Für das Foto danke ich ganz herzlich Rabbiner Mordechai Mendelson und seiner Familie. Mit ihm können Sie Kontakt aufnehmen über
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Schabbat 18. Tewet 5781; 2.Januar 2021

Wajechi – und er lebte

Gen. 47,27 Und Israel wohnte im Land Ägypten, im Land Gosen, und sie nahmen es in Besitz, waren fruchtbar und mehrten sich sehr. 28  Und Jakob lebte noch 17 Jahre im Land Ägypten, und die Tage Jakobs, die Jahre seines Lebens, betrugen 147 Jahre.
Jaakob lebte 17 Jahre im Land Mizrajim, genauso viele Jahre, wie Jossef alt war, als er nach Ägypten verkauft wurde. Die Jahre waren gut für ihn, denn 17 = tow = gut. Seine Söhne und er konnten Goschen besiedeln und auf dem fruchtbarsten Landstrich Ägyptens ihre Tiere weiden. Ihnen fehlte es an nichts.
Jaakob wurde 147 Jahre alt, was die Quersumme 12 ergibt. Diese deutet auf die Stämme seines Volkes hin, zu dem Jissrael  werden soll.
Auch hier wechselt sein Name zwischen Jaakob und Jissrael hin und her. Als Jaakob ist er verantwortlich für seine Familie, seine 12 Söhne; als Jissrael ist er verantwortlich für die zwölf Stämme, die aus seinen 12 Söhnen hervorgehen werden. Wenn er sich seinem Tod nähert, so obliegt ihm die Verantwortung für ein ganzes Volk, das über seine Familie hinausgeht.
Gen. 47,29 Als nun die Zeit kam, dass Jissrael sterben sollte, rief er seinen Sohn Jossef und sprach zu ihm: Wenn ich Gnade gefunden habe vor deinen Augen, so lege doch deine Hand unter meine Hüfte und erweise mir Liebe und Treue (Wahrheit) חֶסֶד וֶאֱמֶת: Begrabe mich doch ja nicht in Ägypten!
Vor Jaakobs Tod muss Jossef Liebe und Wahrheit an ihm üben, indem er ihm einen Schwur leistet. Mit חֶסֶד chessed ist die tätige Liebe gemeint, die aktiv wird und sich in Liebeshandlungen erweist. Getragen von dieser Liebe legt Jossef die Hand unter die Hüfte Jaakobs, was das Zeichen für den Schwur ist, der Jossef fest an das Versprechen seinem Vater gegenüber binden wird. Er wird verpflichtet ihm die Liebe tun, nach Kanaan zu gehen und ihn dort zu begraben.
Dafür muss er Pharao gegenüber die Wahrheit אֱמֶת emet sagen, und zwar für die ganze Wahrheit einstehen. Jaakob möchte bei seinen Altvorderen liegen, bei denen, die ihm ein Vorbild und Wegweisung im Glauben waren. Eigentlich beleidigt Jaakob das gastgebende Land, wenn er die Beisetzung in Ägypten abschlägt, aber für Jaakob ist sein Glaube an den Einen Gott wichtig, der ihm Liebe und Wahrheit schenkte und ihm bei seinem Weggang aus der Heimat versprach, ihn wieder zurückzubringen.
Gen. 47,31 Er aber sprach: Schwöre mir! Er schwur ihm. Jissrael neigte sich, hin zu Häupten des Betts.
Jissrael neigte sich nach diesem Schwur zum Kopfende des Bettes hin, was als Verneigung vor seinem Sohn Jossef verstanden wird, die Verneigung aus dem zweiten Traum, die noch ausstand.

