zur Paraschat TERUMA am Schabbat, 8. Adar 5781; 20. Februar 2021
Der Gedankenaustausch mit meinem Mann Yuval ist immer fruchtbar.
Der erste König – Scha’ul
Schmu’el setzte auf Wunsch des Volkes Scha’ul zum ersten König über Israel ein. Er rang mit Gott, nachdem seine Söhne als Richter versagten und das Volk sich einen König wünschte.
1.Sam. 8,6 Übel war die Rede in Schmuels Augen, wie sie das sprachen: Gib uns einen König, uns zu richten. Schmuel betete zu IHM. 7 ER aber sprach zu Schmuel: Höre auf die Stimme des Volks in allem, was sie zu dir sprechen, nicht dich ja haben sie verworfen, mich ja haben sie verworfen, König über sie zu sein.
Gott war dem Volk zu willen nach all ihrem Bitten. Sie wollten so sein wie andere Völker, weshalb Gott Schmu’el sagte, dass das Volk IHN als König verworfen habe. Scha’ul heißt: der Erbetene von sche’ela שְׁאֵלָה = Anfrage. Hier aber haben Menschen ihn als König erbeten, was dem wahren König eine Abfuhr erteilte.
Wir lernen daraus, dass nicht jede Gebetserhörung zu unserem Besten ist, sie kann auch Antwort auf unser uneinsichtiges Beharren sein.
1.Sam. 10,1 Schmuel nahm die Ölflasche, er goß es ihm übers Haupt, er küßte ihn und sprach: Ists nicht so, daß ER dich über sein Eigentum zum Herzog gesalbt hat?!
Der Auftrag an Scha’ul war eindeutig: Er war gesalbt zum Fürsten oder Herzog über Gottes Volk, zu einem Mann, der das Sagen haben wird über Gottes Eigentum. Herzog = נגיד nagid kommt von dem Verb lehagid לְהַגִּיד = etwas verlauten lassen, sagen. Scha’ul ist für das Volk Gottes als ein treuer Verwalter beauftragt, er hat an Gottes Statt dem Volk etwas zu sagen und ist für seine Rettung von den Feinden verantwortlich.
Als Scha’ul sich bereits im zweiten Jahr seiner Amtszeit befindet, kommt Schmu’el zu ihm mit einem Auftrag:
1.Sam 15,1 Schmuel sprach zu Scha’ul: Mich hat ER einst gesandt, dich zum König über sein Volk, über Jissrael zu salben, – höre jetzt auf die Stimme SEINER Rede!
Dieser Auftrag kommt von Gott, weshalb Schmu’el betont, er möge auf die Stimme Gottes in der Rede hören. Dieser Auftrag betrifft die Feinde Israels, Amalek.
Die Feinde Gottes – Amalek
Wer ist Amalek? Er ist zuerst ein Enkel Esaus.
Gen. 36,12 Timna aber war ein Kebsweib des Elifas Sohn Essaws, sie gebar dem Elifas Amalek. Dies die Söhne Adas, Weibs Essaws.
Von Esau wissen wir, dass er mit Heidinnen verkehrte und damit seine Eltern traurig machte. Darum können wir nichts Genaues über die Frauen seiner Söhne oder seine Enkel sagen. Amalek kommt von עמל רק amal rek = sinnlose, ziellose, vertane Mühe (Sisyphusarbeit).
Das erste Mal, das wir Amalek in Beziehung zu Israel Erleben, war, als er hinterrücks gegen das Volk, das aus Ägypten geflohen und noch schwach war, kämpfte.
Ex. 17,8 Da kamen die Amalekiter und stritten wider Israel in Rephidim.
Während Josua in aller Eile kampffähige Männer aussuchte, mit denen er gegen Amalek antreten konnte, stützten Aaron und Chur Mosches Arme, damit Israel den Kampf gewinnen konnte. Schon damals war es Amaleks Ansinnen, Israel als vermeintlich schwaches Volk auszulöschen.
Nachdem die Kundschafter der Kinder Israel die Botschaft über das verheißene Land brachten, verzagten die Zuhörer nach der Mitteilung der Zehn und mussten ihretwegen 40 Jahre in der Wüste wandern. Gott warnte sie, in das Land einzuziehen, aber sie hörten nicht und mussten gegen die Amalekiter kämpfen und verlieren. (Num. 14)
Bileam hat eine Vision über Amalek, die seinen Untergang vorhersagt:
Num. 24,20 Dann sah er Amalek, er hub sein Gleichwort an, er sprach: Vorhut der Erdstämme war Amalek, doch seine Nachkunft – zum Schwindenden hin!
Doch zuvor ist Amalek, auch während der Zeit der Richter, ein bedrohlicher Feind.
Deut. 25,17 Gedenke, was dir Amalek antat auf dem Weg, auf eurer Fahrt aus Ägypten: 18 der auf dem Weg über dich kam, den Schweif all der Lahmgewordenen hinter dir abschnitt, da du müde und matt warst, und Gott nicht fürchtete! 19 Es sei: wann ER dein Gott dir Ruhe gewährt vor all deinen Feinden umher in dem Land, das ER dein Gott dir als Eigentum gibt, es zu ererben, wegwische das Gedenken Amaleks ringsunter dem Himmel, vergiß nicht!
