Predigttext vorgeschlagen für Sonntag, d. 10. Okt. 2021

Der vorliegende Predigttext befasst sich mit einem Thema, dass uns alle bewegt: Krankheit und Genesung. Der König Hiskia lag krank darnieder und flehte zu Gott, der ihn heilte. Die Worte nach seiner Genesung schrieb er im vorliegenden Text nieder.

Doch zuerst müssen wir Hiskia חִזְקִיָּה Chiskija etwas genauer kennen lernen. Sein Name bedeutet: die Stärke Gottes von חָזָק chasak = stark und der Endung ~ja für den Namen Gottes. Er war der Sohn des bösen Königs Achas von Jehuda = Gott ergreift mich, und Sohn der Abi(ja) = mein Vater (ist Gott), eine Tochter Sacharjas = Gott gedenkt oder wir gedenken Gottes. Leider ist es bei den Königen oft der Fall, dass sie die Bedeutung ihres Namens, der ihnen Kraft geben kann für ihr verantwortungsvolles Amt, nicht verstehen.

Wir erfahren von Chiskija in 2. Kö.18, dass er 14 Jahre seinen Dienst als König gottgefällig ausführte. Die Zahl 7 spielt eine große Rolle bei ihm, denn 14=2×7; zudem war er bei seinem Amtsantritt 25 Jahre alt, was die Quersumme 7 ergibt. Er lebte in der Kraft der 7, des vollkommenen, abgeschlossenen Zykluses. In dieser Zeit schaffte er den Götzendienst ab und ging vertrauend in den Wegen Gottes.

Dann aber beginnt sein 14. Regierungsjahr und es kommt zu einer Konfrontation mit dem König von Assyrien. Und genau hier verlässt Chiskija sein Vertrauen. Dem König von Assyrien, einem Menschen, sagt er:
2.Kö. 18,14 Ich habe mich versündigt! Ziehe ab von mir; was du mir auferlegst, das will ich tragen! Da legte der König von Assyrien Chiskija, dem König von Juda, 300 Talente Silber und 30 Talente Gold auf.
Er macht sich einem Menschen, noch dazu einem Heiden gegenüber, klein und angreifbar. Er wird erpressbar! Denn bei den Summen an Gold und Silber wird es nicht bleiben. Chiskija ist sogar bereit, Geld und Wertgegenstände aus dem Tempel, dem Haus Gottes, zu entfernen und sie dem heidnischen König zu geben!
Allein die Zahl 3 lässt erahnen, dass Gott eine Wende herbeiführen wird.

Vorerst aber kommen Abgesandte dieses Königs und stellen neue Forderungen. Dabei rühmen sie sich ihrer Kriegserfolge und lästern Gott. Sie raten Chiskija, nicht auf andere Könige und nicht auf seinen Gott zu vertrauen, denn das Vertrauen der Heidenvölker auf ihre Götter war ebenso vergeblich.
Jetzt ist Chiskija wach und ruft Jesaja um Hilfe an, dann auch Gott. Chiskija geht in Sack und Asche, sodass Gott ihm zusagt, allein den Kampf gegen Assyrien zu führen. Als er einen Brief mit Verunglimpfungen Gottes aus Assyrien bekommt, betet er im Tempel zu Gott.

Zu dem allen wäre es gar nicht erst gekommen, wenn Chiskija sich nicht so unterwürfig gegenüber dem Heidenkönig verhalten hätte. Gottes Stärke und Sieg hätten auch zu Beginn der Konfrontation auf Seiten Chiskijas gestanden. Nun, da Gott spät gerufen wurde, war es doch nicht zu spät, denn der gütige Gott erbarmt sich Seines Volkes.
Jes. 37,36  Und der Engel des Ewigen ging aus und erschlug im Lager der Assyrer 185 000 Mann. Und als man am Morgen früh aufstand, siehe, da waren diese alle tot, lauter Leichen.
Der Assyrerkönig wurde in seinem Götzentempel schließlich von seinen Söhnen erschlagen.

