Zahlen, Namen und Sein Wort

„Ach, was muss man oft von bösen Kindern hören oder lesen. Wie z.B. hier von diesen,“ welche nicht Max und Moritz, sondern die Generation von Noach hießen.
Die Generation Noachs war so verdorben, dass es für Gott keine andere Möglichkeit gab, als diese zu vernichten. Aber an einem hatte er Gefallen gefunden, und das war Noach. Mit seiner Familie erhielt er einen ungewöhnlichen Auftrag, nämlich auf trockenem Land ein Schiff zu bauen. Gott gab ihm die genaue Anweisung, die Maße, die Materialien, die Architektur und alles, was in diesem Kasten beachtet werden musste. Dann fingen Noach und seine Söhne an zu bauen.
Wenn wir die Maße der anschauen, so spielt die 3 und die 5 eine besondere Rolle. Mit der Drei drückt Gott aus, dass er eine Transformation herbeiführen will und mit der Fünf, dass er in das verdorbene Geschehen seiner Menschen eingreift. ER schaut nicht länger zu.
Bei den Tieren bittet er Noach, von jeder Art zwei, also ein Paar, aufzunehmen und von den reinen Tieren, die später in der Kaschrut, den Koschervorschriften, eine Rolle spielen, soll er sieben Paar aufnehmen. Die Zwei zeigt uns, dass das Leben seit der Vertreibung aus dem Paradies in der Polarität verläuft, hier in Gut und Böse, in Tod und Leben, in Umkehr und Sünde. Die Sieben deutet an, dass Gott die Welt in einer neuen Vollkommenheit erhalten will. Sie soll überleben und bestehen. Gott hat gute Absichten mit den Überlebenden Erde.
Von Noach wird viel Mut erwartet, denn es wird 100 Jahre an dem Kasten bauen. Als er seine Söhne zeugte, war er 500 Jahre alt (Gen. 5,32), 600 Jahre war Noach, als die Flut begann. In der 100=10×10 lässt sich das doppelte Eigreifen Gottes sehen. Wie ER 10 Gebote gab und die Kinder Israel mit 10 Plagen befreite, so ist auch hier Seine Majestät, Seine Macht am Werk. Seine Göttlichkeit in ihrer Einheit greift ein und greift durch.
500 steht hier als Vielfaches von 5 für die Kraft der Tora oder für die fünf Finger an einer Hand, die zugreift. 600 ist als Vielfaches von sechs ein Hinweis auf die sechs Tage der Schöpfung. Mit Noach wird eine neue Schöpfung beginnen. Aber nicht ohne vorherige Vernichtung, denn die Menschen spotten über Noach und lassen sich nicht zur Umkehr aufrufen.
Noach hält Stand; er bewahrt die Ruhe, um doch noch einige zu überzeugen. Sein Name bedeutet: „Ruhe; der Beruhigende“. Gen. 5,29 Noach! sprechend: Se jenachmenu – Dieser wird uns leidtrösten in unserm Tun und der Beschwernis unsrer Hände an dem Acker, den ER verflucht hat.” Er wird uns Ruhe geben von der belasteten Erde. Er wird die Erde wieder zur Ruhe bringen von ihrem Fluch. Aber bis zum Besteigen der Arche bleiben seine Mitmenschen verstockt und unverständig.
Dann geht 40 Tage und 40 Nächte lang Regen auf die Erde nieder. 40 kennen wir aus den 40 Jahren der Wüstenwanderung und den 40 Tagen, die Jesus fastete. Die 40 ist eine weltumspannende Zahl, die das materielle ausdrückt. Auf Hebräisch wird vierzig auch durch Mem מ ausgedrückt, was mayim מַיִם heißt, also Wasser. Das Wasser schießt 40 Tage auf die Erde. Diese Zeit ist eine Zeit der Reinigung, die das Sündhafte wegwäscht. Die Schleusen des Himmels öffneten sich, so wird die Flut beschrieben. Es gibt kein Überleben außerhalb der Arche.
In der Arche werden 8 Menschen gerettet, eine Zeichen für die Ewigkeit, die Unendlichkeit. Die 8 Menschen deuten an, dass es mit ihnen und mit Gott weitergehen wird, denn mit ihnen hat Gott sogar einen Bund geschlossen. Wenn schon diese Generation nicht bestehen kann, so werden sich diese 8 Menschen auf Gott verlassen können; dazu verpflichtet ER sich.
Arche auf Hebräisch heißt tewa תֵּבָה und ist ein altes Wort für das „Wort„. Diese acht Menschen werden also im Wort Gottes gerettet, wie auch Mose in dem gleichnamigen Körbchen gerettet wurde, im Wort Gottes. Das Wort Gottes ist also die Rettung, weniger ein Kasten, eine Arche. Ein Lied von Arno Pötzsch sagt: „Du kannst nicht tiefer fallen, als in Gottes Hand.“ Was finden wir dort, in Seiner Hand? Das Wort, das uns aufbaut, tröstet, zurechtweist, Sinn stiftet, Hoffnung schenkt. Seine Hand wird zur tewa, in der wir uns bergen.
Noach war 150 Tage in der Arche. In der Zeit nahmen die Wassermassen immer mehr zu, aber in der tewa muss es paradiesisch zugegangen sein. Wie sonst war es möglich, dass all die wilden Tiere friedlich nebeneinander lebten  und sich von Menschen füttern ließen? 15 steht für JH, das den Anfang des Namens Gottes bildet. So ist es zu erklären, dass Gott mit in der Arche war und Einfluss auf die Tiere nahm.
Die Ruach war es, „die weibliche Seite Gottes“ (Ausstellung im neu eröffneten, jüdischen Museum Frankfurt), die die Wasser über der Erde stillte, die die Quellen der Flut und die Schleusen des Himmels schloss. Nach weiteren 150 Tagen kam die Arche zur Ruhe, zur „menucha“ = Ruhe.

