Aufbruch bei Abram

Geh für Dich! Welch ein Ruf!
Wir sind an einem Wendepunkt angekommen, denn Abram ist so viel wie eine Neuschöpfung in der jüdischen Tradition. Er ist der erste, der sich von Gott rufen lässt, der auf Gott hört, der in Beziehung mit IHM tritt. Er – ein 75 jähriger Mann – hört die Stimme Gottes, hört einen Auftrag und folgt ihm.
Geh aus deinem Land, Abram, dem Land des Zorns, das dich geprägt hat und dich in den Götzendienst deines Vaters führte; geh weg aus deiner Verwandtschaft, die diesem Götzendienst anhängt und deine Entscheidung nicht versteht; geh weg auch aus deinem Vaterhaus, in dem du erzogen wurdest. Von allem löse dich und gehe im Hören auf meine Stimme in ein Land, dass ich dir zeigen werde. Mach dich auf den Weg, auch wenn ich dir das Land noch nicht sage. Bleib neugierig! Vertraue mir! Bleib auf dem Weg!
Abram fragt nicht, diskutiert nicht. Er hört die Zusage, dass er zu einem großen Volk werden soll. Wie soll das geschehen? In seinem Alter? Das alles ist nicht wichtig, um auf Gott zu hören. Abram soll ein Segen werden für alle, die sich mit ihm segnen. So sind alle die bis heute Kinder Abrahams, die sich auf ihn berufen, die seinen Glauben an den Einen Gott teilen.
1. Mo.12,3  Mit dir werden sich segnen alle Sippen des Bodens.
Das ist eine zeitlose Verheißung!
Abram nahm seinen Neffen Lot mit, weil dieser keinen Vater mehr hatte, und seine Frau Sarai. Sie hatten einiges an Gut, mit dem sie auswanderten. Außerdem wird uns von Seelen erzählt, die diese gemacht hatten. Das sind die Menschen, die Abram gewonnen hatte, als er ihnen von dem Einen Gott erzählte. Er war glaubwürdig mit dem, was er sagte, sodass diese Menschen sich im anschlossen.
Und sie durchwandern das Land von einem zum anderen Ort. Abram baute Gott einen Altar und rief dort den heiligen Namen Gottes an. Seine Zelte baut er auf zwischen Bet-El, dem Haus Gottes, und Ai, einer vermutlich großen Stadt im Osten.

Sarai, Abrams Schwester?

Zuerst hören wir von der Hungersnot im Land Kanaan, wegen welcher Abram weiterzog nach Ägypten hin ab. Wann immer man das Land Kanaan/ Israel verlässt, geht man hinab. Man verlässt geheiligten Boden, das verheißene Land.
In Ägypten fühlt Abraham sich nicht sicher. Er weiß um das Recht des Pharaos, dass er als Herrscher auf eine Frau hat. Er weiß, dass er das Recht an der ersten Nacht hat und sich jede Frau nehmen kann, wie es ihm beliebt. Da Abram und Sarai wirklich Halbgeschwister sind, ist es keine Lüge, wenn Abram Sarai bittet, diese Tatsache zu betonen. Er und seine Frau Sarai vertrauen darauf, dass Gott selber eingreifen wird.
Abram erfährt viel Gutes, nachdem im Sarai genommen wurde, aber Gott zeigt dem Pharao seine Grenzen auf. Gott selber greift ein, denn ohne dieses Eingreifen hätte der Pharao Abram nicht respektiert. So aber erlebt er Gott, erlebt Gottes Liebe zu Abram und Sarai und ordnet an, ihn mit seiner Frau unbehelligt ziehen zu lassen.
Lesen wir einmal aufmerksam weiter, so wird jetzt klar, wohin Abram haben reist. Buber schreibt:
1. Mo.13,1: Er reiste von Ägypten hinauf.
Er kommt also zurück ins Land Kanaan, ins spätere Israel, ins verheißene Land. Er wurde reich im Ausland und könnte sich nun getrost niederlassen. Aber der Streit zwischen Lots Hirten und seinen Hirten lässt ihn den Vorschlag machen, dass Lot sich das Land seiner künftigen Bleibe aussuchen darf. Er soll aussuchen, ob er nach rechts oder nach links gehen möchte. Abram überlässt es letztlich Gott, wo er ihn haben möchte. Er vertraut darauf, dass ihm jeder Landstrich zum Guten sein wird. Es ist interessant, dass die Kanaaniter und die Perisiter genannt werden, aber dass mit ihnen nicht zum Streit kam. Streit entstand zwischen den Verwandten.
Der Name Lot hat Bedeutung: der Schleier tragende. Abram heißt: mein Vater ist erhaben. In der Bedeutung der Namen sehen wir ein Programm. Lot lässt sich blenden von der Schönheit des Jordantals und dem Wasserreichtum. Es war wie der Garten des Ewigen, sagt uns die Bibel. Lot wählte also den Teil im Osten. Abram in Kanaan.
Schon hier erfahren wir, dass die Männer von Sodom sündig waren in den Augen Gottes. Abram allerdings bekommt eine erneute Zusage, dass das Land ihm und seinem Samen gehören wird. Er stellt immer noch keine Frage, wie das in seinem Alter möglich sein soll.
Kanaan, das Land, das Abram gehören wird, geht zurück auf den Sohn Noachs, den er verflucht hatte. Cham war der Vater Kanaans. Kanaan heißt: der Unterworfene, und kann darum Abram gegeben werden.
1. Mo 9,25 Er sprach: Verflucht Kanaan, Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern!