Segnung von Efraim und Menasche

Als es Jaakob immer schlechter geht, rafft er sich noch einmal auf um Jossefs Kinder zu segnen und den lang entbehrten Sohn an seiner Erinnerung teilhaben zu lassen.
Gen. 48,3 Jaakob sprach zu Jossef: Der Gewaltige Gott (El Schaddai) hat von mir sich sehen lassen in Lus, im Lande Kanaan, und hat mich gesegnet 4 und hat zu mir gesprochen: Da, ich bins, der dich nun fruchten läßt, ich mehre dich, ich gebe dir, Versammlung von Völkern zu werden, ich gebe dieses Land deinem Samen nach dir als ewigen Besitz.
Er lässt sein Leben mit dem ihm um sorgenden Gott אל שדי  El Schaddai Revue passieren, wie dieser Gott ihn mit dem Segen der Fruchtbarkeit des Landes, der Nachkommenschaft, die das Land zum ewigen Besitz nehmen soll, segnete.
Gen. 48,5 Nun, deine beiden Söhne, die dir im Land Ägypten geboren wurden, bevor ich zu dir nach Ägypten kam, mein seien sie, Efrajim und Menasche, wie Ruben und Schimon seien sie mein.
Efraim und Menasche sind die Erstgeborenen Jossefs, die Jaakob zu seinen erstgeborenen Söhnen anstelle von Ruben und Schimon annimmt. Seine zwei Erstgeborenen haben ihn vielfältig enttäuscht, was er sie in seinen späteren Worten deutlich spüren lässt.
Er denkt in diesen letzten Stunden auch an Rachel, und dass er sie nicht In Machpela begraben konnte, sondern in Bethlehem lassen musste. Jaakob gab unumwunden in diesen Abschiedsgespräch zu, dass er nicht zu hoffen oder zu träumen gewagt hätte, das Gesicht Jossefs noch einmal zu sehen. Für ihn ist das ein großes Wunder, das noch davon überboten wird, dass er seine Enkelkinder sehen durfte.
Gen. 48,13 Jossef nahm die beiden, Efrajim an seine Rechte zur Linken Jissraels, und Menasche an seine Linke zur Rechten Jissraels, und ließ sie zu ihm herantreten. 14 Aber Jissrael schickte seine Rechte aus und tat sie auf den Kopf Efrajims, der doch der Jüngere war, und seine Linke auf den Kopf Menasches, seine Hände querte er, obschon der Erstling Menasche war. … 20 Und er segnete sie an jenem Tag, sprechend: Mit dir soll Jissrael segnen, sprechend: Bestelle dich Gott wie Efrajim und wie Menasche! Efrajim stellte er vor Menasche.
Darum segnet er diese beiden Söhne wie seine eigenen, und zwar so wie er selbst von seinem Vater Jizchak vor seinem Bruder Esau gesegnet wurde. Der Ältere wird dem Jüngeren dienen. Und er segnet sie mit einem Vers, den wir auch heute noch zum Segnen der Kinder benutzen:
Gen. 48,16 Der Engel, der mich aus allem Übel erlöste, segne die Knaben! gerufen werde in ihnen mein Name und der Name meiner Väter, Abraham und Jizchak! fischgleich mögen sie wachsen zur Menge im Innern des Landes!
Es war der Engel, der ihn aus Esaus Händen zur Himmelsleiter führte; der Engel, der ihn von Laban zurückbrachte zu seinem Vater und mit ihm kämpfte, sodass aus ihm Jissrael wurde.
Durch die Überkreuzung der Arme bekommt derjenige, der den Namen „Doppelfrucht“ (Efraim) trägt, den größeren, fruchtbareren Segen als der, der den Vater sein Vaterhaus vergessen ließ (Menasche).
Gen. 48,22 Ich aber, ich gebe dir, schulterhoch, ein Teil über deine Brüder, was ich dem Amoriter abnehmen muß mit meinem Schwert, mit meinem Bogen.
In diesem Vers übergibt Jaakob seinem Sohn Jossef die Stadt Sichem, die er nach Rachels Tod erobert hatte. Sichem = Schchem heißt Schulter, weshalb dieser Vers so umständlich formuliert ist.

