Erlösung

Im Gespräch mit Christen ist das Thema Erlösung das wichtigste, denn leider hält sich die Behauptung, Juden seien ohne Jesus Christus nicht erlöst und würden nicht erlöst. Bin ich als Jüdin erlöst oder habe ich meine Erlösung verspielt?

Ich sage als Jüdin: Ja, ich bin erlöst, weil Gott selbst der Erlöser ist. Christen sollten doch genau ihre Bibel lesen und beachten, dass die gesamte Idee der Erlösung aus dem Judentum stammt! Ohne diese Grundlage kämen sie gar nicht auf die Idee, dass es Erlösung überhaupt gibt!

Ps.34,23 ER gilt die Seele seiner Knechte ab [erlöst die Seele Seiner Knechte], nicht büßen werden alle, die sich bergen an ihm.[1]
Ps.71,23  Meine Lippen jubeln, wenn ich dir lobsinge, und meine Seele, die du erlöst [abgegolten ]hast.
Jes.43,1 Jetzt aber, so hat ER gesprochen, dein Schöpfer, Jaakob, dein Bildner, Jissrael, fürchte dich nimmer, denn ich habe dich ausgelöst [erlöst], ich habe dich mit Namen berufen, du bist mein.[2]

Von Anbeginn ist Gott Zufluchtsort seiner Geschöpfe. Zwar treibt ER das erste Menschenpaar aus dem Paradies, aber ER sorgt in allem für diese seine Menschlein. Kain wird trotz der Bluttat an seinem Bruder mit dem bekannten „Kainsmal“ vor Rache geschützt. Abraham erlöst der Ewige aus dem Götzendienst und macht aus ihm ein großes Volk, das IHN als den alleinigen Gott bezeugen wird, sodass Licht in die verdunkelte und verlorene Welt kommt. In Abraham geschieht so etwas wie eine Neuschöpfung, denn Gott holt ihn aus dem Chaos des Heidentums in Sein Licht und macht ihn zum Licht und Segen für die Völker.

Gen. 48,15 Dann segnete er Jossef und sprach: Der Gott, vor dem einhergingen meine Väter, Abraham und Jizchak, der Gott, der mich weidet, seit ich wese, bis auf diesen Tag, – 16 der Bote, der mich aus allem Übel erlöste [errettete], segne die Knaben! gerufen werde in ihnen mein Name und der Name meiner Väter, Abraham und Jizchak! fischgleich mögen sie wachsen zur Menge im Innern des Landes!
Diesen Segen beten Juden jeden Abend für ihre Kinder, an die die Treue Gottes in der Erlösung und Fürsorge weitergegeben wird.

Dtn. 7,7 Nicht deshalb, weil ihr zahlreicher wärt als alle Völker, hat Adonai Sein Herz euch zugewandt und euch erwählt — denn ihr seid das geringste unter allen Völkern —,  8 sondern weil Adonai euch liebte und weil er den Eid hielt, den er euren Vätern geschworen hatte, darum hat ER euch mit starker Hand herausgeführt und dich erlöst aus dem Haus der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. (vgl. 2.Sam. 7,23)
Dtn. 24,18  gedenke, daß du Knecht warst in Ägypten, ER dein Gott dich von dort abgegolten [erlöst ]hat, darum gebiete ich dir diese Sache zu tun.
2.Sam. 4,9 Dawid antwortete Rechab und Baana seinem Bruder, den Söhnen Rimmons des Beerotiters, er sprach zu ihnen: Sowahr ER lebt, der meine Seele aus aller Drangsal abgalt [erlöste]:
Sach. 10,6denn ich, der Ewige, bin ihr Gott und will sie erhören. 7 Und Ephraim wird sein wie ein Held, und ihr Herz soll frohlocken wie vom Wein. Ihre Kinder werden es sehen und fröhlich sein; ihr Herz wird sich freuen im Ewigen.  8 Ich werde sie herbeirufen und sie sammeln; denn ich habe sie erlöst; und sie werden so zahlreich werden, wie sie einstmals waren.

