Zur Parascha Bamidbar – In der Wüste – Numeri 1,1-4,20 am Schabbat 5. Siwan 5782; 4. Juni 2022 vor Schawuot

Die Worte des Propheten Hosea in Kap. 2,4-15 sind schmerzhaft. Gott rechnet scharf ab mit der IHM untreu gewordenen Frau, die anderen Göttern nachlief. Es machte ihr Spaß, ihren Vergnügen überall nachzugehen, ihre sexuelle Befriedigung bei fremden Männern zu suchen und ihren sie liebenden Mann zu betrügen.

Wir feiern das Schawuot-Fest in Erinnerung an die Gabe der Tora. Dort schloss Gott mit Seinem Volk einen Bund und erwählte sich die Sklaven aus Ägypten zu Seinem Volk. Israel sollte aus der Knechtschaft Ägyptens in die Freiheit der Knechte Gottes kommen. In diesem Bündnis gab es die für beide Seiten verbindlichen Regeln, die somit die Freiheit der Kinder Israel besiegelten. Gott verpflichtete sich, für Sein erwähltes und errettetes Volk in allen Belangen zu sorgen. Dafür oblag es den Kindern Israel, dem EINEN Gott treu zu sein und auf Seine Worte zu hören. Die Gebote waren Gottes Geschenk an Seine Kinder, mit IHM, dem unsichtbaren Gott, in Beziehung leben zu können.

Ein Gebot heißt: Ex. 20,14 Brich nicht die Ehe.

Warum? Sind alle Ehen bis ans Lebensende zu führen? Immerhin erlaubte Mosche doch den Scheidebrief? Es gibt im Judentum keine Sakramente, die die Ehe unauflöslich machen und zwei Menschen auf Gedeih und Verderb aneinander binden. Es gibt ein sauberes Auseinandergehen, wenn die Partner sich auseinandergelebt haben. Die Einhaltung dieses Gebots bedeutet eine Verbindung mit dem Höchsten.

Doch in erster Linie ist an das Bündnis des Menschen mit Gott zu denken. Gott ist ein vorbildlicher „Ehemann“, der nicht betrogen werden darf! ER versorgt uns nicht nur materiell, sondern auch spirituell durch Seine Nähe. ER ist ein geduldiger Ansprechpartner und Zuhörer für alle unsere Nöte und Freuden. ER erträgt selbst unser Schweigen, denn ER weiß, was wir brauchen. Wenn nur der Glaube an unseren Schöpfer, unseren Vater und König nicht aufhört! Dann antwortet ER liebevoll auf unsere Anliegen und Bitten.

Wenn Seine „Frau“ sich aber anderen Göttern zuwendet, von dort alle „Segnungen“ erwartet, ist Gott verletzt. Sie erkennt gar nicht, dass alle anderen Götter „Nichtse“ aus Holz oder Stein sind, weder Ohren noch Hände haben. Nur EINER kann uns versorgen und bewahren! Darum dreht Gott den Versorgungshahn zu! Wenn wir uns nicht an IHN wenden, ist letztlich keiner da, der helfen kann. Das wird die untreue Frau lernen!

Kommt es uns nicht bekannt vor, wenn Gott Hunger über das Land kommen lässt und die Frau nackt und heimatlos umherirrt? Über uns sind diese Ängste im Angesicht eines unvorstellbaren Krieges gekommen. Aber an wen wenden wir uns? Ist nicht die ganze Welt von Gott abgerückt? Beten wir nicht lieber den Wohlstand und das unaufhörliche Wirtschaftswachstum an und somit unserer eigenen Anstrengungen? Haben nicht unsere Partys und Vergnügungen Vorrang vor Gott? Ist bei Gott etwa keine Freude, dass wir sie bei anderen „Göttern“ suchen müssen?