Gott gedenkt – mit Vogelvieh, Zweigen einem und Bogen

Aber es heißt, Gott gedachte an Noach. Hatte Gott Noach vergessen? Der Ausdruck will einerseits Gott vermenschlichen, denn Gott muss sich nicht erinnern; ER vergisst nie. Er will aber auch sagen, dass Gott, nach all dem Schrecklichen, liebevoll an Noach dachte und wieder für Ordnung sorgte. Gott will nun Seinen Bund einlösen, das Überleben Noachs.
Der Rabe [עוֹרֵב = Oréw] ist auch im Hebräischen männlich. Er soll sehr egoistisch sein. So fliegt er unruhig hin und her, aber findet kein trockenes Plätzchen, um auszuruhen. Die Taube [יוֹנָה = Joná] ist auch im Hebräischen weiblich und steht sinnbildlich für Israel. Sie brachte einen Ölzweig mit und gab so das erste Zeichen von Trockenheit und von Zukunft. Die nächste Taube brachte gute Botschaft, indem sie nicht zurückkam, weil sie auf der Erde ein Zuhause gefunden hatte.
Der Ölzweig ist von Anbeginn ein Zeichen der Hoffnung, des Friedens und des Lebens. Weinstock und Ölbäume werden oft zusammen genannt und symbolisieren Wohlstand und Wohlergehen. Auch eine Frau und ihre Kinder werden damit verglichen. Ps. 128,3  Deine Frau ist wie ein fruchtbarer Weinstock im Innern deines Hauses; deine Kinder wie junge Ölbäume rings um deinen Tisch.
Bei Sacharja spielen zwei Ölbäume eine große Rolle, denn sie weisen auf das Friedenreich hin. (Sach. 4)
Hier war nun endlich wieder Raum, die Erde zu betreten. Gott ermutigt Noach und seine Familie, die Arche zu verlassen und dem Erdboden neu zu vertrauen. Aus Dankbarkeit baut Noach einen Altar und bringt von den reinen Tieren ein Dankopfer. Darum will Gott nie wieder eine solche Flut über die Erde kommen lassen und die Menschheit nicht wieder vernichten. Er sagt, selbst wenn das Herz des Menschen böse würde, würde er der Menschheit eine Chance geben.
Im „Chumasch“ (Tora; 5 Bücher Mose) von Rabbiner Samson Raphael Hirsch erklärt der Kommentator diesen schwierigen Satz, dass das Herz des Menschen ist böse von Jugend, auf wie folgt: „Von nun an wird Gott nicht mehr direkt eingreifen, sogar wenn die Entwicklung der Menschheit einen der Generation der Sintflut analogen Weg einschlagen sollte, sogar wenn die Herzen der Menschen vom Virus des Bösen befallen würden, in einem Grad, dass die Jugend, Symbol der Reinheit und der Begeisterung für das Gute, davon angesteckt wäre.“
Gott hat Hoffnung für die Menschen, und so stellt ER Seinen Bogen in die Wolken. Ein bunter Regenbogen „erinnert“ Gott, dass ER das Leben der Menschen in seiner Buntheit sieht, in der Fülle der sieben Spektralfarben.

