7 Tage in Laubhütten wohnen. Wie die anderen zwei Feste ist es ein Erntefest, das in die zeitliche Nähe zum christlichen Erntedankfest fällt, welches mit Sicherheit in Sukkot seine jüdischen Wurzeln hat. Es ist ein fröhliches Fest wie Schawuot, denn es erinnert ebenfalls an die 40jährige Wüstenwanderung ohne jeglichen Mangel.
Den Männern oblag die Pflicht, zum Tempel zu pilgern, weil Frauen durch Schwangerschaft und Stillzeit nicht zu einer solchen Reise verpflichtet werden konnten. Sie durften es aber, wie wir von Samuels Mutter Hanna (1.Sam. 1) und von Jesu Mutter Miriam (Lk. 2,41ff) wissen. Diese Frauen liebten es, zum Haus Gottes zu gehen, wobei Hanna noch nach Schilo musste. Sie waren damit ihren Kindern ein Vorbild, auch wenn die religiöse Erziehung der Jungen später den Vätern oblag. Wie Hanna wird auch Miriam die Zeit des Stillens mit ihrem Kind zu Hause verbracht haben.
Die Wallfahrtsfeste haben bis heute eine große Bedeutung, aber der Tempel steht nicht mehr. Darum beten wir heute Abend wieder, wie jeden Tag, für seinen Wiederaufbau.


[1] Hanna Liss, Bruno Landthaler, Erzähl es deinen Kindern, Die Torah in fünf Bänden, Ariella Verlag, Band 5, S. 72

[2] Ebd. S.75

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