Segnungen und Warnungen der 12 Söhne

Jaakob liegt im Sterben und möchte nun auch die 11 anderen Söhne segnen. Er möchte ihnen etwas hinterlassen, das mehr wert ist, als jedes materielle Erbe. Zudem sind seine Söhne in der Fremde und werden einmal zurückkehren in das versprochene Land. Darum weiß Jaakob, das materielles Erbe nutzlos sein wird. Der Segen, der Zuspruch, die Warnung aber werden bleiben.
Gen. 49,1 Jaakob berief seine Söhne und sprach: Gesellt euch zueinander, daß ich euch melde, was euch begegnet in der Folge der Tage. 2 Tretet zuhauf und hört, Söhne Jaakobs, hört auf Jissrael euren Vater! שִׁמְעוּ אֶל יִשְׂרָאֵל אֲבִיכֶם
Jaakob ruft seine zwölf Söhne zusammen und rechnet mit ihnen ab. Er möchte, dass seine Söhne, die Söhne ihres Vaters Jaakob, zusammenhalten und auf ihren Vater Jissrael hörenSchim‘u al Jissrael awichem -, der sie durch die Einsicht in ihre unüberlegten Taten zur Umkehr führen will. Sie sollen ihn hören wie sie auf Gott hören. Wegen ihrer Taten können sie jedoch nicht die Verantwortung als Stammväter übernehmen.
Gen. 35,22 Es geschah, als Jissrael in jenem Lande wohnte: Ruben ging hin und lag Bilha, dem Kebsweib seines Vaters, bei. Jissrael hörte davon – Zwölf also waren der Söhne Jaakobs, 
Gen. 49,4 Überschwall wie Wassers – ragest nimmer! Denn du erstiegst das Bett deines Vaters, damals gabst du ihn preis, der mein Lager erstieg.