Ethik nach der Flut

In Kapitel 9 werden die sieben noachidischen Gebote erwähnt, die für alle Menschen, auch für Nichtjuden, gelten werden. Diese beinhalten, dass es einen Rechtsspruch geben muss, keinen Götzendienst und keine Gotteslästerung, keine Unzucht und keinen Mord, keinen Raub und keinen Blutgenuss. Nach jüdischer Tradition gelten diese Regeln für alle, während die 613 Ge- und Verbote der Tora nur den Juden vorbehalten sind.
Beispielhaft wird eine Geschichte erzählt, die uns etwas fremd anmuten mag, die doch eine wichtige Ethik zugrunde legt. Noach baut einen Weinberg und er betrinkt sich an seinem ersten Wein. Betrunken liegt er im Zelt, wohl auch nicht angezogen. Sein Sohn Cham sieht seinen Zustand.
Was hätte er tun können? Er hätte Stillschweigen bewahren und seinen Vater zudecken können. Stattdessen holte er seine Brüder dazu, die rückwärtsgewandt ihren Vater zudecken. Noach ist anschließend sehr zornig auf Cham, der ihn beschämt hat.
Die Söhne Noachs hatten Nachkommen, die in Kapitel 10 aufgezählt werden. Cham bekommt nach jüdischer Tradition den Kontinent Afrika, denn sein Name bedeutet „warm“. Schem wird der Vater der Semiten, sein Name bedeutet „Name“. Jafet bedeutet „schön“ und er wurde der Vater der Europäer. Das waren die drei Kontinente, die um das Mittelmeer herum liegen und zu biblischer Zeit allein bekannt waren.

Turmbau zu Babel

Eine weitere, sehr bekannte Geschichte lesen wir im Anschluss, die uns zeigt, dass eine Einheit, wie sie allein Gott bildet, nicht mehr möglich ist. Noch gibt es eine einzige Sprache. Aber der Turmbau, den Gott genau beobachtet und sogar zu Seinen Menschen herab steigt, soll den Menschen einen Namen machen. Sie wollen sich über Gott erheben. Sie haben etwas, das es noch in Unität gibt, ihre Sprache, doch die wird nun durcheinander gebracht. Babel ist das Durcheinander, das Chaos.
Wir sehen, dass der Mensch nichts dazu gelernt, seine Hybris nicht aufgegeben hat und weiterhin hoch hinaus will, aber nicht zu Gott. Gott steigt extra herab, denn ER ist ein Gott, der da ist, wo der Mensch ist.
„Als Rabbi J. Meir ein kleiner Junge war, brachte ihn seine Mutter einmal zum Maggid von Kosnitz. Da sagte ihm jemand: «Ich gebe dir einen Gulden, wenn du mir sagst, wo Gott wohnt.» Er antwortete: «Und ich gebe dir zwei Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo er nicht wohnt.»“ — 
„Gott wohnt, wo man ihn einlässt.“
(Martin Buber österreichisch-israelischer jüdischer Religionsphilosoph und Autor 1878 - 1965
Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/126602-martin-buber-gott-wohnt-wo-man-ihn-einlasst/
)
Wir müssen nicht hoch hinaus; Gott ist in jedem Herzen. Der Mensch wollte sein wie Gott und Gut und Böse unterscheiden, er wollte hoch hinaus in den Himmel, und musste doch in die Verständnislosigkeit absinken. So ist zu fragen, was jede einzelne Generation von Gott wohl bezeugt hat. Was erklärten Adam und Eva ihren Kindern oder was die Kinder Noachs ihren Kindern? Nicht, das Gott schon da ist. Dass Er überall ist. Dass man IHM nicht entkommen kann. (Ps. 139)
Es ist wohl eine Tatsache, dass jeder Mensch, jede Generation ihre eigene Erfahrung machen muss. Wir lernen aus dem Erleben, nicht aus Worten. Wir können aber durch Vorbilder lernen, auch durch das Wort Gottes, das allein eine Kraft hat, die menschliche Worte nicht haben. Auf jeden Fall dadurch, dass Gott unser Herz berührt.

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