In der Schlachter-Übersetzung des Tanach findet sich 46 x das Wort „erlöst“, das Buber mit „abgelten“ übersetzt; 16 x das Wort „erlösen“, 6x „Erlösung“ und 6x „Erlöste“. Alle diese Stellen lohnen sich, nachzulesen. Gott erlöste und erlöst. Darauf kann sein jüdisches Volk sich bis in Ewigkeit verlassen.

Die Erlösung gilt dem jüdischen Volk, das Sein Knecht ist, das als Sohn oder Tochter von IHM gerufen wird oder konkret mit Jaakob und Jissrael genannt wird. Nirgends steht geschrieben, dass Gottes Erlösung oder Vergebung für Sein geliebtes, erwähltes Volk von einem später lebenden Jesus – Jehoschua abhängig sein würde. Es wird eine End-Erlösung am Ende der Tage durch den Maschiach[3] geben, der Frieden in der Welt schaffen wird. Aber dieser Maschiach ist eben der jüdische Maschiach. Und ohne Juden hätten Christen keine Idee von einem Messias oder Christus, heißt doch beides nichts anderes als „der Gesalbte“.

Gott erlöste Sein Volk aus der ägyptischen Sklaverei. Diese Befreiung und Erlösung wird bis heute und bis zur Ankunft des Maschiach von Juden in aller Welt jedes Jahr zu Pessach gefeiert. Und jedes Jahr stellt sich jeder Jude vor, er sei mit ausgezogen in der einen Nacht, in der Mosche[4] das Blut an die Türpfosten strich, damit der Todesengel vorübergehe. Brauchte Gott dieses Blut, brauchte ER das Opfer des Lammes, um zu wissen, wo die Hebräer lebten?[5]

Gewiss nicht! Nur Menschen brauchen solche erfahrbaren Zeichen. Die Hebräer sollten ihren Mut dokumentieren, dass sie bereit waren, das Lamm, das den Ägyptern ein Gott war, über dem Feuer zu braten, sodass ihre Fronherren den Affront riechen konnten. Und die Ägypter sollten erkennen, dass der Gott dieser Hebräer, der schon neun andere Zeichen geschickt hatte, Seine Kinder ermutigte und stärkte, sich im zivilen Ungehorsam gegen den Pharao und im Vertrauen auf den wahren Herrscher für ihren Aufbruch vorzubereiten.

So wirkt Gott! Solch eine Pädagogik schenkt Gott Seinem Volk, die es in den folgenden Generationen an seine Kinder anschaulich weitergeben kann. Gott gebietet, was zum ewigen Gedenken als Festtag gelten wird. Sogar die Speisen für dieses Fest finden sich im Buch Exodus.

Doch Gott erlöst umfassend. ER erlöst Davids Seele aus aller Bedrängnis. Er sorgt also dafür, dass seine Bedränger aufgeben und von ihm ablassen. ER sorgt dafür, dass Davids Seele wieder zum Frieden findet. So wird der Ewige in Zukunft die Kinder der Kinder Israel erlösen, wenn sie aus dem Exil herauskommen und in Freude und Jubel in ihre Heimat zurückgeführt werden. Erlösung ist zeitlos; sie umfasst alle Generationen.

Gott erlöst sogar vom Tod, wenn wir den Psalmbeter ernst nehmen:
Ps. 49,16 Meine Seele jedoch wird abgelten [יִפְדֶּה jifde – er wird erlösen] Gott aus der Hand des Gruftreichs [שְׁאוֹל Sche’ol – Totenreich], wenn er mich nimmt!

Ich glaube an den Gott, der die Welt erschaffen hat und jeden Tag Seine Schöpfung erhält. Ich glaube an den Gott, der mich anleitet, IHN nachzuahmen, z.B. im Tag der Ruhe, dem Schabbat[6]. Das ist dieser Tag, an dem ich IHM vertraue, dass ER mich nicht braucht, um Seine Schöpfung am Laufen zu halten. An diesem Tag liegt alles ausschließlich in Seiner Hand und ich darf mir Zeit nehmen, auf mein eigenes Werk der vergangenen Woche dankbar zurückzublicken und ganz in Sein Wort vertieft zu sein. Auch das ist Erlösung von der Hetze unserer Zeit.

