Schabbat 4. Adar 5780; Februar 29, 2020

Gottes Heiligtum

In dieser Parascha geht es um den Bau der Stiftshütte.
2.Mo 25:8 BRU   Ein Heiligtum sollen sie mir machen, daß ich einwohne in ihrer Mitte.
Gott gibt die komplette Anleitung für ein materielles Gebäude, dessen Vorbild in Seinem himmlischen Reich existiert und das ER Mose zeigt. (25,9)
Nach den Geboten, die das Volk für sein Zusammenleben in der Freiheit braucht, rückt nun der Gottesdienst ins Zentrum der Worte Gottes an Mose auf dem Sinai.
Gott will ein Haus auf Erden, in dem ER wohnen will? Wozu braucht Gott ein Haus. Die Erde ist der Schemel Seiner Füße!
Jes 66:1 : ZUR  SO spricht der Herr: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße. Was wäre das für ein Haus, das ihr mir bauen wolltet, und welches wäre die Stätte meines Wohnens?
Das sind deutliche Worte, die der Prophet Jesaja zu verkünden hatte. Warum aber bekommt Mose die Anleitung zum Bau des Stiftszeltes und sogar für den Tempel, der erst sehr viel später gebaut werden soll?
Schauen wir uns zuerst die Worte in der Wüste an. Dieses Haus Gottes ist ein Haus, mit dem Gott in der Mitte Seines Volkes leben will. ER will für Sein Volk präsent und sichtbar sein, weshalb die Anordnung folgen wird, dass sich die 12 Stämme, immer zu dritt um das Stiftszelt herum an den vier Himmelsrichtungen orientiert, lagern werden. Gottes Haus ist also ganz real in der Mitte des Volkes lokalisiert.
Aber es gibt noch eine Besonderheit: Gott lässt ein Haus bauen, damit ER in ihnen wohnen kann! Grammatikalisch liegt hier doch ein Fehler vor! Wie wird aus der Einzahl die Mehrzahl? בְּתוֹכָם = betoch-hem kann sich darauf beziehen, „dass ich in ihrer Mitte wohne“, aber es kann auch bedeuten: „dass ich in ihnen wohne“. Somit wird jeder einzelne zu einem Tempel Gottes, den Gott heiligt, wenn Er in diesem Menschen wohnen darf. „Gott wohnt dort, wo man ihn einlässt“, so drückte es Martin Buber aus.
Damit wird schon deutlich, weshalb Gott später durch Jesaja diese deutlichen Worte sagen lässt: Was will Gott mit einem Haus aus Stein, wie es der Tempel zur Zeit der Propheten war, wenn die Herzen der Menschen kalt sind und Ihm keinen Einlass gewähren?
Es geht Gott in erster Linie um die Beziehung, um die Nähe zu Seinem Volk, zu Seinen Kindern, die ER aus der Knechtschaft befreite. Mit den Leitlinien der Gebote und Satzungen sollen sie in der Freiheit zurecht kommen, mit Gott sichtbar in ihrer Mitte dürfen sie immer wissen, an wen sie sich mit jedem Anliegen wenden können.

