Schabatt 27. Cheschwan 5781:  14. November 2020

Das Leben Saras

Gen. 23,1 Des Lebens Ssaras wurden hundert Jahre und zwanzig Jahre und sieben Jahre, so die Jahre des Lebens Ssaras.
Wir erfahren im ersten Satz vom Tod Saras, ohne dass dieser erwähnt wird. Von Saras Leben ist die Rede, das 127 Jahre währte. Es zählen nur die reichen Jahre, die sie mit Abraham erlebte und in denen sie ihm eine Stütze war, „eine Hilfe an seiner Seite“ ein „Gegenpart“ (Gen. 2,18). Sie durfte erleben, wie ihr Sohn erwachsen wurde, mittlerweile 37 Jahre alt, und sie kann nun getrost dieses Leben beenden. Erst im nächsten Satz hören wir von ihrem Tod und von Abrahams Trauer um sie. Kiriat Arber existiert noch heute, und in Hebron ist die Höhle Machpela noch heute zu besuchen, wo Sara, Abraham und die Patriarchen ihre letzte Ruhestätte fanden. Nur Rachel liegt nicht bei ihnen, wie wir in einer späteren Parascha erfahren werden.
Wie kam Abraham in den Besitz dieser Grabstätte? Detailliert werden uns die Verhandlungen zwischen Abraham und den Angehörigen der Hethiter beschrieben. Sie haben so viel Respekt vor Abraham gewonnen, dass sie ihm die Höhle schenken wollen. Aber für ihn als Fremden ohne Besitzrecht ist das zu unsicher. Außerdem erinnern wir uns an den Krieg der fünf gegen vier Könige, als Abraham die Geschenke des Königs von Sodom ablehnte, weil er nur von Gott Reichtum erhalten wollte. Ebenso lehnt er hier das Geschenk der Höhle ab und bezahlt den genannten Preis. Dieses Dokument des Kaufs der Höhle von Efron (= der Staubling) im Angesicht der Hethiter ist ein Dokument, das den Besitz der Höhle den Israeliten bis heute bestätigt. Sie ist ein Erbteil, das Abraham seinem Volk hinterlassen hat.
Gen. 23,16 Abraham hörte auf Efron, so wog Abraham Efron den Silberwert zu, den er vor den Ohren der Söhne Chets geredet hatte: vierhundert Gewicht Silber wies umläuft beim Händler.
Efrons Name zeigt uns, dass Abraham richtig handelte, denn Efron wird vergehen, und an seine Versprechen würde sich niemand erinnern; die Zusage wäre wie in den Staub geschrieben.
Der Name der Höhle Machpela bedeutet „Doppelhöhle“, was auf ihre Größe beim Kauf schließen lässt.

