Sacharja 2,14 – 4,7 zu: Paraschat BEHAALOTCHA am 18. Siwan 5781; 29. Mai 2021

Sach. 2,14 Jauchze, freue dich, Tochter Zion, denn da komme ich, daß ich einwohne dir inmitten, ist SEIN Erlauten.
Durch das Lied im Advent „Tochter Zion, freue dich“ ist dieser Vers sehr bekannt, doch dadurch wird der ursprüngliche Zusammenhang verschleiert. Die Verse vorher machen nämlich deutlich, dass Gott Zion aus der Völkerwelt befreit und diese „Tochter Babel“ nennt. Kein Ehrentitel für die Völker, denen gegenüber Gott durch Sacharja, Seinen Künder, die unmissverständliche Warnung ausspricht:
Sach. 2,12 Denn so hat ER der Umscharte gesprochen, der mich um Ehre entsandt hat, von den Weltstämmen, die euch beuten: Ja, wer euch anrührt, rührt meinen Augapfel an!

Die Tochter Zion, nicht sich die des Tanach bemächtigende Christenheit, darf sich freuen, dass Gott sie von ihren Unterdrückern befreit und sie heimführt nach Israel. Die Völker aber werden Sacharja als Gottes Künder erkennen, der Befreiung für Zion und Gericht für die Völker ankündigt. Also kein Jubelgesang für Christen kurz vor Weihnachten, sondern Jubel der erlösten Tochter Zion! Als Zeichen der Überwindung der Substitutionstheologie müssten solche Lieder auf ihre Aussagen überprüft werden.

Gott wird unter Seinem Volk wohnen, wonach sich die Völker der Welt sehnen. Diese sind zur Erkenntnis Gottes eingeladen, aber Juda bleibt Gottes Besitz und Jerusalem Seine Erwählung. Israel bleibt immer „Gottes erste Liebe“![1]

In Kapitel 3 geht es um eine Vision über den real lebenden Hohepriester Jehoschua, den ersten Hohepriester in Jerusalem nach dem Babylonischen Exil. Deren Beendigung sowie die Heimführung hatte König Kyrus, der ein Gesalbter, ein Messias Gottes genannt wird, ermöglicht (Jes. 45,1). Nun stellt Sacharja die Annahme von Gottes Volk in Aussicht.
Jehoschua, das erklärt die Schlachter-Bibel nur unzureichend, heißt: „ER wird retten“. Dieser Jehoschua ist ein Namensverwandter Jesu von Nazareth, der aber hat aber mit der Person des Hohepriesters nichts zu tun.
In dieser Vision steht Jehoschua zwischen dem Hinderer שָּׂטָן Satan von לשטְן le‘saten = behindern, anklagen  und dem Engel Adonais מַלְאַךְ יְהוָה mal’ach Adonai. Der Satan zur Rechten Gottes bekommt dort Seine volle Gegenwehr ab, denn der Satan ist anmaßend. Gott bricht seine Kraft und weist ihn in die Schranken. Jehoschua ist ein Geretteter Gottes, ein Überlebender. Gott holte ihn wie ein Holzscheit heraus aus dem Feuer der Vernichtung. Mit diesem Geretteten wird Gott die neue Ordnung in Israel wieder aufrichten. Satan hat sein falsches Spiel verloren! Seine Anklage ist null und nichtig geworden.

Jehoschua sieht man noch immer an, woher er kommt. In schmutzigen Kleidern steht er vor dem Engel Gottes und be-steht! Der Bote Gottes sieht, was von Nöten ist: Vergebung! Mit den schmutzigen Gewändern zieht er ihm die Verfehlungen aus und „den neuen Menschen“ an. Feierkleider bekommt Jehoschua wie der „verlorene Sohn“ (Lk. 15,11ff). Jehoschua kann jubeln und sich freuen zusammen mit der Tochter Zion. Er wird vollumfänglich in sein Amt wieder eingesetzt, denn auch der Kopfbund, wie er unter Mose für den Hohepriester hergestellt wurde (Ex. 28,39), wird ihm aufgesetzt.
Jes. 59,17 Mit Wahrhaftigkeit bekleidete er sich wie mit einem Panzer, mit dem Helm der Erlösung sein Haupt, in Gewänder der Ahndung kleidete er sich als in ein Alltagskleid, den Eifer schlug er um sich wie einen Mantel.

