Damit ist einerseits die Jahreszeit gemeint, in die das Fest fällt. Der Winter ist meistens grau, trübe, nass. 2024/25 fand das Fest sogar in den kürzesten Tagen des Jahres statt. Und da es sich nach dem Mondkalender richtet, fällt es immer auf die Nächte mit abnehmendem Mond bis hin zum Neumond, denn es dauert vom 25. Kislew bis zum 2. Tewet. In diesem Jahr gab es interessante Koinzidenzen.
- Die erste Kerze zündeten wir an der Chanukkia am Abend des 1. Weihnachtsfeiertages an.
- Das Ende des neuen Monats Kislew, was gleichzeitig der erste Tag von Rosch Chodesch (neuer Monat) war, fiel auf Silvester und der 1. Tewet – der zweite Tag des neuen Monats im jüdischen Kalender – auf Neujahr.
- Damit fiel in die Zeit von Chanukka auch die Beschneidung Jehoschuas (Circumcisio domini; Pinchas Lapide) am 1. Januar, in den Kirchen ein häufig vergessenes Fest
- Die 8. Kerze in der Chanukkia wurde am 1. Januar 2025 angezündet
Andererseits ist mit der dunklen Zeit die momentane Situation in der Welt gemeint und speziell die Situation in und um Israel. Der Krieg im Heiligen Land dauert nun länger als ein Jahr. Die letzten Geiseln sind immer noch in der Hand der brutalen Terroristen.
Und wie sah die Situation in Israel zur Zeit der Makkabäer aus? Nachdem Alexander der Große sehr freundlich zu den Juden war und sie ihn dadurch ehrten, dass sie ihren neugeborenen Jungen den Namen Alexander gaben, wollten die Seleuziden später kein jüdisches Leben in ihren Grenzen dulden. Zwar trachteten sie den Juden nicht offensichtlich nach dem Leben, aber sie verboten die Einhaltung der jüdischen Gebote, des Toralernens und –lehrens, des Tempelgottesdienstes und der damit verbundenen Opfer, die Einhaltung des Schabbat und der jüdischen Feiertage, der Beschneidung … Laut 1.Makk. 1,65 und 2. Makk. 6 wurden Menschen unter Androhung des Todes gezwungen, Schweinefleisch zu essen. Ebenso hatten die Seleuziden den Tempel verunreinigt und entweiht, indem sie unreine Tiere und Schweine ins Heiligtum trieben (1.Makk. 1,50).
Durch all diese unerträglichen Gebote sollten letztlich die griechische Kultur, die griechischen Götter und der heidnische Götzendienst verbreitet und eingehalten werden. Hatten sich einige Juden mit dem Hellenismus angefreundet, so wurde durch diese Gebote das jüdische Leben unmöglich und die Schmerzgrenze überschritten.
Der Sieg der Makkabäer über die Seleuziden gab den Juden ihr Leben zurück. Die kleine Schar mutiger Männer um Judas Makkabäus eroberte Jerusalem zurück und somit den Tempel. Sie begannen, ihn zu reinigen und ihn schnellstmöglich wieder einzuweihen. Dazu benötigten sie Olivenöl für die Menora, die täglich brennen musste. Und sie fanden eine kleine Menge Öl in einem versiegelten Krüglein, das für einen Tag reichte. Doch das entmutigte sie nicht! Gab es nicht das Mehl- und Ölwunder Elijahus bei der Witwe in Sarepta (1. Kö. 17) und das Ölwunder Elischas bei der armen Witwe in 2.Kö 4,1-7?
Und wirklich, die kleine Menge Öl reichte 8 Tage aus, bis neues, reines Öl hergestellt war! Welch ein Glaubensmut steckte hinter dieser Entscheidung! Die Priester waren bereit, Gott ihre Dankbarkeit für den Sieg und die Wiedererlangung des Heiligtums zu zeigen, indem sie dafür die einzige Portion Öl einsetzten. In der Eins steckt verborgen der Hinweis auf den EINEN Gott, der in diesem Haus wohnte. Und so ließ dieser EINE sie das Wunder der Ölvermehrung erfahren.
Der Mut zum Anfang, zum ersten Schritt, das Vertrauen auf den Schöpfer allen Seins ist immer wieder eine Herausforderung. Alles beginnt mit dem ersten Schritt, jeder Spaziergang, jede Wanderung, aber auch jede tiefgreifende Entscheidung, die uns manchmal aus unserer Komfortzone herausruft. Wagen wir unseren ersten Schritt und Gott wird uns weiter führen.
