Dieser Baum steht in Beer Schewa.

12. Kislew 5781; 28. November 2020

Er zog aus – Jaakobs Leiter

Jaakob zieht aus Beer Schewa aus und macht sich auf den Weg nach Charan. Er übernachtet an einem Ort, auf Hebräisch מָּקוֹם = Makom. Dieser Makom ist eines von vielen Synonymen für Gott. Auf einen Stein dieses Ortes legt Jaakob sein Haupt und schläft ein. Jaakob träumt den bekannten Traum von der Leiter, die auf der Erde steht und bis an den Himmel rührt. An dieser Leiter steigen die Engel seltsamerweise herauf und hernieder. Warum in dieser Reihenfolge? Müssten sie nicht von oben nach unten kommen? Die aufsteigenden Engel zeigen uns, dass sie Jaakob die ganze Zeit begleitet haben. Es sind die Engel seines Heimatlandes, die nun an der Grenze aufsteigen und sich ablösen lassen von den anderen Engeln, die Jacob weiter nach Charan begleiten werden. Es ist eben der Ort Gottes an dem Gott sich zu erkennen gibt und Jaakob den Segen seiner Vorfahren zuspricht. Gott spricht vom Segen Abrahams und Jizchaks, den er nun dem fliehenden Jaakob zuspricht. Gott weiß, dass er in die Fremde gehen muss, aber ER will sein Wort an Jaakob wahr machen
Gen. 28,15 Ich da bin bei dir, ich will dich hüten, wo all hin du gehst, und will dich heimkehren lassen zu diesem Boden, ja, ich verlasse dich nicht, bis daß ich tat, was zu dir ich geredet habe.
Jaakob hatte den Ort, den Makom, nicht als solchen erkannt. Das lässt ihn erschauern.
Gen.28, 17   Er erschauerte und sprach: Wie schauerlich ist dieser Ort! dies ist kein andres als ein Haus Gottes, und dies ist das Tor des Himmels.
Indem er seinen Stein, auf dem sein Haupt geruht hatte, nahm und mit Öl salbte, benannte er den Ort in: Haus Gottes, das ist בֵּית אֵל Bet-El. Laut einer jüdischen Tradition hatte Jaakob eine Vision vom Tempel auf dem Berg Morija.
Was Jaakob nun tut, scheint eigentlich unnötig. Er spricht vor Gott ein Gelübde aus, das das von Gott Gesagte aufgreift. Wenn er Nahrung und Kleidung hat und sicher wieder zurückkehrt in sein Vaterland, dann soll Gott ihm Gott sein und er will diesen Ort zum Haus Gottes machen und alles verzehnten. Ist es noch Unglaube an Gottes Verheißungen? Er hatte Gott doch bei Rebekka kennen gelernt. Glaubt er nicht an seine Rückkehr? Gott hat ihm alles zugesichert, was er braucht, um in das Land seiner Väter zurückzukehren. Aber Gottes Zusagen kommen ihm viel zu groß vor. Noch zweifelt er an sich selbst, dass er sich als würdig für diesen Segen erweisen würde.
Warum musste Jaakob überhaupt in die Fremde gehen? Offensichtlich ist die Feindschaft zwischen ihm und seinem Bruder Esau. Aber es weist auf noch einen tieferen Sinn hin. Juden müssen zu aller Zeit auch in der Diaspora Zeugnis geben von Gott, den einen Gott der Welt vorleben, die Mitmenschen auf die Größe und Barmherzigkeit Gottes aufmerksam machen. Deshalb muss auch Jaakob in die Welt gehen und nicht in der Bequemlichkeit seines Zuhauses bleiben. Es gibt ja einen Rückweg, aber erst muss er seinen Auftrag in der Fremde erfüllen. Die Heimkehr Jaakobs gilt als vollkommene Erlösung, als Bild für die Zukunft.