Seine Kleider בְּגָדִים begadim, Sg בְּגָדִ beged verraten etwas über Jehoschua und über Gottes Plan, denn beged kann ebenso als בָּגַד bagad = verraten gelesen werden. Wer Jehoschua in den neuen Kleidern sieht, hört von der Vergebung und seinem weiteren Auftrag. Wenn er in Gottes Wegen geht, wird er die geistige Führung des Volkes übernehmen.

Sch’ma שְׁמַע! Höre!, so lautet die Aufforderung an Jehoschua. Er kann nun wieder hören wie ein Lernender!
Jes. 50,4 daß ich wie die Lehrlinge höre לִשְׁמֹעַ כַּלִּמּוּדִים (lischmoa ca’limudim).
Er kann nun wieder hören und das Glaubensbekenntnis zu dem Einen Gott sprechen
Dtn. 6,4  Höre Jissrael שְׁמַע יִשְׂרָאֵל  (Sch’ma Israel):  ER unser Gott, ER Einer!
Hören ist zuerst angesagt, denn er und seine Mitgeretteten werden für alle ein Wunder-bares Zeichen sein und alle, die sie sehen, werden sich an die Wunder Gottes erinnern. Gott will einen sprossenden, wachsenden Knecht aus ihnen hervorgehen lassen. Darauf werden sie hinweisen.

EINEN Stein legt Gott vor Jehoschua und an EINEM Tag tilgt Gott die Schuld des Landes. Beide Male steht hier echad אֶחָד, Eins. Damit ist deutlich, dass der Eine Gott am Werk ist. Gott tilgt die Schuld des Landes auf Seine Weise, wir lesen auf jeden Fall nichts von Blut. Gott ist viel mächtiger, um auf Hilfsmittel jedweder Art angewiesen zu sein.
EINEN Stein mit SIEBEN Augen legt Gott vor Jehoschua. Gott hat alles vollkommen im Blick. IHM entgeht nichts auf dieser Erde, in Seiner Schöpfung. Ein Stein + sieben Augen = acht. Wenn Gott alles vollkommen überblickt, führt das in die Ewigkeit, denn die Schuld ist getilgt. Das ist der Grund für den Jubel der Tochter Zion. Das ist der Anlass für die Festkleider, denn unter dem Weinstock und unter dem Feigenbaum darf gefeiert werden.
Sach. 4,10 Ja, wer verachtete den Tag der Geringheit, sie freuen sich dann: sie sehen den Stein der Aussonderung in der Hand Serubbabels. Diese sieben, SEINE Augen sind das, die all die Erde durchschweifen.

Esr. 3,2 Jeschua Sohn Jozedeks erhob sich und seine Brüder, die Priester, und Serubbabel Sohn Schealtiels und seine Brüder und sie erbauten die Schlachtstatt des Gottes Jissraels, darauf Darhöhungen darzuhöhn, wie in der Weisung Mosches, des Mannes Gottes, geschrieben ist. … 8 Und im zweiten Jahr nach ihrem Kommen zum Hause Gottes nach Jerusalem, in der zweiten Mondneuung, begannen Serubbabel Sohn Schealtiels und Jeschua Sohn Jozedeks und ihre übrigen Brüder, die Priester und die Lewiten und alle, die aus der Gefangenschaft nach Jerusalem gekommen waren, und hintreten ließ man die Lewiten, vom Zwanzigjährigen aufwärts, das Werk an SEINEM Haus zu leiten.

In Kap. 4 muss Sacharja aus seiner Vision geweckt werden. Für die nächste Vision muss er ganz wach und aufmerksam sein. Für den Tempeldienst und den geistlichen Dienst ist durch Jehoschua gesorgt. Nun geht es weiter mit dem Volk und seiner politischen Führung.
Sacharja sieht einen Leuchter mit sieben Lampen und sieben Gießrohren, mit denen das Öl in die Lampen gegossen wird. Rechts und links vom Ölgefäß sieht er zudem zwei Ölbäume. Sacharja kann dieses Bild nicht deuten, obwohl er die Gegenstände aus dem Tempel kennt. Die Beschreibung des Leuchters finden wir in Ex. 25 und Ex. 37.