Die Geschichte ging noch einmal gut aus, da wird Chiskija todkrank und bekommt von Jesaja die Nachricht, dass er sterben wird und sein Haus bestellen möge. Nach 14 Jahren, die er Gott überwiegend im Vertrauen diente, hat Gott das Ende seines Lebens beschlossen und gibt ihm die Möglichkeit, seinen Nachlass zu verwalten sowie einen Nachfolger zu bestimmen, da er keine Kinder hatte.
Ist diese Aussicht auf den Tod wirklich so schrecklich? Abraham und Mosche wussten, dass sie zu ihren Altvorderen versammelt wurden. Wenn man auf erfolgreiche Jahre zurückblicken kann, ist dieser Ausblick tröstlich und könnte zu dankbarer Demut führen.

Doch Chiskija betet und fleht zu Gott, führt sein Gottvertrauen an und wird erhört. Genesen schreibt er die Zeilen des Predigttextes nieder.

Mich irritiert, dass er sich von Gott seiner guten Jahre beraubt sieht. Beraubt uns Gott oder wäre nicht Dank für die geschenkten Jahre angebracht? Gott gab uns das Leben, ER hat das Recht, es jederzeit zu nehmen, ohne IHN des Raubes zu bezichtigen. Und wissen wir, weiß Chiskija, welcher Qualität die noch kommenden Jahre sein werden?

Im Gebet stellt er sich mit dem Psalmisten gleich, der nach jüdischer Tradition David ist. David durchlebte viele harte und schmerzhafte Situationen, aber Gott hatte ihm nie solche Worte gesagt, er würde sterben und müsse sein Haus bestellen, gegen die er sich auflehnte.

Er stellt sich mit Hiob gleich, den Gott schwer prüfte. Wenn Chiskija aber schon von einem Hirtenzelt spricht, denkt er dann nicht an den guten Hirten, der ihn im Leben und im Tod begleitet? Er fühlt seinen Lebensfaden abgeschnitten, fühlt sich zerfleischt wie von einem Löwen. Warum dehnt er die Erinnerung an seine Krankheit so aus, badet gleichsam in ihr? Er ergeht sich in vielen Worten der Selbstbetrachtung, anstatt wenige Worte bezüglich seines Versagens zu gebrauchen. Davids Worte nach seinem Ehebruch gehen zu Herzen, denn er bekennt seine Schuld unumwunden:
2. Sam. 12,13 Da sprach David zu Nathan: Ich habe gegen den Ewigen gesündigt! Nathan sprach zu David: So hat auch der HERR deine Sünde hinweggenommen; du sollst nicht sterben!
Ebenso ist Psalm 51 ein gutes Beispiel für eine Umkehr zu Gott. David weiß, dass Gott ihn neu erschaffen muss, damit er in Zukunft in Gottes Wegen gehen kann, darum betet er:
Ps. 51,12 Ein reines Herz schaffe [בְּרָא bara] mir, Gott, einen auf dich ausgerichteten Geist [רוּחַ נָכוֹן ruach nachon] erneue [חַדֵּשׁ chadesch] in meinem Innern!

Doch dann ringt sich Chiskija endlich durch zum Dank und zum Wunder seines Lebens, dass Gott ihm neu schenkte. Zumindest kann er bekennen, dass das bittere Leid ihn zum Frieden führte, dass ihm das scheinbar Böse zum Guten diente. Eingedenk dieser Erfahrung will er nun sein Leben leben.

Sein Gebet kann man mit dem Gebet Jonas im Walfischbauch vergleichen, denn auch Jona bleibt mit seinen Rezitationen der Psalmen an der Oberfläche seines persönlichen Lebens. Auch er kann sich nicht zu einem Bußgebet durchringen.