Rachel, Lea und deren Kinder

Eine Liebesgeschichte am Brunnen erleben wir mit Rachel. Jaakob trifft auf Hirten aus Charan und erkundigt sich nach dem Frieden Labans. Im Hebräischen ist jede Frage nach dem Wohlergehen eines Menschen die Frage nach seinem Frieden. „Ma schlomcha?“ „?מַה שְׁלוֹמךָ“ Der Friede ist das Wichtigste, nicht nur der äußere, besonders auch der innere Friede, das Auskommen mit sich selbst.
Rachel ist eine Hirtin. Das zeigt uns, dass sie Eigenschaften wie Rebekka besitzt. Damit ähnelt auch dritte Stammmutter charakterlich der ersten Stammmutter Sara. Eine Hirtin ist fürsorglich, kümmert sich um das leibliche Wohl ihrer Tiere und um deren Gesundheit und Sicherheit. Jaakob gewinnt sie sofort lieb, küsst sie und nimmt den Stein vom Brunnen. Er wartet damit nicht, bis alle Herden versammelt sind, wie es ihm die anderen Hirten erklärt hatten.
Wir treffen nun erneut auf Laban, den Bruder Rebekkas, dem bei seiner Schwester als erstes Ringe und Armreifen aufgefallen waren. Er erkennt in Jaakob seinen Neffen und bietet ihm an, für Lohn bei ihm zu arbeiten. Der liebt Rachel so sehr, dass er bereit ist, für sie sieben Jahre bei Laban zu dienen. Laban, der „Weiße“, ist hinterlistig. Er ist mit Jaakobs Angebot einverstanden, doch nach 7 Jahren bringt er heimlich Lea zu ihm statt der versprochenen Rachel.
Gen. 29,25 Am Morgen aber, da, es war Lea! Er sprach zu Laban: Was hast du mir hier getan! habe ich nicht um Rachel bei dir gedient? warum hast du mich betrogen?
Laban stellt Jaakob bloß, indem er auf den Betrug anspielt, der in Gottes Augen keiner war:
Gen. 29,26 Laban sprach: So tut man nicht an unserm Ort, die Jüngre fortzugeben vor der Ersten,
Er heißt deshalb „der Weiße“, weil er nach außen ehrlich und freundlich scheint, eben ein Mann mit weißer Weste und damit sein schwarzes und durchtriebenes Wesen tarnt.
Nachdem Jaakob die Brautwoche mit Lea verbracht hat, bekommt er auch Rachel zur Frau. Gott sah, dass Jaakob Lea weniger liebte, darum machte ER Rachel unfruchtbar.
Lea bekommt einen Sohn nach dem anderen und gibt ihnen sprechende Namen. Der erste Sohn heißt Ruben, was bedeutet: Siehe, ein Sohn. Der nächste heißt Simon, weil Gott sie erhört hat. Der dritte Sohn heißt Lewi, weil sie  die Hoffnung hegt, dass ihr Mann ihr endlich anhänglich sein wird. Der vierte Sohn ist Jehuda (Juda), das heißt „ich werde danken“. Die Namen zeigen deutlich, wie Lea mit ihrer Schwester in Konkurrenz steht und sich nichts sehnlicher wünscht als die Liebe ihres Mannes.
Der Wettkampf zwischen den Schwestern geht weiter und hat ihren Höhepunkt in Rachels Beschwerde. Sie fordert Jaakob auf, ihr Kinder zu schaffen, aber er verweist sie schroff darauf, dass er nicht Gott ist. Nur DER hat es in der Hand, auch Rachel Kinder zu schenken. Wir sehen die Unreife bei Rachel, die eifersüchtig auf ihre Schwester schaut. Mit ihrem Drängen setzt sie Jaakob unter Druck, besonders mit ihrer Bemerkung, sie würde ohne Kinder sterben. Jaakob reagiert also gereizt, ganz im Gegensatz zu Jizchak, der für seine Frau betete. Die Situation, mit zwei Schwestern verheiratet zu sein, ist für Jaakob eine Überforderung. So ist es sinnvoll, dass Gott später gebietet:
Lev.18.18  Du sollst auch nicht eine Frau zu ihrer Schwester hinzunehmen, sodass du Eifersucht erregst, wenn du ihre Scham entblößt, während jene noch lebt.
Dieses Leid hat Laban ihm und den beiden Frauen angetan.
Durch ihre Sklavin Bilha bekommt sie den Sohn Dan, weil Gott ein Urteil über sie gesprochen hat. Dan bedeutet der Urteiler oder Richter. Der zweite Sohn, den Bilha gebiert, heißt Naftalie, der Wettkämpfer. In den Namen, die sie vergibt, spiegelt sich der Kampf mit ihrer Schwester, Kinder zu gebären und nicht länger in ihrem Schatten zu stehen. Darum nimmt jetzt auch Lea ihre Magd Silpa, um weitere Kinder zu erhalten. Als dieses gelingt, nennt sie den Namen des Sohnes Gad = Glück. Leas Magd bekommt noch einen Sohn, und sie nennt ihn Ascher, weil sie durch diesen Sohn Erfüllung findet.
Nun werden sogar schon die größeren Söhne mit in den Wettstreit einbezogen, denn Ruben muss für seine Mutter Liebesäpfel besorgen. Diese erbittet Rachel und erlaubt Jaakob darum, die Nacht bei Lea zu verbringen. Daraus geht Leas fünfter Sohn Jissachar hervor, weil er ihr als Lohn galt für die Liebesäpfel. Ihr sechster Sohn heißt Sebulon, der Aufrechte, und danach bekam sie eine Tochter namens Dina.
Als Rachel endlich schwanger wird, gibt sie dem Sohn einen Namen mit doppelter Bedeutung. Jossef kommt sowohl von dem Verb hinweg schaffen, womit die Schmach gemeint ist, die der Sohn von ihr nimmt. Es hat außerdem Verbindung mit dem Verb hinzufügen, denn sie wünscht sich noch einen weiteren Sohn.
Nun fordert Jaakob auch Lohn für sich, denn für die zwei Frauen hat er seine Dienstzeit geleistet. Er will aber nichts von Laban geschenkt haben, sondern sich seinen Lohn selbst erarbeiten. Dabei schlägt Jaakob Laban mit seinen eigenen Waffen. Er kann es einrichten, dass sich die starken Tiere so vermehren und gesprenkelt sind, dass die schwachen Tiere zu Labans Herde gehören. Er gewinnt viele Tiere, Knechte, Mägde, Kamele und Esel.