Rebekka

Abraham ist alt und weiß sich von Gott gesegnet. Nur eine Frau für seinen Sohn Jizchak fehlt noch. Darum sendet er seinen ältesten und treuesten Knecht aus. Er muss Abraham schwören, dass Jizchak keine Kanaaniterin heiraten wird. Die Frau wird seiner eigenen Verwandtschaft entstammen. Auf keinen Fall darf der Knecht Jizchak zurückbringen zu seiner Familie, denn Abraham weiß, dass sein Auszug aus seiner ursprünglichen Heimat auch für seinen Sohn Bedeutung hat.
Gen. 24,7 ER, der Gott des Himmels, der mich aus dem Haus meines Vaters und aus dem Land meiner Verwandtschaft nahm, der zu mir redete, der mir schwur, sprechend: Deinem Samen gebe ich dieses Land, er selber wird seinen Boten vor dir her senden, daß du von dort ein Weib nehmest für meinen Sohn.
Der Segen ist ihm und Jizchak und späteren Nachkommen verheißen, und zwar in dem neuen Land, in dem er sich nun aufhält. Aber auch der Wille der Frau wird zählen, denn wenn sie unwillig ist, dem Knecht in ein fremdes Land zu folgen, ist dieser von seinem Auftrag befreit.
Der Knecht zieht ins Zweistromland und lässt sich am Abend an einem Brunnen nieder. Die Frage, die ihn am meisten beschäftigt, trägt er Gott vor. Wer ist die richtige Frau für Jizchak? Der Knecht erwartet, dass sie ihm zu trinken gibt und auch seine Tiere nicht vergisst. Warum ist das so wichtig? Eine Frau, welche die Nachfolgerin Saras werden wird, muss herzlich und barmherzig sein, muss ein gütiges und fürsorgendes Herz haben. Sie wird immerhin die Verantwortung für alle Bediensteten Abrahams haben. Sie wird Jizchak trösten müssen über den Tod seiner Mutter und seiner Familie vorstehen. Die jüdische Frau ist auch heute noch die „Priesterin“ des Hauses und eine Frau, die ihren Wirkungskreis nach außen hin ausdehnt, wie wir es im „Loblied der tüchtigen Frau“ in Sprüche 31,10-31 lesen. Um wieviel mehr muss die zweite Matriarchin einem großen und bedeutendem Haushalt vorstehen können.  
Der Knecht findet eine solche „Jungfrau“ unter den Mädchen, die zum Brunnen kommen. Sie spricht genau die Worte, die er vor Gott als Erwartung ausgesprochen hat, und schöpft auch seinen Kamelen. Das ist eine schwere Arbeit, denn sie muss mehrfach zwischen Tränke und Brunnen hin und her laufen. Gott hat es zudem so gefügt, dass sie die Tochter Bethuels ist, des Sohnes der Milka und des Nachor. Rebekka ist also Jizchak Kusine 2. Grades. Nun bietet sie ihm zuerst Stroh an und Futter für die Tiere, danach einen Platz zum Übernachten für ihn. Der Knecht ist glücklich, er preist Gott, der seinen Weg gesegnet hat.
Rebekka hat einen Bruder namens Laban. Er war sofort geblendet von den Ringen und Armbändern, die seine Schwester an Händen und Armen trug. Mit großer Freundlichkeit bittet er den Fremden ins Haus und bietet ihm Wasser zum Waschen an und Essen. Zuerst will der aber seinen Auftrag ausführen und mit der Familie besprechen, bevor er sich selber zu Tisch setzt. Er stellt sich vor und seinen Herrn Abraham. Er betont Gottes Segen, der sich für Abraham in Reichtum zeigt. Er erwähnt das Wunder, dass Sara in ihrem Alter noch ein Kind gebären durfte. Für diesen Sohn sucht er nun eine Frau. Die zuhörende Familie lernt Abraham, den Vater Jizchaks, sehr genau kennen. Auch seinen Glauben, mit dem er seinen Knecht aussandte, denn der gibt jede Anweisung genau wieder. Seinen Engel sendet er vor dir her, der deine Reise gelingen