Gott erlöst so umfassend, dass ein Jude Jesus nicht braucht. Christen brauchen ihn, weil sie aus den Heiden stammen und diese bis zu dem Zeitpunkt, als Jesus verkündet wurde, Polytheisten waren und von dem EINEN gnädigen Gott, der keine Besänftigungen braucht, wussten. Durch Jesus erfuhren sie vom Vater. Es ist nur tragisch, dass Christen sich überhoben, wovor Paulus in Röm. 9-11 eindeutig warnt.

Maschiach – Messias

Wer ist der Messias im jüdischen Sinn?

Das Wort Maschiach מָשִׁיחַ findet sich in der „Modernen Hebräischen Bibel“ 43-mal, das Wort „gesalbt“ in der  Buber-Übersetzung 56-mal. Es lohnt sich, die Stellen zu lesen. Wenn wir sie lateinisch-griechisch läsen, stünde dort „Christos – Christus“. Die erste Stelle findet sich in
Lev. 4,3 Sündigt der gesalbte Priester [הַכֹּהֵן הַמָּשִׁיחַ haKohen hamaschiach] zur Verschuldung des Volks, darnahe er ob seiner Versündigung, die er gesündigt hat, einen heilen Farren, einen Jungstier, IHM zur Entsündung.
Num. 7,10 Die Fürsten nahten die Rüstspende der Schlachtstatt dar, am Tag, da sie gesalbt ward, die Fürsten nahten ihre Nahung vor die Schlachtstatt dar.
1.Sam. 2,10 ER, die wider ihn hadern, zerknicken, sie stiegen zum Himmel, – er donnert. ER fällt Urteil über die Enden der Erde, daß er seinem König gebe den Sieg, den Scheitel seines Gesalbten erhebe.
1.Sam. 15,7 Schmuel sprach: Ists nicht so: Mochtest du auch klein sein in deinen Augen, du wurdest Haupt der Stäbe Jissraels, zum König hat ER dich über Jissrael gesalbt.
Jes. 45,1 So hat ER gesprochen zu Cyrus, zu seinem Gesalbten: Den ich faßte an seiner Rechten, Stämme vor ihm niederzustrecken, öffnend der Könige Hüftgurt, Türen vor ihm zu öffnen, Pforten, daß sie sich nicht mehr schließen,

Das Wort „Maschiach“ ist also nicht auf eine einzige Person gemünzt, sondern gesalbt wurden Priester, Könige und Künder (Propheten), sogar Kultgegenstände wie der Opferalter usw. Sie werden beide – Menschen wie Gegenstände – für ihr besonderes Amt ordiniert, geweiht, gesegnet und in besonderer Weise befähigt, ihren Dienst für Gott auszufüllen. Bei Jesaja sehen wir sogar einen heidnischen König, der „Gesalbter Gottes“ genannt wird.
Gott kann von „seinen Gesalbten“ auch in der Mehrzahl sprechen.
1.Chr. 16,22 Rühret nimmer an meine Gesalbten, meinen Kündern tut nimmer übel!

Juden erwarten einen Maschiach am Ende der Tage, aber die Frage ist nicht so sehr „Wer?“, sondern „Was tut er?“ Er wird eine besondere Sendung von Gott haben, die ihn befähigt, Frieden zu bringen sowie eine neue Weltordnung. Es geht mehr um eine messianische Zeit als um die Person. Wichtig ist, dass sie den Frieden bringt, sodass Löwe und Lamm zusammen weiden, weil der Löwe Stroh fressen wird (Jes. 11,6-9). Dass Menschen – Heiden und Juden – zum Tempel ziehen und ihre Schwerter zu Pflugscharen umbauen (Jes. 2,2-4). Die Königsherrschaft Gottes wird von allen Völkern anerkannt (Sach. 14,9). An dieser neuen Weltordnung ist jeder aufgerufen, mitzuarbeiten. Das geschieht durch Taten der Nächstenliebe und durch das Einhalten der Gebote, welche Lebensordnungen Gottes für uns sind.