In der achttägigen Dauer des Festes liegt die Botschaft der Transzendenz. Hinter unserer sichtbaren Welt steht der unsichtbare Schöpfer. ER gestaltete das Licht und schuf die Dunkelheit aus dem Nichts. Das Licht war in IHM schon immer da, denn ER ist Licht. ER gestaltete das Licht so, dass es für unsere Erde und die auf ihr lebenden Menschen erträglich wurde. So, wie wir nicht in die Sonne sehen können, ohne unser Augenlicht aufs Spiel zu setzen, können wir die Herrlichkeit und Lichtgestallt unseres Gottes nicht ertragen.
So beten wir es im Morgengebet:
„Gelobt bist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der das Licht gebildet יוֹצֵר jozer und die Finsternis erschaffen בוֹרֵא bore, er macht עֹשֶׂה osse Frieden und erschafft alles.“
Die Dunkelheit jedoch schuf Gott aus dem Nichts (בוֹרֵא bore), denn sie dient als Polarität zum Licht, gibt uns Lebewesen unseren Lebensrhythmus. Die Dunkelheit beinhaltet auch das Böse, die lichtscheuen Gesellen, wie sie einst hießen. Die Dunkelheit kann uns Angst machen, wenn wir keine Orientierung haben. In der augenblicklichen Lage in der Welt halten wir Ausschau nach hoffnungsvollen Nachrichten, und die gibt es, wenn auch nicht in den öffentlichen Medien.
Gerade in der Dunkelheit scheinen unsere Chanukka-Kerzen und erinnern uns, dass Gott in tiefster Finsternis und Verzweiflung Hilfe und Erlösung schenkt. ER erinnert uns, dass ER die Zeit in Seinen Händen hält und dass der Verlauf der Geschichte IHM unterliegt.
„Für die Wunder, die Befreiung, die Ruhmestaten, die Siege und die Kämpfe, die du für unsere Väter vollbracht in jenen Tagen zu dieser Zeit, in den Tagen des Mattitjahu, Sohnes des Jochanan, des Hohenpriesters, des Haschmonäers und seiner Söhne, als das frevelhafte griechische Reich gegen dein Volk Israel aufstand, sie deine Lehre vergessen und die Satzungen deines Willens übertreten zu machen. DU aber in deinem großen Erbarmen standest ihnen bei in der Zeit ihrer Not, strittest ihren Streit, führtest ihre Rechtssache, vollzogst für sie Vergeltung, gabst Starke in die Hand von Schwachen, Viele in die Hand Weniger, Unreine in die Hand Reiner, Frevler in die Hand Gerechter, Trotzige in die Hand derer, die sich mit deiner Lehre beschäftigten. Und DIR schaffst DU einen großen und heiligen Namen in deiner Welt, und deinem Volk Israel verliehest DU einen großen Sieg und Befreiung wie an diesem Tage. Nachher kamen Deine Söhne in das Innere Deines Hauses, schafften (den Götzendienst) fort aus Deinem Palaste, reinigten Dein Heiligtum, zündeten Lichter an in den Höfen Deines Heiligtums und setzten diese acht Tage des Weihefestes ein, Deinem großen Namen zu danken und Lob zu spenden.“ (Einfügung der Amida, Siddur)
So erwarten wir auch jetzt die Befreiung von den Feinden, die Israel nicht nur mental – wie einst die Griechen-, sondern ausdrücklich physisch ausrotten wollen. Es wird ihnen nicht gelingen, weil Israel Gottes Volk auf ewig ist. Das werden sogar die Uneinsichtigsten eines Tages einsehen müssen. Wie Gott den Sieg über all die Völker gab, die heute nicht mehr existieren, die im „Mülleimer der Geschichte“ landeten – Kanaaniter, Babylonier, Perser, Seleuziden … – so werden alle die verschwinden, die sich am Augapfel Gottes vergreifen.