lassen wird, sagte er in Vers 7. Nichts verheimlicht er ihnen, auch nicht sein eigenes Gebet zu Gott, das durch Rebekka direkte Erfüllung fand. Auch nicht seinen Lobpreis, den er Gott darbrachte. Rebekka und ihre Familie müssen wissen, auf was sie sich einlassen, welchen Glauben und welches Vertrauen in diesen Gott Abraham und die Seinen haben. Dadurch können die Verwandten erkennen, dass die Sache von Gott kommt und sie nichts dagegen einwenden können. Sie sind einverstanden, wenn Rebekka mit dem Knecht zieht.
Am nächsten Tag wollen sie den Knecht noch aufhalten, zehn weitere Tage zu bleiben. Er aber lehnt ab, denn er will seinem Herrn die gute Botschaft unverzüglich bringen. Immerhin hat Gott alles so ausgeführt, wie Abraham vorhersagte. Nun wird Rebekka sogar selbst gefragt:
Gen. 24,58 Sie riefen Rivka und sprachen zu ihr: Willst du mit diesem Manne gehn? Sie sprach: Ich will gehn. Elech! - אֵלֵךְ
Warum muss Rebekka nicht noch 10 Tage bleiben und Abschied nehmen, was nur zu verständlich wäre? Gott hat bereits eingegriffen. Somit kann sie gehen. Der Knecht hat seine Mission erfüllt und wird nun dem Sohn Abrahams seine Frau zuführen. Sie geht mit dem Segen ihrer Familie und sie geht mit ihrer Amme Debora (Gen.35,8) in die Fremde.
Interessant ist, dass der Knecht hier nicht einmal mit seinem wunderschönen Namen Elieser genannt wird, der bedeutet, mein Gott ist Hilfe. Er wird in Gen. 15,2 das erste Mal erwähnt, als Abram noch kinderlos ist und Elieser zum Erben einsetzen will. Hier aber ist er ganz der Knecht Abrahams, der alles im Detail so ausführt, wie es ihm aufgetragen wurde. Das können wir nachverfolgen an den genauen Wiederholungen im Text. Es ist ihm eine Ehre, ein Knecht zu sein und mit einer so verantwortungsvollen Aufgabe betraut zu werden. Knecht = Ewed  עֶבֶד ist in der Bibel an vielen Stellen ein Ehrentitel. So war Mosche der Knecht Gottes und Israel ist bis heute der Knecht Gottes. Als Knecht dieses einen Gottes erlebt man eine besondere Freiheit und Freude, diesem König zu dienen. Die Geschichte mit Rebekka ist ein Beispiel dafür, wie Gott den Weg des Knechtes segnet. Mosche ist ein Beispiel dafür, denn als Knecht ist ein Mitstreiter Gottes, der mit Gott offen reden kann. Bei seiner Berufung sehen wir diese Freiheit, als er mit Gott diskutiert oder bei seiner häufigen Fürsprache für das Volk Israel.
Nun wird es spannend. Jizchak befindet sich am Brunnen „des Lebendigen der mich sieht“. Er wird genauso gesehen wie einst Hagar, die diesem Brunnen seinen Namen gab. Gott sieht jeden Menschen, auch Jizchak, der sich zwischen Trauer und hoffnungsvoller Erwartung befindet. Gegen Abend geht er auf das Feld, um zu beten. Damit ist er der Begründer des Mincha-Gebets, des Nachmittagsgebets, denn es ist noch nicht dunkel. Er sieht Kamele in der Ferne kommen. Von einem steigt Rebekka ab und geht Jizchak entgegen, nachdem sie sich nach seinen Namen erkundigt hatte.
Der Knecht erzählte Jizchak alles. Er führt Rebekka ins Zelt seiner Mutter. Damit wird sie eingeführt in die Nachfolge der Matriarchin Sara und übernimmt ihre Verantwortung.
Gen.24,67„Er gewann sie lieb,“ und sie ihrerseits tröstete Jizchak über den Tod seiner Mutter. Es wird immerhin angenommen, dass Sara starb, noch bevor Abraham und Jizchak zurückkamen von Jizchaks Bindung. Er hat sie vermutlich nicht mehr gesehen und darum besonders getrauert.