Als erstes spricht er zu Ruben, der als Erstgeborener bevorzugt war, der jedoch seinen Vater Jaakob sehr enttäuschte. Er schlief mit der Nebenfrau seines Vaters, entweihte damit dessen Lager und sich selbst.
Gen. 34,25 Aber am dritten Tag, während sie in Schmerzen waren, nahmen zwei Söhne Jaakobs, Schimon und Lewi, Vollbrüder Dinas, jeder sein Schwert, sie kamen über die sorglose Stadt und brachten alles Männliche um,
Gen. 49,6 Nimmer komme in ihren Rat meine Seele, nimmer eine, meine Ehre, dich ihrer Versammlung! Denn in ihrem Zorn erwürgen sie Männer, in ihrem Mutwill lähmen sie Stiere. 7 Fluch ihrem Zorn, daß er trotzt, ihrem Grimm, daß er so hart ist! Ich zerteile sie in Jaakob, ich zerstreue sie in Jissrael.
Schimon und Levi hören nichts Besseres von ihrem Vater, im Gegenteil. Es klingt wie in Psalm 1, wenn er in ihren Rat nicht kommen will, da es nur um Zorn und Fluch und Mord in ihrer Mitte geht. Er rechnet es ihnen als Sünde an, denn Mord ist in Gottes Augen ein großes Übel, das den Tod verdient. Sie mordeten immerhin hinterrücks die frisch beschnittenen Männer.
Jaakob verflucht seine beiden Söhne, was einen Segensentzug bedeutet. All der Segen an Fülle, Fruchtbarkeit, Landgewinn bleibt ihnen vorenthalten.
Gen. 49,8 Jehuda, du, dir danken deine Brüder. Deine Hand deinen Feinden im Nacken! Deines Vaters Söhne neigen sich dir.
Für Jehuda hat er ein wegweisendes, segnendes Wort, das über seine Zeit hinausgeht. Die Brüder werden ihm danken = joducha יוֹדוּךָ. Sie werden sich vor ihm verbeugen. Er ist wie ein Löwenjunges, wie eine Löwin, die man vorzugsweise nicht reizt. Ihm wird für die messianische Zeit der Herrscherstab zugesprochen und Schilo wird ihm gegeben werden, was so viel heißt wie das Seinige. Die Völker werden sich ihm unterwerfen, Esel und Weinstock, Traubenblut und Milch sind ein Zeichen für den Überfluss Jehudas.
Außerdem ist ein Anklang zu hören an die messianische Verheißung in Sacharja 9,9: Juble sehr, Tochter Zion, schmettre, Tochter Jerusalem! nun kommt dir dein König, ein Erwahrter und Befreiter ist er, ein Gebeugter, und reitet auf dem Esel, auf dem Füllen, dem Grautierjungen.
Sebulon wird das Volk der Seefahrer und daraus seinen Gewinn ziehen, Jissacher wird seinen Lohn als Landarbeiter eintragen.
Eine Ambivalenz ist in den Worten an Dan zu lesen, denn Dan ist eigentlich derjenige, der das Recht seines Volkes vertritt, aber der die Ambivalenz der Viper hat, die für den Reiter gefährlich wird. Aus dem Stamm Dan wird Simson kommen. Dieser Stamm ist der einzige, für den Jaakob um Beistand betet.
Marc Breuer: „Dann wird es die Viper sein können, die, unfähig den Reiter von vorn anzugreifen, sich durch den Biss aus dem Hinterhalt verteidigen wird. Aber ‚ich habe Vertrauen auf dich, Gott', dass daraus nicht ein gebräuchliches Mittel werde und damit die Loyalität und Rechtschaffenheit meiner Söhne nicht unter der zu häufigen Verwendung einer Waffe leide, die nur der legitimen Verteidigung dienen darf." [1]
Gad heißt Tross, Truppe. Diese wird er zusammenstellen müssen, um sein Gebiet zu verteidigen und um später bei der Landnahme seinen Brüdern zu helfen. Nur unter der Bedingung bekam er für seine Familien und Tiere das Gebiet im Osten. Es gibt Anklänge an Gen. 3 in Gen. 49,19 Gad, Gedräng der Raubschar umdrängt ihn, doch schon drängt auf der Ferse er nach.
Ascher bekommt in seinem Segen den Reichtum an Nahrung und Fettigkeit zugesprochen, der in seinem Namen beinhaltet ist; er wird Erfüllung und Fülle haben. Ascher =אֹשֶׁר Oscher = Erfüllung
Naphtali wird ein Bote sein, der Siegesnachrichten bringt. Aus diesem Stamm wird einst Barak kommen, der mit Debora gegen die Philister kämpfte.