Ein hilfloser Neffe und ein großer König

Abram muss seinen Neffen Lot zweimal retten. Hier beim ersten Mal im Kapitel 14 geht es um einen Krieg, den fünf gegen vier Könige führen. Abram hat mit all dem nichts zu tun, aber er erfährt durch einen Entronnenen. Abram, der Hebräer, erhält Kunde von diesem Krieg. Warum wird hier Abram als der Hebräer besonders gekennzeichnet? Hebräer heißt Grenzgänger, einer der sich auskennt im Überwinden von Grenzen. In diesem Fall kann er vielleicht vermitteln, siegen, weil er hinübergehen kann von einem zum anderen.
Er nimmt alle Leute, die in seinem Hause sind, und wählt 318 Männer aus. Die Zahl setzt sich zusammen aus 3 und 18. Drei will auf die Veränderung hinweisen, die durch diesen Kampf bevorsteht. 18 verheißt das Leben = Chai חי, das für alle gelten soll. So ist Abram erfolgreich und bringt Lot und dessen Habe und Familien zurück.

Melichisedek

Ein besonderer König zieht Abraham entgegen: Es ist der König von Salem, vermutlich die Urstadt von Jerusalem und bedeutet Frieden, Schalom. Sein Name Melchisedek bedeutet: mein König der Gerechtigkeit. Wir wissen nicht viel von diesem König, da er nur einmalig in der Bibel vorkommt und sie uns nichts weiter von ihm erzählt. Aber er wird bereits ein Priester des höchsten Gottes genannt. Somit können wir davon ausgehen, dass er Gott kannte und von IHM den Auftrag hatte, Abram auf besondere Weise zu segnen. Er ist der Prototyp eines Königs, der Gott in Gerechtigkeit dient. Er verkörpert den gerechten König und das Priestertum, ein Vorbild für die Kinder Israel:
2. Mo. 19,6 Und ihr sollt mir ein priesterlich Königreich und ein heiliges Volk sein. Das sind die Worte, die du den Kindern Israel sagen sollst.
Gott sagt über diesen König: Er ist mein König der Gerechtigkeit.
In die Kämpfe war er nicht involviert, aber er erweist sich Abram gegenüber als dankbar. Er bringt Brot und Wein, das erste Mal, dass hier ein Kiddusch vorbereitet wird, ein Segensmahl, mit dem wir Gott für den Schabbat und für die Feiertage danken. Ein Mahl des Friedens wird hier abgehalten und Abram erfährt, dass er von Gott, dem Schöpfer, gesegnet ist. Melchisedek gibt Abram den Zehnten seiner Habe. Aber die Gaben, die der König von Sodom ihm geben möchte, nimmt er nicht an. Er verlässt sich auf Gottes Segen und lässt sich nicht von Menschen bereichern. Damit zeigt er, dass er Gottes Wort, das auch durch Melchisedek gesprochen wurde, vertraut.
1. Mo. 14,22 Abram sprach zum König von Sodom: Ich hebe meine Hand zu IHM, dem Hohen Gott, dem Stifter von Himmel und Erde: 23 wenn von Faden bis Schuhriem, wenn ich nehme aus allem was dein ist, …! Daß du nicht sprechest: Ich habe Abram reichgemacht.

Der Bund zwischen den Stücken

Das 15. Kapitel des Buches Genesis entbehrt nicht der Dramatik. Gott schließt mit Abram einen Bund, demgemäß ER ihm einen Nachkommen schenken will. Gott will ihm zum Lohn werden mit all dem Segen und den Nachkommen, zahlreich wie die Sterne. Abram glaubte Gott und glaubt IHM auch jetzt.
Dieser Bund wird genannt: der Bund zwischen den Stücken. Man kann hier deutlich erkennen, dass ein Bund geschnitten wird, denn Abram nimmt eine dreijährige Kuh, eine Ziege und einen Widder von drei Jahren, die er in der Hälfte durchschneidet. Nur die Vögel halbiert er nicht. Die Säugetiere stehen für die Feinde Israels, ebenso der Greifvogel. Die Vögel, die Abram nicht zerschneidet, sind Israel, welches frei und sicher ist. Das Schneiden des Bundes ist ein Bild, dass es dem Bündnispartner bei Nichteinhaltung des Bundes ebenso geht wie den zerschnittenen Tieren.
Im Schlaf wird er Zeuge der Zeit in Ägypten und der Not seines Volkes als Sklaven. Diese Bilder, die Abram dort im Schlaf mit Feuerofen und mit Rauch sieht, erinnern auch an spätere Verfolgungen der Juden. Gott kann dem Abram hier aber die Gewissheit geben, dass seine Nachkommen zurückkommen werden aus dem Land der Fremde und dieses Land der Verheißung bevölkern werden. Gott weist noch darauf hin, dass das Volk der Ägypter verurteilt werden wird. Sollten nicht auch die anderen Völker, die später Abrahams Kinder verfolgten, verurteilt werden? Abram selber wird ein hohes Alter versprochen. Gott gibt ihm den Bund mit der Verheißung: 1. Mo. 15,18 An jenem Tag schloß ER mit Abram einen Bund, sprechend: Deinem Samen habe ich dieses Land gegeben vom Strom Ägyptens bis an den großen Strom, den Strom Euphrat,