In etlichen jüdischen Gebeten drückt ein Jude seine Sehnsucht nach dem Kommen des Maschiach aus. Erlöst ist er bereits, wie wir sahen, und auch der Sündenvergebung durch Gott ist er gewiss. Doch er sehnt sich nach dieser neuen Welt, in der deutlich wird, dass die Menschen eins sind und Gott eins ist. In der Neid, Hass und Gewalt keinen Platz mehr haben. Darum bekennt er mit Maimonides (12. Glaubenssatz):

„Ich glaube fest an das Kommen des Messias; und mag es auch noch so ferne scheinen, so hoffe ich doch täglich auf sein Kommen.“

Rabbi Michael Friedländer (29.4.1833 – 10.12.1910) schreibt dazu:

„Alle Attribute des Messias sind die eines menschlichen Wesens in seiner höchstmöglichen Vollendung. Keine übermenschlichen Eigenschaften werden ihm beigelegt; all sein Ruhm, all sein Erfolg ist abhängig von dem Willen Gottes. Er ist ein idealer Mensch und ein idealer König, doch nicht mehr; wenn Wunder geschehen sollen, so ist es nicht der Messias, der sie ausführen wird, sondern Gott, der Wunder vollbringt für den Messias und für Israel. Von der Ankunft des Messias wird nicht erwartet, dass sie die Natur des Menschen ändert, viel weniger den Lauf der Welt um uns. Der einzige Wandel, den wir erwarten, besteht darin, dass die Einheit Gottes allgemein anerkannt wird und Recht und Gerechtigkeit überall auf Erden blühen werden. Die an eine übermenschliche Natur des Messias glauben, machen sich des Götzendienstes schuldig.“[7]

Die messianische Zeit geht mit der Wiederaufrichtung des Davidischen Reiches und dem Wiederbau des Tempels einher. Und dieser muss die Reinigung des Herzens vorangehen und der ernste Entschluss, dem Worte Gottes zu gehorchen. Wir müssen also bereit sein, Gottes Wort bedingungslos zu folgen.

„Durch unsre Sünden haben wir unsren Tempel verloren; der Wiederaufbau des Tempels und die Wiedereinrichtung des Opferdienstes werden das Ergebnis unsrer eignen Läuterung und der darauf folgenden göttlichen Vergebung sein.“ (ebd.)

Die Tage der Endzeit bzw. des Kommen des Maschiach können nicht berechnet werden, sie sind Gottes Geheimnis. Die Worte in Daniel 12 sind ihm und den nachfolgenden Generationen verschlossen.

„Diese Worte Daniels sind eine Warnung an alle, die geneigt sind, mit den von Daniel angegebenen Zahlen das genaue Jahr des Messias berechnen zu wollen. Viele haben die Warnung nicht beachtet und sind in grobe Irrtümer verfallen. Pflicht des frommen Israeliten ist, Vertrauen auf Gottes Weisheit, Güte und Macht zu haben: »Der Fromme wird durch seinen Glauben leben« (Hab. 2,4).“ (ebd.)

Die Frage ist, ob Jesus der Maschiach sein kann. Ist seitdem Frieden eingekehrt? Der Maschiach der Juden wird ihnen Freiheit und Frieden bringen. Was geschah seit Entstehung des Christentums? Im Namen des Juden Jehoschuas, des leiblichen Bruders der Juden, wurde übermäßiges Leid über sie gebracht.

Im Judentum gab es bereits einige, die für den Messias gehalten wurden. Rabbi Akiba dachte das von Bar Kochba (er starb 135), dessen Aufstand jedoch niedergeschlagen wurde. Schabbtai Zwi (1626-1676) hatte viele Anhänger, die ihn für den Messias hielten, doch trat er später zum Islam über.