Gen. 49,22 Sprossender Fruchtstock Jossef, sprossender Fruchtstock am Quell, Tochtergesproß schwingt sich mauerhinan …
Jossef ist in der jüdischen Tradition ein Zaddik, ein Gerechter, denn er hielt den Hass und die Boshaftigkeit aus, die seine Brüder im zufügten. Jaakob sah diese Größe schon von Anbeginn in seinem Sohn, weshalb er ihm auch zur Unzeit den bunten Mantel schenkte. Jossef blieb in seiner Ruhe und in seinem Gottvertrauen. Als schon seine Arme mit Gold geschmückt waren durch den Pharao, blieb er abhängig von Gott. Hier bekommt Gott einen seltenen Namen, den Namen Awir אביר, der Mächtige. Bei diesem Namen hat man das Bild von den großen Schwingen eines Adlers, wie sie Jossef tragen.
Stein heißt auf Hebräisch Even אֶבֶן und hat die sprachliche Wurzel gemeinsam mit dem Wort Sohn =בן . So sagte Sara zu Abram, er solle zu ihrer Magd Hagar gehen, Gen. 16,2 „vielleicht, daß ich aus ihr bekindet werde אוּלַי אִבָּנֶה מִמֵּנָּה ulai ibane mimena“. Gleichzeitig heißt es: „vielleicht werde ich durch sie erbaut.“ Gott erbaut aus den Söhnen und Stämmen die Gemeinschaft Jissrael.
Dieser Gott, der seinen Segen durch Jizchak einst auf Jaakob legte, der wird Jossef in Zukunft segnen. Jaakob spricht seinem Sohn Jossef den Segen seines Vaters Jizchak zu, wenn er sagt:
Gen. 49,25 Vom Gott deines Vaters – er helfe dir, von dem Gewaltigen -er segne dich: Segnungen des Himmels von droben, Segnungen des Wirbels, der drunten lagert, Segnungen von Brüsten und Schoß! 26 Die Segnungen deines Vaters wuchsen an die Segnungen der ewigen Berge, an die Lust der Weltzeit-Höhn – sie mögen sich senken auf Jossefs Haupt, auf den Scheitel des Geweihten unter seinen Brüdern!
Jaakob gibt er diesen Segen der Väter weiter an den ehemals verlorenen Sohn. Die Segnungen Jehudas und Jossefs sind beide sehr groß, sodass es zwischen den zwei Stämmen immer wieder Spannungen gab. Diese werden überwunden durch die Vorhersage Hesekiels:
Hes. 37,16 Und du, Menschensohn, nimm dir ein Holz und schreibe darauf: »Des Jehuda und der Söhne Jissraels, die seine Gefährten sind.« Und nimm wieder ein Holz und schreib darauf: »Des Jossef«, als das Holz Efrajims und alles Hauses Jissrael, die seine Gefährten sind. 17 Dann rücke sie dir aneinander zu Einem Holz, sie sollen zur Einheit werden in deiner Hand.
Benjamin wird ein Wolf sein, der einerseits zerreißt und gewalttätig ist, der andererseits aber auch seine Habe verteilt.
Gen. 49,29 Er gebot ihnen und sprach sie an: Ich werde nun eingeholt zu meinem Volke, begrabt mich zu meinen Vätern in die Höhle, die auf dem Anger Efrons des Chetiters, 30 in der Höhle, der auf dem Anger Machpela, angesichts von Mamre, im Lande Kanaan, welchen Anger Abraham von Efron dem Chetiter zur Grabhufe erwarb. 31 Dorthin begrub man Abraham und sein Weib Ssara, dorthin begrub man Jizchak und sein Weib Ribka, dorthin habe ich Lea begraben –
Allen Söhnen gemeinsam befiehlt er nun, dass man ihn dort beerdigt wo Abraham und Sara, Jizchak und Rebekka sowie Lea begraben sind. Dabei geht sein Wissen bis in die Einzelheiten des Kaufs, sodass belegt ist, dass dieser Ort rechtmäßig erworben wurde. Dort wird er nicht neben seiner Lieblingsfrau Rachel liegen, aber bei den  Vätern und bei Lea.
Gen. 49,33 Als Jaakob geendet hatte, seinen Söhnen zu gebieten, holte er seine Füße ins Bett und verschied und wurde zu seinen Volkleuten eingeholt.
Er zieht seine Füße zurück ins Bett und stirbt. Dieses Zurückziehen erinnert an die Stellung des Fötus im Uterus und gibt uns ein Bild davon, dass das Sterben gleich einer Neugeburt ist.