Es galt das Gebot Mosches, Amalek, der Gott nicht fürchtete, auszulöschen im Land, das Gott dem Volk versprochen hatte und wo es Ruhe finden sollte.
Scha’uls Versagen
Das Gebot Mosches gegen diesen Feind und der von Gott verheißene Sieg stecken also hinter der Rede Schmu’els an König Scha’ul. Die Zeit ist gekommen, den ständigen Feind Israels zu besiegen, denn Gott will SEINEM Volk Ruhe schenken. Dafür ist nun der gesalbte König, der Maschiach מָשִׁיחַ, zuständig (lehimaschach לְהִמָּשַח = salben). Er war durch die Salbung für sein Amt mit Gottes Autorität ausgerüstet, so wie es alle Priester und Könige waren. Auch der Anwärter auf das endzeitliche Amt des Erlösers aus allen irdischen Verstrickungen wird gesalbt werden.
1.Sam. 15,2 So hat ER der Umscharte gesprochen: Gemustert habe ich, was Amalek an Jissrael tat, der sich ihm in den Weg legte, als es aus Ägypten heraufstieg, – 3 geh jetzt hin und schlage Amalek! bannen sollt ihr alles, was sein ist, schone sein nicht, töten sollst du von Mann bis Weib, von Spielkind bis Säugling, von Ochs bis Schaf, von Kamel bis Esel.
Das Maß ist voll! Gott hat die Vernichtung Amaleks beschlossen. Nichts soll von diesem Volk übrig bleiben. Angefangen in der Wüste bis zu diesem Augenblick wird Amalek aufgerechnet, was es gegen Israel unternommen hat.
1.Sam. 15,4 Scha’ul nahm das Volk in Gehorsam
Scha’ul disziplinierte das Volk, damit es mit ihm gegen Amalek zöge. Dann machte er den Kenitern Mitteilung von seinen Kampfabsichten gegen Amalek, da sie unter den Amalekitern wohnten. Sie waren aber als Feinde nicht gemeint und konnten sich somit in Sicherheit bringen. Die Amalekiter besiegte Scha’ul, aber ihren König, König Agag, verschonten er und die Israeliten. Dazu auch das Beste der Schafe und Rinder. Was war aus dem Gehorsam geworden, zu dem Scha’ul das Volk verpflichtet hatte?
Gott gereut es, dass ER Scha’ul zum König erwählt hatte. Da ER aber mit Scha’ul selbst nicht reden konnte, redete Gott mit Schmu’el und verkündete ihm SEIN Urteil über den König.
Ist Gott zu hart, wenn Scha’ul die Entscheidung getroffen hat, gnädig zu sein?
Wir erleben Scha’ul als jemanden, der überhaupt kein Unrechtsbewusstsein hat.
1.Sam. 15,13 Schmuel kam zu Scha’ul, Scha’ul sprach zu ihm: Gesegnet du IHM! ich habe SEINE Rede aufrecht gehalten.
Ich habe getan, was Gott mir aufgetragen hat! So begrüßt er Schmu’el. Kein Hinweis auf seine Skrupel, den König umzubringen! Er hätte doch sagen können, dass er alles getan habe, bis auf … Darüber hätte er das Gespräch mit Gott suchen können. Dabei hatte er einer Auslegungsmeinung zufolge auch Frauen und Kinder verschont. So wird in V9 „das Beste“ gedeutet, zumal es die Amalekiter auch noch unter David und später gab:
1.Sam. 15,9 … überhaupt alles Beste, sie waren nicht es zu bannen gesonnen,
Mit dem Vieh meint Scha’ul, Gott erfreuen zu können, der ihm doch einen ganz anderen Auftrag gab.
1.Sam. 15,15 Scha’ul sprach: Vom Amalekiter haben sies mitkommen lassen, was das Volk als das Beste der Schafe und der Rinder verschonte, um IHM deinem Gott zu schlachten, aber den Rest haben wir gebannt.
Gott will er von den Tieren Amaleks Opfer bringen! Schmu’el erklärt ihm sofort, dass sein Vorhaben eine Sünde ist. Scha’ul aber bleibt uneinsichtig und macht nun das Volk für seinen Ungehorsam verantwortlich. Er folgt dem uralten Beispiel Adams, der die Frau als Schuldige ausmachte. Gott liebt ein gehorsames Herz, was Schmu’el richtig stellt. Für König Scha’ul gibt es jetzt keine Gnade mehr, nachdem er zur Unzeit gnädig war.
1.Sam. 15,22 Schmuel sprach: Hat ER an Darhöhungen und Schlachtmahlen Lust wie am Hören auf SEINE Stimme? Wohlan, Hören ist besser als Schlachtung, Aufmerken als Widderfett, 23 denn Versündung der Wahrsagerei, so gilt Widerspenstigkeit, frevler Wunschlarvengebrauch, so gilt vorwitzige Tat. Weil du SEINE Rede verworfen hast, verwirft er dein Königsein.