Spenden

Darum erbittet Gott die Spenden zum Bau des Heiligtums. Durch diese Gaben sollen die Menschen ganz praktisch beteiligt sein an diesem Heiligtum, das aus ganz materiellen Gütern geschaffen wird. Es fällt nicht vom Himmel, sondern es wird mit den Gaben und den handwerklichen Fähigkeiten der Kinder Israel erbaut.
Diese Gaben hatte Gott ihnen zukommen lassen, als sie Ägypten verließen und die Ägypter sie reich beschenkten. Nun hat jeder die Möglichkeit zu entscheiden, was er davon freiwillig für Gottes Haus spenden möchte.
Teruma ist die freiwillige Spende, die aus dem Herzen kommt und Gott zur Verfügung gestellt wird. Alles was an Nahrungsmitteln an Teruma gegeben wird, darf von den Priestern und Leviten gegessen werden, die im Heiligtum Gott dienen, denn Gott bedarf der Speise nicht.
Ps.50,12 Hungerte ich, ich sagte dir es nicht an, denn der Boden und seine Fülle ist mein.13 Soll das Fleisch der Stiere ich essen, trinken das Blut der Böcke?!14 Opfere Gotte Dank, zahle dem Höchsten so deine Gelübde!
Es geht Gott nicht darum, dass ER etwas von uns braucht. ER hat alles erschaffen; Ihm gehört die gesamte Schöpfung, selbst das, was wir meinen zu besitzen!
Wenn wir Ihm etwas geben, so geben wir mit der Gabe ein Teil von uns selbst. Darum ist die Freiwilligkeit so wichtig. Gott schuf uns nicht als Marionetten. ER gibt uns mit unserem Geben die Möglichkeit, unser Herz sprechen zu lassen. Wer Gutes erfahren hat, möchte sich dafür bedanken und drückt das gerne mittels eines Geschenks aus. Diesen Dank für Gottes Nähe, die Freude, Ihn in der Mitte der eigenen Seele und in der Mitte des Volkes zu wissen, soll das Volk ausdrücken können über diese Gaben für den Bau Seiner Wohnung.

Stiftszelt oder Tempel?

Das Heiligtum in der Wüste ist ein Zelt aus Tierhäuten und Holz, das mit kostbaren Metallen überzogen und Farben eingefärbt ist. Es hat eine wesentliche Gemeinsamkeit mit den Kindern Israel: Es ist beweglich und kann nur so das Volk auf der Wüstenreise begleiten. Alles, was innen und außen dieses Heiligtum ausmacht, wird an Stangen getragen.
Dieses Zelt gibt Gott für die besondere Situation Seines Volkes, in der es nicht sesshaft ist, aber eine Mitte haben soll, um die es sich formiert, die Orientierung und Halt gibt. So wie Gottes Name Flexibilität und Beweglichkeit in sich birgt: „ICH werde sein, der ICH dasein werde – אֶהְיֶה אֲשֶׁר אֶהְיֶה – Eheje ascher eheje“, so ist auch das Heiligtum dieses Gottes beweglich.
Das Herzstück dieses Heiligtums ist die Bundeslade, die ihre Bleibe im Allerheiligsten findet und über der sich Gottes Wolkensäule niederlässt, solange Rast angesagt ist.
Das Zelt hat kein Fundament in der Erde, sondern Pflöcke und Seile geben ihm Stabilität.
Das wird anders sein beim späteren Tempel aus Stein, den König Salomo in Jerusalem auf dem Berg Moriya errichten wird. So wie das Volk durch die Landnahme und durch die erfolgreichen Kämpfe König Davids seine Heimat gefunden hat, so auch das Heiligtum aus Stein.
In beiden Heiligtümern verweist das Gold auf die Einzigartigkeit Gottes, auf Seine Würde und Heiligkeit. Nichts können Menschen Ihm wirklich bringen. Nur das Wertvollste kann auf Erden annähernd die Bedeutung dieses großen, heiligen Gottes widerspiegeln, der Sein Volk sowohl am Bau als am Dienst im Heiligtum beteiligt. Auch wenn für den Tempeldienst der Stamm Levi erwählt wurde, so ist das gesamte Volk durch die Teruma, die freiwillige Herzensspende, am Heiligtum beteiligt.

P.S. Das Foto zeigt den Nachbau der Stiftshütte in Timna, im Süden Israels.

Wenn dir mein Beitrag gefällt oder du einfach jüdisches Leben in Deutschland unterstützen möchtest, lege ich dir die Chabad-Gemeinde in Karlsruhe ans Herz. Bitte spende für sie, damit immer mehr Juden zurückfinden in ihr Judentum und eine Heimat in dieser Gemeinde finden.
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