All die jüdischen Feste sind voller Freude, voller Gesang der Dankbarkeit, voller Tanz. Es sind Feiern, die der Seele gut tun, der Seele ein Zuhause geben, sie ankommen und heimkommen lassen. Es sind Feiern der Erinnerung an Gottes Wunder, die sogar heute noch möglich sind; Erinnerungen an unvergleichliche Errettungen.
Ps. 126,1 Wann ER kehren läßt die Heimkehrerschaft Zions, werden wie Träumende wir. 2 Lachens voll ist dann unser Mund, unsere Zunge Jubels. Man spricht in der Stämmewelt dann: »Großes hat ER an diesen getan!« – 3 Großes hatte an uns ER getan, Frohe waren wir worden.
Aber Gott gesteht der untreuen Frau dieses Feiern nicht zu, wenn sie sich nicht entscheiden kann zwischen ewiger Freude und Jubel und kurzzeitigem Vergnügen.

Die Frucht unserer Abwendung von Gott ist wachsender Unfrieden, sowohl durch Krieg als auch durch Morde und Terror weltweit, als auch im Zwischenmenschlichen. Ferner zeigt uns die Natur, dass sie leidet, wenn wir nicht auf Gott hören, denn sie selbst hört auf ihren Schöpfer. Unsere Lieblosigkeit und Gottlosigkeit lässt Wasser über die Ufer treten, Berge schwanken, die Erde erbeben und ihren Schlund öffnen, sintflutartigen Regen die Erde überschwemmen. Die Klimakrise ist hausgemacht! – aber sie könnte mit unserer Rückkehr zu Gott vollständig geheilt werden!

Hos. 2,16 Darum doch werde einst ich sie locken, ich lasse sie gehn in die Wüste, da rede ich ihr zu Herzen.

Dieser Satz gibt Hoffnung, denn nach allem, was die Treulose erleiden musste, ist Gott gesprächsbereit! In der Wüste will ER mit ihr sprechen, denn dort weiß ER ihr Herz zu erreichen. Die Wüste ist ein Ort der Stille und ein beispielhafter Ort für Gottes Wirken. Dieser Ort ist im ersten Moment unwirtlich und mit der stechenden Sonne und Wassermangel lebensfeindlich. Wie die Situation der Untreuen!

Doch ist die Wüste מִדְבָּר midbar durch diese Stille im Besonderen ein Ort des Sprechens Gottes מדַבֵּר medaber. Ohne Vokalzeichen sind die Worte für Wüste und sprechen identisch! Wenn Gott in der Wüste spricht, kann die Frau ungestört von störenden Eindrücken zuhören, kann verstehen!

Jetzt kann Gott Seiner Geliebten alles zurückgeben, alles, was ER ihr immer versprochen hatte und wovon ER nicht abweichen will. Sie wird ihren Mann aufs Neue erkennen und sich nach IHM sehnen. Sie wird ihren Mann אִישִׁי ischi = mein Mann rufen, nicht – wie es heute im Hebräischen üblich ist בַּעְלִי Ba’ali = mein Mann, was die Bedeutung von „Eigner“ hat, wie z.B. der Hauseigentümer בּעַל הבית  Ba’al habeit. Der Name, der im Alltagsgebrauch nichts mehr mit dem Baalskult zu tun hat, soll gänzlich verschwinden und jede Erinnerung an Götzenkult ausmerzen.

Sobald die Frau Gottes Wort lauscht und annimmt, von ihrer Untreue umkehrt, schließt Gott erneut einen Bund mit allen Seinen Geschöpfen! Die Natur und die Menschheit werden befriedet!
V 20 Bogen, Schwert und Kriegszeug zerbreche ich, vom Erdland hinweg, in Sicherheit lasse ich sie ruhn.
Gott schenkt den wahrhaften Frieden. Gott sorgt für Frieden, weil ER alles Kriegsgerät von der Erde entfernt. Das ist Grund zur Freude, zum Singen und Tanzen, zum Danken und Jubilieren! Es braucht nur eins: UMKEHR – תְּשׁוּבָה Teschuwa! Auch für uns heute! So schnell sind alle unsere Probleme gelöst, wenn wir auf den EINEN Gott und Vater hören! ER hat Antworten für all unsere Nöte, heißen sie Krieg oder Klimakrise!