Das Ende Abrahams

In den letzten Versen dieser Parascha erfahren wir, dass Abraham nochmals heiratete und noch Vater vieler Völker wurde. Einige Rabbiner nehmen an, dass es sich bei Ketura um Hagar handelt, was nicht ungewöhnlich ist, dass sie nun einen anderen Namen trägt. Der Schwiegervater Mosches Jitro hatte laut jüdischer Tradition 7 verschiedene Namen.
Interessant scheint mir Abrahams Erbaufteilung zu sein. Seinen ganzen Besitz gibt er, wie zu erwarten, Jizchak, seinem Nachfolger und dem zweiten Erzvater. Den Söhnen der Nebenfrauen gibt er Geschenke und schickt sie weiter nach Osten. Woraus bestehen diese Geschenke, die er ihnen gibt? Es könnte sich um sein Wissen handeln, das seine Söhne mit in den fernen Osten nahmen. Es ist darum nicht verwunderlich, dass wir auch in anderen Religionen viel Weisheit finden, die sich gemäß Gen. 25,6 auf den „Vater vieler Völker“ zurückführen lässt:
Den Söhnen der Kebsweiber, die Abraham hatte, gab Abraham Gaben und sandte sie noch bei seinem Leben hinweg von Jizchak seinem Sohn, ostwärts, ins Ostland.
Abraham hatte ein reiches Leben, so dass er mit 175 Jahren lebenssatt starb. Er wurde zu seinem Volk versammelt, wie es heißt, zu seinen Vorfahren. Daraus können wir schließen, dass schon zu Abrahams Zeiten die Vorstellung vom Weiterleben nach dem Tod herrschte. Auch Abraham wurde nun in der Höhle Machpela begraben, und zwar von seinen Söhnen Jizchak und Jischmael. Wir sehen hier die beiden Brüder friedlich nebeneinander stehen, was uns zeigt, dass Versöhnung möglich ist. Die erwachsenen Männer scheinen ihren Konflikt als Heranwachsende überwunden zu haben, wie es unter Geschwistern nicht unüblich ist.
Es gibt noch einmal einen Rückblick darauf, dass Abraham den Acker von Efron, dem Sohn Zoars, im Angesicht der Hethiter kaufte. Das ist sehr wichtig, denn es ist sein Eigentum und sein Erbe.
Gen. 25,9 Ihn begruben Jizchak und Jischmael seine Söhne in die Höhle Machpela, in den Anger Efrons, Sohns Zochars des Chetiters, Mamre gegenüber, 10 den Anger, den Abraham von den Söhnen Chets erworben hatte. Dort wurde begraben Abraham und Ssara sein Weib.
Nach dem Tod Abrahams wird Jizchak gesegnet und er wohnt bei dem Brunnen „des Lebendigen der mich sieht“. Er bleibt unter den Augen Gottes. Er geht seinen Weg mit Gott, so dass er gesegnet werden kann.
Danach hören wir von Jischmael, der gesegnet wurde und Nachkommen zeugte und mit 137 Jahren starb. Seine Lebenszahl hat die Quersumme 11 und 2. Das zeigt uns, dass der Eine mit ihm war, aber auch, dass er immer in der Polarität verhaftet blieb. Dagegen ist die Quersumme aus Abrahams Lebensalter 13 und 4. Die Zahl 13 ist im Judentum eine gute Zahl, denn sie ist die Hälfte des Zahlenwertes von Gottes Namen JHWH. Dieser heutige Freitag, der 13. ist etwas Besonderes, da die Bedeutung der Zahl 13 mit dem Schabbat zusammen fällt. Für Abraham passt besonders gut, das 13 zudem bedeutet: eins, der Eine echad= אחד. Abraham vertraute stets auf den EINEN. Und 13 steht für Liebe, Ahawa = אהבה. Abraham war bekannt für seine Liebe und Gastfreundschaft. Der Zahlenwert 4 zeigt seine universelle Bedeutung, die ihm verheißen war.
Auch Jischmael wurde zu seinen Vorfahren versammelt. Er befindet sich also an demselben Ort wie Abraham. Beide Männer, Vater und Sohn, gehen als Gesegnete zu ihren Vorvätern.

Sie können spannende chassidische Geschichten auf der folgende Chabad-Seite finden. Dort ist man auch dankbar für ihre Spenden, denn Chabad kann nur mit Spenden die Förderung jüdischen Lebens in Deutschland leisten.

https://www.synagoge-karlsruhe.de/parshah/default.htm

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