Wie die Ankunft des Maschiach unserer Mitwirkung bedarf und was das Wirken des Maschiach bewirken würde, verdeutlicht eine Geschichte aus den chassidischen Erzählungen von Martin Buber:

Ein Schüler kam zu seinem Rabbi und fragte ihn, ob der Maschiach schon da sei. Er entgegnete: „Ich sehe aus dem Fenster, und es hat sich nichts geändert. In der Welt gibt es noch keinen Frieden, also kann der Maschiach noch nicht gekommen sein.“
„Und warum nicht?“
„Weil wir heute so sind, wie wir gestern waren“, war die Antwort des Rabbis.

Gottes Geschenk vom Sinai

Den Schabbat hat der Ewige als Ruhetag in Seinem geoffenbarten Wort geboten, und zwar am Berg Sinai, als ER den Bund der Tora mit Seinem Volk schloss. Verbunden waren die Kinder Israel, vormals die Hebräer עיברי Iwri = Grenzgänger, Grenzüberschreiter, mit dem Ewigen seit Abraham durch den Bund der Beschneidung. Nun aber wird aus den ehemaligen hebräischen Sklaven Ägyptens ein ethisch geprägtes Volk, das unter dem Chaos des ihn umgebenden Heidentums und Götzendienstes aufleuchtet und Zeugnis ablegt für den Einen Gott.

Gott offenbart sich und schenkt Seinem Volk die Tora, die Weisung. Sie ist eine Wegweisung für die vielfältigen Wege im Leben der Kinder Israel. Gott stiftet innige Beziehung durch diese Weisung, denn in den Zehn Worten heißt es: „ICH bin der Ewige, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat. Du wirst keine anderen Götter neben MIR haben.“  Es gibt nicht diese Keule des strengen Wüstengottes mit einem „Du sollst!“ oder „Du sollst nicht!“ Nein, es ist ein klares „Du wirst“ oder „Du wirst nicht“, weil du MICH erlebt hast, weil du in unserer Beziehung des Vertrauens nicht anders kannst. Du hast die Götter Ägyptens erlebt, im Gegensatz zu ihnen erlebst du MICH. Du weißt, ICH BIN DA: E-heje! אהיה! ICH werde sein, der ICH sein werde! ICH werde dich immer so begleiten, wie du es brauchst; individuell und zeitgemäß.

Sogar nach der Sünde des goldenen Kalbes verwirft Gott Sein Volk nicht. Da tritt jemand für dieses Volk in den Riss und ist bereit sich zu opfern: Mosche. Niemand hatte eine größere Nähe zu Gott als er.

Ex.33,11 Der Ewige aber redete mit Mosche von Angesicht zu Angesicht, wie jemand mit seinem Freunde redet. 
Ex.14,31 Als Israel sah, wie gewaltig sich die Hand des Ewigen an den Ägyptern erwiesen hatte, da fürchtete das Volk den Ewigen, und sie glaubten an den Ewigen und an seinen Knecht Mosche.

Christen müssen verstehen, dass nicht nur Jesus, der eigentlich Jehoschua[8] heißt wie sein Lieblingsprophet Jesaja, wie Josua oder Hosea, eine innige Nähe zu Gott hatte. Abraham gegenüber verbarg Gott nicht sein Vorhaben, Sodom und Gomorra zu vernichten. Mit Mosche redete ER wie mit einem Freund. Auch diese Männer konnten sagen: „Ich und der Vater sind eins.“ Wer immer mit Gott solche Vertrautheit im Gespräch sucht, wird eins mit IHM. Von Abraham und Mosche lässt Gott sich in Seinen Entscheidungen umstimmen. Sie können auf den ihnen vertrauten Gott und Vater Einfluss nehmen.

