Das Buch Jona wird an Jom Kippur in der Synagoge gelesen. Aber Warum? Eigentlich ist es doch peinlich, dass ein Mann berufen wird, und der nicht gehorcht. Jona als Prophet müsste die Macht Gottes doch kennen. …

Ein Teilnehmer am virtuellen Jona-Seminar im August 2021 schrieb folgende kurze Übertragung aus einem englischen Buch zu Jona:
Das Buch Jona ist mit Lektionen angefüllt, die, auch wenn sie hinter der ultimativen Anforderung an Israel zurückbleiben, zumindest mit dem nachstehenden Weg beginnen:
– Gottes  Fürsorge erstreckt sich über die gesamte Welt. Niemand ist ausgenommen von Seiner Fürsorge und niemandem wird Seine Gnade entzogen.
– Niemand kann vor Gott weglaufen. Wenn es Sein Wille ist, so kann eine Bootsmannschaft, ein Sturm, ein Fisch, sogar ein Blatt oder ein Wurm jeden zur Umkehr bewegen und zurückholen auf den guten Weg, wen auch immer und wo auch immer.
– Buße kommt nie zu spät. Das Urteil ist gefallen, dennoch konnten die Niniviten umkehren und sich vor Gottes Gericht retten.
– Gottes Gnade kennt keine Grenzen.
– Wirkliche Buße besteht in ehrlichen Taten und der Achtung der Mitmenschen, nicht in fassadenhaftem Handeln.
Buße fordert die Naturgesetze der Schöpfung heraus. Gemäß den Bedingungen, unter denen die Welt entstand, wären Reue und Verhaltensänderung nicht ausreichend, um die spirituelle Schande der Sünde wegzuschaffen. Dem Verursacher bringt sie unweigerlich Leiden, sogar Tod.
Aber es ist undenkbar, dass die nicht perfekte Menschheit ohne jede Hoffnung auf spirituelle Rehabilitation überleben kann.
Daher wurde die Buße als Voraussetzung der [Welt-]Schöpfung geschaffen. Ohne diese könnte die Schöpfung nicht überdauern. Daher begann Gott nicht mit Seiner Arbeit, bevor die Möglichkeit zur Buße, wie die Gesetze der Physik, in das Universum eingeschrieben war.“

Auszüge von Jens Nitschkowski ins Deutsche übertragen aus: Jonah, A new translation with a commentary anthologized from Talmudic, Midrashic and Rabbinic sources, Artscroll

Es geht um die Flucht und den Ungehorsam des Propheten sowie die Umkehr der Heiden. Letztlich geht es um den barmherzigen, geduldigen, gnädigen Gott, der Jona als mahnendes Licht nach Ninive senden wollte. Wie und ob das gelang, ist in der Zusammenfassung verschiedener Seminare, die mein Mann Yuval zu dem Thema hielt, nachzulesen. Ein spannendes Thema!

Juden in aller Welt beten und fasten an diesem Tag. Sie ziehen Bilanz über das vergangene Jahr und gehen mit sich selbst ins Gericht. Dabei vertrauen sie auf diesen barmherzigen, geduldigen, gnädigen Gott gerade deshalb, weil ER Richter, König und Vater in einer Person ist. Sollte sich ein Vater nicht seiner Kinder erbarmen?

Wir wenden uns an unseren liebenden Vater, der unsere Schwachheiten kennt und singen voll Inbrunst und voller Glaubensgewissheit:
„Unser Vater, unser König, aus Gnade erhöre uns, denn wir haben keine verdienstvollen Handlungen, erweise uns Milde und Huld und hilf uns!“
Im Schlussgebet Ne’ila heißt es:
„Wenn unsere Sünden wider uns zeugen, so kommen wir zu Dir, kommen in Deinem Namen; wie ein Vater wirst Du Dich unser wieder erbarmen, uns wieder trösten wie eine Mutter ihren Sohn, wirst uns in Deinem Zorne nicht vermindern.“

Diese Güte und ausdauernde Geduld finden wir auch in der Megillat Jona, in der Jona-Rolle.


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