Chiskijas gute Vorsätze scheitern alsbald. Im nächsten Kapitel bekommt er Geschenke anlässlich seiner Genesung vom babylonischen König. Er hat nichts Besseres zu tun, als seinen ganzen Reichtum den babylonischen Boten zu zeigen. Kein Wort verliert er über Gottes gnädiges Wirken! Er bleibt im Äußerlichen stecken.
Jes. 39,2 Und Chiskija freute sich über sie und zeigte ihnen sein Schatzhaus, das Silber und das Gold und die Spezereienund das kostbare Öl und sein ganzes Zeughaus, samt allem, was sich in seinen Schatzkammern vorfand. Es gab nichts in seinem Haus und im ganzen Bereich seiner Herrschaft, das Chiskija ihnen nicht gezeigt hätte.

Jesaja macht ihm deshalb Vorhaltungen und verkündet ihm das Wort Gottes:
Jes. 39,6 Siehe, es kommt die Zeit, da alles, was in deinem Haus ist und was deine Väter bis zu diesem Tag gesammelt haben, nach Babel weggebracht werden wird; es wird nichts übrig bleiben! spricht der Ewige. 7 Und von deinen Söhnen, die von dir abstammen werden, die du zeugen wirst, wird man welche nehmen, und sie werden Kämmerer sein im Palast des Königs von Babel!
Doch seine Reaktion darauf lässt dem Leser den Atem gefrieren:
Jes. 39,8 Da sprach Chiskija zu Jesaja: Das Wort des Ewigen, das du geredet hast, ist gut! Denn, sprach er, es wird ja doch Friede und Sicherheit sein zu meinen Lebzeiten!

Welchen Gewinn hatte Chiskija von der geschenkten Lebenszeit? Das Vertrauen zu Gott, das wir aus seinen ersten 14 Amtsjahren kennen, gewinnt er nicht zurück. Die 2×7 vollen Jahre waren vorbei, auch wenn er noch Kinder zeugte. Doch der Sinn des Lebens bemisst sich am Gehen mit Gott. Und die Zeit hatte er, und hat sie am Ende verspielt. Seine 15 Lebensjahre, die er noch bekommen wird, ergeben in der Quersumme 6. Damit bleibt diese Zeitspanne unvollkommen, im Gegensatz zu den 2×7 zeitlich vollkommenen Jahren.
Andererseits deuten sie auch auf ein Teil von Gott hin, denn von JHWH hat J den Zahlenwert 10 und H den Zahlenwert 5.

Das Wort חֹלִי choli = Krankheit hat die gleiche Sprachwurzel wie Alltag oder Sand. Krankheit hat nach biblischem Verständnis seine Ursache im Profanen, im Gewöhnlichen, das wie Sand durch die Finger rinnt. Bei Chiskija lesen wir aber nichts von Heilung רְפוּאָה refu’a im Sinne von stark werden, sondern von יְחִי je’chaije = wiederbeleben.

Sein Leben wird verlängert, aber es bekommt nicht mehr Qualität, weil er das Bewusstsein für sein Versagen vor Gott nicht hatte.

Was lernen wir daraus? Psalm 90 spricht ebenfalls von der Vergänglichkeit unseres Lebens und fordert uns auf, zu erkennen, dass unsere Tage zählbar sind. Daraus können wir ableiten, jeden Tag als Geschenk zu sehen, nicht erst, wenn wir um die Länge unseres Lebens fürchten. Wir können so unser Leben zu dem Zeitpunkt abschließen, den Gott für richtig hält.

ER kennt uns und unser Herz, und ER weiß, was wir mit den Tagen unseres Lebens anfangen. Vielleicht müssen wir mit uns selbst, mit Menschen oder mit Gott noch Dinge klären und ins Reine kommen, vielleicht noch etwas für unsere Seele lernen. Auf jeden Fall gilt, ehrlich und aufrichtig mit Gott zu reden und sich vertrauensvoll in Seine Hand zu begeben.

Gott weiß, wann wir in Ruhe und Frieden unser Leben beenden können. In das Leben nach diesem Leben wird uns der gute Hirte zur rechten Zeit begleiten.

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