Trauer um Jaakob

Gen. 50,3 Und sie verwendeten darauf volle 40 Tage; denn so lange dauert die Einbalsamierung; aber beweint haben ihn die Ägypter 70 Tage lang.
Die Einbalsamierung ist keine jüdische Tradition zu einer Beerdigung, ganz im Gegenteil. Normalerweise wird der Leichnam noch am selben Tag bestattet. Das ist hier aus verschiedenen Gründen nicht möglich, denn zum einen will Jaakob in Kanaan beigesetzt werden, zum anderen ist es in Ägypten üblich, die Leiche 40 Tage lang einzubalsamieren und zu trauern. In Ägypten dauerte diese Trauer um Jaakob dann auch insgesamt 70 Tage, weil er ebenso großes Ansehen genoss wie sein Sohn Jossef. Darum gestattete es der Pharao, dass die Söhne auszogen und ihren Vater in Kanaan an bei seinen Vätern begruben. Die Ägypter ehren ebenfalls ihre Altvorderen, sodass sie Jaakobs Wunsch respektierten.
Wir haben es hier mit den Zahlen 30, 40 und 70 zu tun, denn 30 ist die Differenz von 40 und 70.
40 sagt uns, dass Jaakob bei den Ägyptern eine umfassende Bedeutung hatte, wie es schon an Abraham gesagt wurde, ein Segen für die Völker, für die Welt zu sein.
30 deutet die Transformation an, die bei den Brüdern vonstattengeht, wenn sie aus der Zerrissenheit in die Einheit kommen.
70 ist die Vollständigkeit, Vollendung, der gesegnete 7. Tag. Sie kamen einst mit 70 Seelen nach Ägypten. Jetzt ist die Trauer um Jaakob nach 70 Tagen vollendet.
Außerdem gibt 3 + 4 = 7, dalet ד + Gimmel ד = Fisch dag דג. Das führt uns zurück zu dem Segen aus Kapitel 48,16, nach dem sich die Nachkommen wie Fische mehren werden.
Gen. 50,7 Jossef stieg hinan, seinen Vater zu begraben, und mit ihm zogen alle Diener Pharaos, die Ältesten seines Hauses und alle Ältesten des Landes Ägypten, 8 und alles Haus Jossefs und seine Brüder und das Haus seines Vaters, nur ihre Kleinen, ihre Schafe und ihre Rinder ließen sie im Lande Goschen zurück.
Jossef zieht mit seinen Brüdern und vielen Ägyptern nach Kanaan, um dort den letzten Willen seines Vaters zu erfüllen.
Gen. 50,10 Als sie nun zur Tenne Atad (Dornentenne) kamen, die jenseits des Jordan liegt, hielten sie dort eine große und feierliche Totenklage; denn [Joseph] veranstaltete für seinen Vater eine siebentägige Trauer.
Sie kommen zur Dorntenne, was eine Vorwegnahme des Dornbuschs es ist, an dem Mose Gott begegnen wird. Dort wird Gott in seiner Niedrigkeit gesehen werden. So wie Gott auch derjenige ist, der mit Seinen Kindern unten in Ägypten bleibt. Hier hält Jossef nach jüdischem Brauch eine siebentägige Trauerzeit für seinen Vater, die Schiwa = 7, die noch heute im Judentum praktiziert wird. Im Heimatland konnte Jossef diesen Brauch ausüben.
Die Kanaaniter sehen diese Zeremonie. Ihnen wird sofort klar, dass dieser Mann eine große Bedeutung in Ägypten gehabt haben musste, weil so viele Ägypter unter den Trauernden waren.