Ölbäume und Weinstöcke sind Zeichen der Fülle Israels. Von den Ölbäumen wird das Öl der Oliven gepresst und für die Leuchter im Tempel verwendet sowie für die Salbung von Priestern, heiligen Gegenständen und Königen.
Dtn. 28,14 Ölbäume hast du in all deiner Gemarkung, nicht gießest du Salbe, denn dein Ölbaum streift ab,
Die Ölbäume werden erst dann keine Frucht bringen, wenn Israel nicht auf Gottes Wegen geht. Nun aber ist es zurückgekehrt und der Engel Gottes kehrte darum zu Sacharja zurück וַיָּשָׁב wa’jaschaw (לָשׁוּב laschuw = umkehren).

Die Botschaft der Zahlen durch die vorhandenen Gegenstände ist die von Kapitel 3: Jetzt allerdings erleuchtet und erhellt Gott die Welt vollkommen. Die Sieben kommt in V2 dreimal vor, sodass eine Verwandlung ansteht, die in V 6 ausgesprochen wird:
Sach. 4,6 … Dies ist SEINE Rede zu Serubbabel, der Spruch: Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geistbraus! hat ER der Umscharte gesprochen.
Gottes Ruach bringt diese Verwandlung, nicht Serubbabel, der übriggebliebene und neue König über Juda. Serubbabel heißt: der in Babel Gesäte, Gezeugte. Er bringt die neue Saat und darum das neue Judentum in Form einer neuen Hoffnung für die Verschleppten Israels. Er darf sich nun auf die Kraft Gottes verlassen, die sich als Gottes Geist zeigen wird. Alle Feinde müssen vor Serubbabel weichen. Was sich vor ihm auftürmt, muss eben werden. Selbst die Härte eines Steins muss der Kraft des Geistes nachgeben.

Serubbabel als gesalbter König wird als der Messias seiner Zeit und als Vorläufer des endgültigen Messias verstanden. Der Stein, der ihm gegeben wurde, wird der Grundstein gewesen sein für den ersten Tempel. Die Rückkehrer werden mit ihm unter der doppelten Gunst Gottes der Zweite Tempel wieder erbaut werden. Diese Anstrengung wird ihnen mur mit Gottes Gnade gelingen.

Sacharja זְכַרְיָה (לִזְכּוֹר liskor erinnern; Jah steht für Gott) – Gott erinnert und Gott gedenkt immer und zu jeder Zeit. Gott schaut Anfang, Mitte und Ende Seines Volkes an. ER gedenkt des Anfangs, sieht Sein Volk in der Not und gedenkt an Seinen großen Plan mit Israel. Zu dem gehört, dass die Völker sich nach der Einwohnung Gottes sehnen und deshalb zu Israel kommen. Dazu gehört auch, dass am Ende der Tage der Messias kommt, der Israel und die Völker erlösen wird, der das Friedensreich errichtet, und es ein Erkennen geben wird, zu dem niemand mehr aufgerufen werden muss.
So wird es auch eine Zeit geben, auf die Sacharja hinweist: die Zeit des ewigen, dritten Tempels, der mit dem Grundstein des Ersten und Zweiten Tempels gebaut werden wird, so ist die Deutung einiger Rabbiner. Dieser Grundstein strahlt Anmut aus, was das Wort חֵן chen ebenfalls bedeuten kann.

So schlägt dieser Prophet, der unter Kyrus zurückkehrte aus dem Exil, einen weiten Bogen von der Verfehlung der Kinder Israel über ihre Wiederannahme bis hin zum messianischen Zeitalter. Er gewährt uns Einblick in den anstehenden Wiederaufbau des Tempels und der Diener Gottes, die ER dazu berief bis in unsere eigene Zukunft.

Wenn sich das Wort damals erfüllte, wird es sich auch in Zukunft erfüllen.


[1] Titel des Buches von Friedrich Heer

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