Hagar und Sarai

Warum nahm Abram nun die Hagar, um ein Kind zu zeugen? Gott hatte ihm doch gerade die Zusage für Nachkommenschaft durch einen Bund gegeben. In der damaligen Gesellschaft war es üblich, dass die Frau ihre Dienerin ihrem Mann geben konnte, um Kinder zu zeugen, wenn sie selbst nicht dazu in der Lage war. In dem Versprechen Gottes ist nicht die Rede davon, von welcher Frau dieses Kind sein wird. Somit ist es Abram nicht zu untersagt, selber aktiv zu werden und das Angebot seiner Frau anzunehmen. Sarai selbst hatte keine Verheißung bezüglich Kindern bekommen, weshalb sie ihrem Mann helfen wollte, auf dem Weg durch ihre Magd Vater zu werden.

Allerdings konnte Hagar sich nicht enthalten, hochmütig zu werden und zu vergessen, welche Hierarchie zwischen ihr und Sarai herrschte. Abram mochte sich in den Streit der Frauen nicht einmischen. Hagar flieht vor schließlich vor der Strenge Sarais. Gott sieht diese ägyptische Magd an einem Brunnen und bringt ihr bei, dass sie die Hierarchie zu respektieren hat. Trotzdem bekommt sie einen Segen für ihren Sohn, der sich auch in einem wunderschönen Namen ausdrückt: Jischmael, Gott wird hören. Gott hört, aber Gott sieht auch, und das erlebt Hagar, weshalb sie denn Ort der Begegnung mit Gott nannte: Brunnen des Lebenden der mich sieht. Jischmael ist also ein gesegneter, ein Sohn Abrams und er trägt einen Namen, in dem das Schma zu hören ist, das wichtigste Gebet der Juden.

Bund der Beschneidung

Im nächsten Kapitel wird nun endlich auch von Sarai die Rede sein. Gott erneuert seinen Bund mit Abram. Nicht wird ein Bund verworfen und ein neuer gestiftet, vielmehr wird auf den Grundlagen des vorherigen Bundes aufgebaut. Immer noch geht es darum, das Abram Vater werden wird, diesmal von seiner Ehefrau. Gott will ihn reich machen und verspricht ihm im Alter von 99 Jahren, dass seine Frau Sarai ihm ein Kind gebären wird, mit dem Gott den Bund fortführen will.
Dieses Mal ist das Zeichen des Bundes ein anderes. Zuerst ist es die Änderung seines Namens in Abraham, was Vater vieler Völker heißt. Diese Bedeutung haben wir ja schon am Anfang seiner Berufung gesehen, als ihm verheißen wurde, dass sich alle Völker mit seinem Namen segnen werden. Zu dieser Namensänderung gehört noch ein weiteres Zeichen, das Zeichen der Beschneidung. Wieder wird ein Bund geschnitten. Jeder Nachkomme Abrahams soll das Zeichen der Beschneidung tragen.
Aber auch die Bedeutung Sarais wird nun wichtig, deren Name auch geändert wird in Sarah = die Fürstin und die die Stammmutter des jüdischen Volkes wird. War Sarai nur meine Fürstin, wird sie nun zur Stammesfürstin. Mit ihrem Sohn will Gott den Bund fortführen. Gott will sich als derjenige erweisen, der in jeder Lage Wunder tun kann, der nicht gebunden ist an Naturgesetze, die ER doch selber geschaffen hat.
Mit 8 Tagen soll jedes männliche Kind beschnitten werden. Die Acht ist ein Zeichen dafür, dass die Kinder mit Gott verbunden werden, denn die acht ist ein Zeichen für die Transzendenz, für die Ewigkeit.
Wie reagiert Abraham auf Gottes Versprechen? Er lacht! Darum wird auch hier schon sein Sohn mit dem Namen Yitzchak genannt, er wird lachen. Er lacht über sich als Hundertjährigen, über Sarah als 90 Jährige, und er lacht nicht zuletzt über Gottes Pläne. Mit dem Versprechen, dass es auch Jischmael gut gehen wird, bleibt Gott bei seinem Vorhaben. Abraham akzeptiert und schreitet zur Tat, nämlich zur Beschneidung aller männlichen Hausinsassen. Auch wenn er es nicht muss, beschneidet er sich doch selbst mit 99 Jahren.
So sehr liebt er Gott!

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