Die Angst der Brüder und Jossefs Tod

Gen. 50,15 Als Jossefs Brüder sahen, daß ihr Vater tot war, sprachen sie: Wenn nun Jossef uns befehdete und vergälte uns all das Böse, das wir ihm bereitet haben, vergälte es!
Es geht zurück nach Ägypten und die Brüder machen sich Gedanken, ob Jossef eventuell noch Rache plante. Wie sehr müssen sie selbst unter ihrer Sünde, unter ihrem Verbrechen an dem jüngeren Bruder gelitten haben, dass sie keine Ruhe darüber finden, selbst nachdem sie in Wohlergehen in Goschen leben. Jossef hat bereits Frieden mit seinem Leben und mit den Brüdern geschlossen. Er hatte ihnen doch gesagt, dass Gott die Fäden in der Hand hält und nicht er. Aber jetzt, ohne den Vater, bricht sich die Furcht aufs Neue Bahn.
Gen. 50,16 Sie entboten dem Jossef, sprechend: Dein Vater hat vor seinem Tod geboten, sprechend: 17 Solcherweise sprecht zu Jossef: Ach vergib doch die Abtrünnigkeit (Verbrechen = pescha פֶּשַׁע) deiner Brüder und ihre Versündigung (Sünde = chet חֵטְא), daß sie dir Böses (ra’a רָעָה) bereitet haben! Nun, vergib doch der Abtrünnigkeit der Knechte des Gottes deines Vaters! Jossef weinte, als mans zu ihm redete.
Die Brüder kreieren eine Notlüge, nach der ihr Vater noch seinen letzten Willen ausgedrückt haben soll und Jossef bittet, für alle Verbrechen und für ihre Sünde möge er Vergebung gewähren. Für Vergebung steht im hebräischen Text ssa שָׂא , was bedeutet, Jossef möge ihnen die Sünde abnehmen und tragen. Wir wissen von solchen letzten Worten des Vaters nichts, aber die Brüder müssen sich in solch psychischer Not befunden haben, dass sie ihren Vater noch einmal sprechen lassen.
Gen. 50,19  Jossef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nimmer! bin ich denn an Gottes Statt?
Fürchtet euch nicht, die Botschaft der Bibel schlechthin. Jossef weiß, dass Gott auf krummen Linien gerade schreibt.
Gen. 50,20 Habt ihr, ihr Böses wider mich geplant, Gott hats umgeplant zum Guten, um zu tun, wies heut am Tag ist: ein großes Volk am Leben zu halten.
Er weiß, dass seine Brüder wirklich Böses vorhatten, das Gott aber zum Guten umgeplant hat, um ein großes Volk am Leben zu halten. Jossef in seiner Stellung hat eine große Verantwortung für Ägypten, aber er will diese Verantwortung gleichfalls für seine Brüder und deren Familien übernehmen.
Wie gut ging es diesem Land, als es von einem Juden mitregiert wurde! Wo Abraham hinkam, hinterließ er Segen; wo Jizchak hinkam, hinterließ er frisches Wasser und Segen; Laban wurde durch Jaakob reich und Ägypten überstand eine Weltkrise, eine große Hungersnot von 7 Jahren mithilfe eines Juden an der Spitze.
Juden erwirtschafteten den Reichtum in den vielen Ländern, in denen sie im Exil lebten, nicht für sich allein, sondern immer für das Kollektiv. Für sie galt, was der Prophet Jeremia sagte:
Jer. 29,7 Und fragt dem Frieden der Stadt nach, dahin ich euch verschleppen ließ, betet für sie zu MIR, denn in ihrem Frieden wird euch Frieden sein. 
Sobald man sie vertrieb und verfolgte, verließen auch der Segen und der Erfolg das Land.

Gen. 50,22 Jossef blieb in Ägypten, er und das Haus seines Vaters. Jossef lebte hundertundzehn Jahre.
Jossef lebte 110 Jahre, mit der doppelten 1 zeigt sein Alter das Vertrauen auf Gott. Er durfte noch die Kinder seiner Kinder erleben. Er wusste, dass er als Vizekönig des Landes in Ägypten begraben wurde, aber er gab den Söhnen Jissraels den Auftrag, seine Gebeine mit nach Kanaan zu nehmen, sobald sie dorthin zurückkehren würden.
Gen. 50,25 Jossef beschwor die Söhne Jissraels, sprechend: Zuordnen, zuordnen wirds euch Gott, bringt dann meine Gebeine von hier hinan!


[1] Marc Breuer in: Chumasch Schma Kolenu, Morascha Basel 2009, S.256 Kommentar zu Dan

Wunsch für 2021

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich an dieser Stelle ein gesegnetes, gesundes neues Jahr. Wir hatten uns mit einer Plage biblischen Ausmaßes auseinanderzusetzten und ich glaube, Gott möchte uns etwas sagen. ER redet auf diese Weise, weil wir ihn vor lauter Hektik nicht mehr hören. Verlassen wir uns doch auf IHN, den gütigen Vater! Hören wir auf IHN und Seine „Rückrufaktion“!
Sein Wort wird uns guttun. Sein Wort wird uns heilen, denn: ER IST UNSER GOTT, DER UNS HEILT.

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