Die Kinder Israel glauben an Mosche! Das war gemäß Gottes Willen, denn ER tat ihm Seinen Willen und Sein Wort kund, das Mosche verkündete.
Ex. 19,9 Da sprach der Ewige zu Mosche: «Sieh, ich komme in dichtem Gewölk zu dir, damit das Volk es höre, wenn ich mit dir rede, und sie auch an dich für immer glauben בְּךָ יַאֲמִינוּ לְעוֹלָם becha ja’aminu le’olam[Naftali Tur Herz-Sinai]

Die Tora ist das verbindliche Wort Gottes für Juden. Wie an der Festtagspraxis der biblischen Feste zu sehen ist, werden die Anweisungen genau befolgt. Dazu gehören die Erklärungen der Gebote Mizwot מִצְּוות im Talmud, welche eine Verbindung צוה z-w-a = zawa zu Gott als dem Hausherrn Seiner Schöpfung schaffen. Die Rabbiner übertragen Gottes Anweisungen in die praktische Anwendung im Alltag. Die verbindlichen Gebote sind in der Halacha zusammengefasst. Von den so bekannten 613 Ge- und Verboten gelten für den heutigen Juden maximal 143 Verbote & 76 Gebote, die mitunter noch geschlechterspezifisch unterschieden werden müssen. Viele davon sind auch Christen nicht unbekannt.

Was mir deutlich wurde im Laufe meines Lebens als werdende Jüdin, war die große Ernsthaftigkeit bei allem Tun. Besonders die Männer sind in die Befolgung der Mizwot eingebunden, weil Frauen mehr Freiraum für ihre Familie eingeräumt wird. Das Judentum ist nicht einfach Glaube, sondern praktizierter, gelebter Glaube im Alltag, basierend auf dem Tanach.

Wenn ich über das Wort Gottes nachdenke, das gerade in der Tora eine so große Verbindlichkeit darstellt, dass sie auch für Jesus nie an Gültigkeit verlor, macht es mich wütend, wie christlicherseits dieses Wort missbraucht und  – sicher manchmal unbewusst –  für Manipulation benutzt wurde und wird. Nehmen wir nur das oben zitierte Jesajawort (Jes.43,1). Wenn bei einem Abdruck in den Herrenhuter Losungen 2019 oder bei Lesungen die Namen „Jakob und Israel“ einfach weggelassen werden, dann wird nicht mehr deutlich, dass diese Erlösungszusage zu allererst den Juden gehört, nicht den Christen! Es wird unterschlagen, dass Juden erlöst sind. Die Substitutionstheologie lebt weiter, auch noch im 21. Jh. Das bleibt christliche Schuld, denn diese Art des Umgangs mit dem heiligen Wort Gottes über 2000 Jahre führte zum Judenhass und zum Judenmord! Und diese Schuld wird erst beendet, wenn die notwendigen, also die Not-wendenden Taten und Worte von der großen Theologie bis zur untersten Basis durchdringen, um das alte giftige Denken zu verändern und um Sensibilität und Bewusstheit für Juden  und Judentum als Gegengift zu jedem Antisemitismus zu schaffen.


[1] Ich benutze Buber, manchmal Schlachter, die ich beide korrigiere, weil es im Bibelhebräisch kein „sollen“ und keinen Konjunktiv gibt. Ebenso sind manche Worte nicht eindeutig übersetzt.
[2] Jaakob = hebr. Aussprache von Jakob; Jissrael = hebr. Aussprache von Israel
[3] Hebräische Aussprache für Messias, heißt auf Deutsch übersetzt: „der Gesalbte“, auf Griechisch und Latein „Christos“ resp. „Christus“. Es handelt sich um einen Titel, nicht um einen Namen.
[4] Hebräische Aussprache des Namen Mose
[5] Neben den anderen Hinweisen auf meine Pessach-Auslegungen gibt es hier noch den Hinweis auf Yuvals Pessach-Rätsel: https://deine-wurzel.de/pessach-raetsel/
[6] Hebräische Aussprache für Sabbat, den 7. Tag der Woche, dem Volk Israel gebotener Ruhetag.
[7] https://www.talmud.de/tlmd/ueber-den-messias/
[8] Jehoschua bedeutet: Gott (JHWH) wird retten

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