Zum Schluss sorgte Schmu’el selbst für den Tod des Königs Agag, dessen Nachfahre Haman aus dem Buch Ester war. Er hatte ebenfalls das Ziel, Israel auszulöschen. Nach Ansicht jüdischer Rabbiner stammte auch Hitler von Amalek ab, einige sprechen auch von der Hamas, weil sie Hitlers Vorhaben, die Totalvernichtung der Juden, zum Ziel bringen wollen.
Nachdem Scha’ul seine Schuld bekannt hatte, erwies Schmu’el dem König die Ehre, sich vor Gott zu verbeugen. Damit stand er nicht blamiert vor dem Volk dar. Scha’ul suchte die Nähe Gottes, doch hielt er diesen guten Weg der Umkehr nicht durch.
1.Sam 15:35 Und nicht sah Schmuel Scha’ul wieder, bis zum Tag seines Tods, denn Schmuel trauerte um Scha’ul, da ER es sich wollte leidsein lassen, daß er Scha’ul über Jissrael gekönigt hatte.
Scha’ul befolgte Gottes Auftrag nicht. Darum verwarf Gott ihn, worüber Schmu’el sehr trauerte. Gott aber hatte Scha’ul viele Chancen gegeben, in sein Amt hineinzufinden und von Fehlern umzukehren. In dieser Situation, als er die Amalekiter vernichten sollte, ging es um eine Reinigung, die schon Mosche geboten hatte, denn die Amalekiter waren nicht nur Todfeinde für das Volk, sondern auch für Gott. Scha’ul weigerte sich, für Gott zu kämpfen; er weigerte sich, ein „Israel-it“ zu sein. Hätte Scha’ul mit Gott über seine Schwierigkeiten gesprochen, dann hätte Gott andere Wege gefunden, um die Reinigung durchzuführen, wie beispielsweise im Buch Genesis. Abraham handelt mit Gott über die Gerechten, die er doch schonen möge und Gott rettete sie, bevor ER sein Gericht vollstreckte. Gott ist ein dialogischer Gott und liebt das Gespräch.
Ist Gott ungnädig?
Martin Buber sagte einmal, dass er die größten Schwierigkeiten mit der Bibel an dieser Stelle hatte, wo Gott Scha’ul so hart bestrafte, als er sich für Barmherzigkeit entschied.
Die Rabbiner erklären dazu Folgendes: „Wenn du in Situationen, in denen Barmherzigkeit nicht angezeigt ist, gegen Gottes Willen Barmherzigkeit zeigst, dann wirst du in Situationen, in denen Barmherzigkeit gefragt ist, nicht barmherzig sein, denn auf deine Gefühle ist kein Verlass.“
Dazu dient folgendes Beispiel:
Laut 1. Sam. 22 versteckten 85 Priester David in Nob, als er auf der Flucht vor Scha’ul war. Dort befand sich ein Denunziant und verriet David und die Priester.
Jetzt ist Scha’ul so unbarmherzig in seinem Wahn, dass er 85 Priester Gottes! umbringen lässt und sogar die ganze Stadt Nob auslöscht. Er hört auf einen Verräter, Doeg, begeht kaltblütigen Mord und hat keine Vorbehalte, Menschen – Frauen und Kinder eingeschlossen -, zu töten. Es ist das Gefährliche, wenn man sich selbst und seine Gefühle zum Maß aller Dinge macht. Dann kann man nicht mehr unterscheiden zwischen der Stimme eines Verräters und der Stimme Gottes!
1.Sam. 22:18 Da sprach der König zu Doeg: Tritt du herzu und stoße die Priester nieder. Der Edomiter Doeg trat herzu und stieß die Priester nieder und tötete an jenem Tage 85 Männer, die das linnene Ephod trugen. 19 Und Nob, die Stadt der Priester, schlug der König mit der Schärfe des Schwertes – Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder, Esel und Schafe mit der Schärfe des Schwertes.
Gott zeigt immer wieder SEIN Erbarmen; SEIN Erbarmen gehört zu SEINEN 13 Eigenschaften. Ohne Erbarmen ist Gott nicht zu denken. Die Amalekiter aber waren auch Feinde Gottes, nicht nur einfach ein heidnisches Volk. Die Feindschaft gegen Gott zeigte sich in der Feindschaft gegen SEIN Volk Israel. Das können wir Heutigen daraus lernen, dass die Liebe zu Gott ihren Niederschlag in der Liebe zu Israel findet. Dabei geht es nicht darum, aus Juden die besseren Menschen zu machen, sondern darum, Gottes Wahl zu akzeptieren und zu respektieren. Es gibt nur ein Volk, das die Welt mit der Tora, dem Gottesdienst und den Verheißungen beschenkt hat, und darum ist es ein Gebot der Einsicht, Gottes Volk zu lieben.
Röm. 9,4 die ja Israeliten sind, denen die Annahme an Sohnes Statt angehört und die Gegenwart Gottes und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Gottesdienst und die Verheißungen, 5 denen die Väter angehören und von denen der Messias dem Fleische nach herstammt. Gott, der da über allem ist, sei gepriesen in Ewigkeit! Amen.