Am meisten berühren mich die Schlussverse, die jeder Mann morgens beim Anlegen der Gebetsriemen spricht:
21 Ich verlobe dich mir auf Weltzeit, ich verlobe dich mir in Wahrhaftigkeit und in Recht, in Huld und in Erbarmen, 22 ich verlobe dich mir in Treuen, erkennen wirst du MICH.

Die Verlobung hat im Judentum einen ähnlich bindenden Charakter wie die Hochzeit. Diese Zeit dient der Vorbereitung auf den gemeinsamen Hausstand, in welchen der Bräutigam seine Braut bei der Hochzeit holt.

Gott bindet sich an Seine zurückgekehrte Frau, ohne ihr länger Vorhaltungen zu machen. In Treue, im Glauben, in Festigkeit אֱמוּנָה Emuna darf die Frau sich an ihrem Gott beständig festmachen. Und sie wird IHN erkennen יָדַעַתְּ jada’at von לדעת lada’at = erkennen, eins mit IHM werden im Tun Seines Willens, der zu ihrem Willen wird. Die Verlobungszeit dient ihr, ihren Mann wieder neu kennen- und lieben lernen. Diese Verlobung trägt in sich die vertrauensbildende Maßnahme Gottes! Sie wird IHN erkennen! Sie wird IHN intim erkennen und Seine Fürsorge erfahren! ER wird sie Seine Gerechtigkeit Zedek צֶדֶק sehen lassen ebenso wie Seine tätige Liebe Chessed חֶסֶד und Sein Erbarmen Rachamim רַחֲמִים, was zudem mit Geborgenheit zu tun hat. Das alles ist Ziel dieser Verlobung, in der Gott die vertrauensbildenden Maßnahmen leistet.

Wir können uns auf Gott verlassen! Am Berg Sinai schenkte ER uns Sein kostbares Wort, das wir immer wieder und wieder lesen und lernen dürfen, auf das wir uns berufen dürfen. Dieses Wort ist nahe bei uns.
Dtn. 30,11 Denn dieses Gebot, das ich heuttags dir gebiete, nicht entrückt ist es dir, nicht fern ists. 12 Nicht im Himmel ist es, daß du sprächest: Wer steigt für uns zum Himmel und holts uns und gibts uns zu hören, daß wirs tun? 13 Nicht überm Meer ist es, daß du sprächest: Wer fährt uns übers Meer hinüber und holts uns und gibts uns zu hören, daß wirs tun? 14 Nein, sehr nah ist dir das Wort, in deinem Mund und in deinem Herzen, es zu tun.

Gottes Ziel, neben dem vorrangigen des Erkennens Gottes, ist bereits in den ersten Versen des Kapitels genannt: Die Einheit Seines Volkes, das zahlreich ist wie der Sand am Meer und somit auf ein altes Versprechen Gottes zurückgeht:
Gen. 22,17 ja segne ich dich, mehren will ich, mehren deinen Samen wie die Sterne des Himmels und wie den Sand der am Ufer des Meers ist, ererben soll dein Same das Hochtor seiner Feinde,
Ferner ist Gottes Ziel die Wiederannahme der Kinder Israel als Sein Volk.
Hos. 2,2 Sprecht zu euren Brüdern: Mein Volk! und zu euren Schwestern: Dir wird Erbarmen!

All das hat Gott zu keiner Zeit vergessen, als ER so scharf abrechnete mit der Untreue Seiner Frau. Darum sollten wir Heutigen uns ebenfalls wieder dem Ewigen und Einzigen zuwenden, der sich nach uns sehnt wie ein Bräutigam nach Seiner Braut. Die Hochzeit wird auf jeden Fall kommen in der messianischen Zeit, und es wird ein großes, fröhliches Fest sein.

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