Predigtvorschlag für Sonntag, d. 6. Februar 2022

22Und alsbald drängte Jehoschua die Schüler, in das Schiff zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. 23Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein. 
24Das Schiff aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. 25Aber in der vierten Nachtwache kam Jehoschua zu ihnen und ging auf dem Meer. 26Und da ihn die Schüler sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. 27Aber sogleich redete Jehoschua mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht! 28Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Schiff und ging auf dem Wasser und kam auf Jehoschua zu. 30Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Meister, rette mich! 31Jehoschua aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32Und sie stiegen in das Schiff und der Wind legte sich. 33Die aber im Schiff waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

Mt. 14,22-32

Jehoschua hatte 5000 Männer gespeist und entlässt sie nun mit ihren Frauen und Kindern in der Fürsorge eines Rabbis. Dazu braucht er seine Schüler nicht mehr, weshalb er sie vorausschickt auf die andere Seite des Sees, wo sie sich später treffen wollten. Das Abschied nehmende Volk entlässt Jehoschua sehr wahrscheinlich mit einem Wort der Tora und einem Segen. Und natürlich wünscht er sich, dass die Anwesenden etwas über Gott erfahren haben und das Gelernte im Alltag umsetzen.
Er könnte seine Zuhörer an das Wunder von Elischa erinnern, der 100 Menschen während einer Hungersnot versorgte und noch Speise übrigbehielt. (2.Kö. 4,42-44)
Oder sie sollten lernen, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt:
Dtn. 8,3 Und er demütigte dich und ließ dich hungern und speiste dich mit dem Manna, das weder du noch deine Väter gekannt hatten, um dich erkennen zu lassen, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern dass er von all dem lebt, was aus dem Mund des Ewigen hervorgeht.

Nachdem ihn das Volk und seine Schüler (תַּלְמִידים talmidim) verlassen hatten, nutzte Jehoschua die Abendstunden für das Ma‘ariw-Gebet מַעֲרִיב, Erew עֶרֶב (Abendgebet) und für seine persönlichen Gebete, die ihn mit seinem Gott verbanden. Dazu stieg er nach dem Vorbild Mosches auf einen Berg. Berg heißt in der Muttersprache Jehoschuas har הָר, was auf die Bedeutung von lehorot לְהוֹרוֹת = unterrichten, anweisen hinweist und auf die Tora תּוֹרָה = die Weisung Gottes. Da Jehoschua die Tora lehrt, geht er seinerseits zum Beten und Lernen auf einen Berg.

Das Schiff mit den Schülern war auf See Genezareth in Seenot geraten. Das Schiff heißt auf Hebräisch אֳנִיָּה Onija. In Onija steckt אֲנִי ani = ich, sodass wir sagen können, dass die Schüler Jehoschuas in ihrem eigenen Ich auf dem See unterwegs waren. Im Sturm vergessen sie ihr Vertrauen auf Gott. Sie müssen erkennen, dass sie mit ihrem Ego im Sturm nicht weiterkommen.

Erst in der vierten Nachtwache kommt ihr Meister über das Wasser zu den verängstigen und abgemühten Männern. Vier ist die Zahl der Materialität, der Zeitlichkeit. Die Zahl begegnet uns als der Zahlenwert von m = מ, der das Wort מַיִם majim = Wasser verkörpert oder im Wort יָם jam = Meer vorkommt, denn im Hebräischen heißt der See Genezareth wörtlich das Meer Kinneret. Jehoschua geht auf dem Meer, weil er über der Materie und der Zeitlichkeit steht. יָם jam schreibt sich in Zahlen 10 – 40, was die Quersumme 5 ergibt. Das heißt, dass Jehoschua über die Zeitlichkeit hinausgeht in die Jenseitigkeit.
Wir können auch sagen, dass die Worte der Tora, der 5 Bücher Mosches, ihn tragen, ihn die Materie überwinden lassen wie auch Mosche das Wasser in Gottes Auftrag spalten und durchschreiten konnte.

In der vierten Nachtwache kommt Jehoschua, in den ersten Morgenstunden, im Übergang von der Finsternis zum Morgengrauen. Es ist die Zeit, da die Hoffnungslosigkeit am größten ist. Da kommt er und versetzt seine Schüler in Furcht, weil sie nicht mit ihm rechnen, nicht auf Gottes Hilfe warten. Er erscheint ihnen wie ein Gespenst, doch er ruft ihnen das bekannte Wort zu: Fürchtet euch nicht! So ermutigte Mosche das Volk immer wieder, auch als es vor dem Schilfmeer stand und die Ägypter im Rücken wusste.

Jehoschua konnte „Ich bin es“ sagen, denn er hatte in der Zeit des Gebets sein Ego Gott unterstellt. Aber Petrus, der seinen Meister nachahmen wollte und von der Onija sprang, war noch ganz dominiert von seinem großen Ich. Er musste untergehen, weil der Sturm und die Wellen seinen Blick gefangen hielten und seine Angst steigerten, bis Jehoschua ihn ergriff und ihn mit dem starken, ausgestreckten Arm Gottes rettete. So erfuhr Petrus dieselbe Rettung wie das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten. Auch dort geschah die Rettung durch den starken Arm Gottes.
Dtn. 26,8 und der Ewige führte uns aus Ägypten mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm und mit gewaltigen, furchtgebietenden Taten und durch Zeichen und durch Wunder,
Petrus musste sich der Frage stellen, warum er zweifelte. Er war mit seinen Zweifeln in der Zweiheit, nicht in der Einheit Gottes.

Erst als sie das Schiff betraten, legte sich der Wind. Als die Kinder Israel ihre Füße ins Wasser setzen, öffnete sich der Weg durch das Meer. Es braucht das Vertrauen in Gott, das Jehoschua durch seine enge Beziehung mit dem Vater mitbrachte. Er kündigte seinen Schülern bei einer anderen Gelegenheit an:
Joh.14,12 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke, die ich tue, auch tun und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater,

Wenn Petrus und seine Mitstreiter also dem Vater vertrauen würden, würden sie genauso handeln können wie ihr Meister. Darum wollte Jehoschua sie diesen Glauben lehren und sie darin stärken.

Als alle wieder sicher im Schiff waren, verneigten seine Schüler sich. Das konnten sie nur vor Gott tun, denn kein Jude verneigt sich vor einem Menschen! Wir erinnern uns an Mordechai oder Daniel.
Est. 3,5 Als nun Haman sah, dass Mordechai die Knie nicht vor ihm beugte und nicht vor ihm niederfiel, da wurde er mit Wut erfüllt.
Dan. 6,14 Da antworteten sie und sprachen vor dem König: Daniel, einer der Weggeführten von Juda, nimmt keine Rücksicht auf dich, o König, und achtet nicht auf das Verbot, das du unterzeichnet hast, sondern er verrichtet dreimal am Tag sein Gebet!

Als gehorsame Juden wussten die einen damals und die anderen im Schiff, dass Gott gerettet sie hatte. Darum gilt diese Dankesbezeugung dem höchsten und einzigen Gott.

Die Schüler erkannten gleichermaßen, dass Jehoschua ihnen den Glauben an den Vater vorlebte. Darum sehen sie in ihm einen Sohn, der in vorbildlicher Weise seine Beziehung zu Gott pflegte. Durch die Taten wurde Jehoschua nicht mehr Sohn Gottes בֶּן-אֱלֹהִים Ben Elohim als seine Schüler, denn wie gesagt, wer seine Beziehung mit Gott nach dem Vorbild Jehoschuas pflegt, kann sogar noch größere Dinge tun als dieser.

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