Die Acht verschafft uns zu diesem Fest den Brückenschlag zur Beschneidung Jehoschuas. Dieser Anlass ist manchem Kirchenbesucher vielleicht aus dem Blick gekommen, doch ist dieses neutestamentliche Zeugnis sehr wichtig. Durch die Beschneidung wissen wir mit Bestimmtheit, dass Jehoschuas Eltern observante Juden waren und die Gebote der Tora ohne Einschränkungen einhielten. Wie das Gebot an seinen Ahnherrn Abraham ergangen war, wurde er wie Jizchak am 8. Tag beschnitten und in den Bund mit Gott als vollwertiger Jude aufgenommen. Er bekam den Namen Jehoschua יְהוֹשֻׁעַ = ER (der Ewige) wird erlösen, erretten. Nach 30 Tagen wurde er ausgelöst nach dem Gebot Gottes, das durch Mosche dem Volk gegeben worden war.
Jehoschua wurde dementsprechend von gottesfürchtigen Juden erzogen und gelehrt. Darum liebte er den Schabbat, die jüdischen Feste, wozu auch Chanukka, das Tempelweihfest, gehörte. Sein Leben lang gab er sich seinem Gott hin, dem er sich sehr nah fühlte. Er suchte die Diskussionen mit den Mischna-Vätern und lehrte Gottes Wort und die Rückkehr zum VATER.
Die 8 Kerzen, die in wachsender Folge entzündet werden, zeigen uns, dass unser Leben ein Fortschreiten ist, ein Wachstum, das Geduld braucht. Das volle Licht entfaltet sich erst am 8. Tag. So fängt in unserem Leben die Hoffnung auf Neues, auf Erfolg mit dem ersten Schritt an und entfaltet sich dann im Laufe der Zeit. Wachstum, Heilung, Neuanfang, Veränderung brauchen ihre Zeit. Dazu ermutigen uns die Kerzen von Chanukka, das zunehmende Licht während der 8 Tage. Am ersten Tag mit dem Entzünden der 1. Kerze hatten die Priester keine Ahnung, dass das Öl so lange ausreichen würde, auch nicht am zweiten und den folgenden Tagen. Aber ihr Vertrauen und ihr Mut wurden belohnt. Sie ließen Gott jeden Tag das Wunder erweitern, bis wieder Öl verfügbar war.
Das Ölwunder hat gleichfalls Bezug zur Eigenschaft von Öl, das sich nicht vermischen lässt. Die Makkabäer hatten sich geweigert, ihren Glauben mit fremden Einflüssen zu vermischen. Sie hatten für die Reinheit ihres Glaubens gekämpft. So ließ Gott sie diese einzigartige Erfahrung machen.
Während des Chanukkafestes gibt es immer einen Monatswechsel, der in der Bibel als eine Art kleiner Feiertag geboten wird, wie ich im Aufsatz von Rosch Chodesch ausgeführt habe. https://deine-wurzel.de/rosch-chodesch-der-neue-monat/
In diesem Jahr fielen der jüdische und säkulare neue Monat zusammen, sodass wir alle die Dunkelheit und das Licht erlebten, erfahren können, wie das zunehmende Licht uns Hoffnung gibt. Durch den Segen des neuen Monats Tewet wurde indirekt der Monat Januar mit gesegnet.
„Unser Gott und Gott unserer Väter, es steige empor, komme und gelange, werde sichtbar und wohlgefällig ausgenommen, gehört und bedacht und bleibe in Erinnerung unser Gedenken und unsere Erhörung, das Gedenken unserer Väter, das Gedenken des Gesalbten, des Sohnes Davids, deines Knechtes, das Gedenken Jeruschalaims, deiner heiligen Stadt, und das Gedenken deines ganzen Volkes, des Hauses Israel, vor dir zur Errettung und zum Glücke, zur Gunst, zur Gnade und zum Erbarmen, zum Leben und zum Frieden am Tage des Neumondes. Gedenke unser. Ewiger, unser Gott, an ihm zum Glücke, erhöre uns an ihm zum Segen und hilf uns an ihm zum Leben und durch das Wort des Heils und des Erbarmens schone und begnadige uns und erbarme dich über uns und hilf uns, denn zu dir sind unsere Augen gerichtet, weil du Gott, ein gnädiger und barmherziger König bist.“
So wünsche ich uns gemeinsam, dass unsere Hoffnungen und Gebete uns zu guten Nachrichten in 2025 führen.
Ich möchte meine Leser gerne auf die Gedanken zu Chanukka meines Mannes Yuval Lapide auf seiner Webseite aufmerksam machen.