Jaakobs Heimkehr

Nun bemerkte Jaakob, dass Laban ihm nicht mehr wohlgesonnen ist, weshalb er sich zur Heimkehr entschließt. Gott gibt ihm zu verstehen, dass ER all das Unrecht, das Laban ihm zugefügt hat, sah. So lässt Jaakob Rachel und Lea zu sich kommen und fragt sie nach ihrer Meinung. Er lässt sie all das Unrecht wissen, womit Laban ihn betrogen hatte. Zehnmal veränderte er den Lohn für Jaakob:
Gen. 31,7 und er hat mich genarrt und meinen Lohn zehnmal geändert, Gott aber hat nicht zugegeben, daß er mir Böses erweise.
Die Zehn erinnert an die zehn Plagen von Ägypten und die zehn Worte Gottes. Zehn erfordert das Eingreifen Gottes. Der Bote Gottes ließ sich im Traum von Jaakob sehen, was dieser nun seinen Frauen berichtet. Jaakob ist bereit: Gen.31,11 הִנֵּנִי Hineni! Hier bin ich!
Der Bote erinnert an das Steinmal und an Jaakobs Gelübde. Er fordert ihn auf zurückzukehren in das Land seiner Verwandtschaft. Aber ist er nicht bei seiner Verwandtschaft in Charan? Es ist der Ort, an dem er seine Frauen fand und zum Stammvater der zwölf Stämme werden konnte. Aber Laban und seine Söhne haben sich nicht als echte, liebevolle Verwandtschaft erwiesen. Charan ist der Ort der Wut Gottes auf den Götzendienst, denn Charan heißt Wut. Wirkliche Verwandtschaft tut den Willen Gottes. (Mt.12,50)
Rachel und Lea erkennen, dass ihr Vater sie verkauft hat und den Kaufpreis verzehrte. Sie erkennen, dass ihr Vater ihre Eifersucht befeuerte. Damit sehen sie sich ihm gegenüber nicht mehr verpflichtet. Sie ermutigen Jaakob, dass sie alles tun wollen, was sein Gott ihm sagt. Darum nimmt er seine Kinder, seine Frauen und seinen Gewinn, um zu seinem Vater nach Kanaan zurückzureisen. Jizchak, der sich schon bei seinem Abschied vor 21 Jahren im Sterben sah, lebt also noch. Jaakob wollte sich heimlich auf und davon machen, was sein Schwiegervater aber bemerkte. Es ist interessant, wie Gott immer wieder für Jaakob kämpft. Er kämpfte für ihn, als es um die Geburt der richtigen Schafe für Jaakobs Herden ging, und nun kämpft er für ihn, indem er Laban im Traum erscheint und ihn ermahnt, nur Gutes zu Jaakob zu reden.
Laban trifft auf Jaakob und macht ihm Vorhaltungen, dass er sich nicht von seinen Töchtern verabschieden konnte. Aber Jaakob hatte allen Grund zu der Sorge, seine Frauen wieder an den Schwiegervater zu verlieren. Er kannte ja Labans Hinterhältigkeit und konnte nicht von seiner redlichen Sorge ausgehen. Wir wissen auch nicht, was er ohne Gottes Reden im Schilde geführt hätte.
Nun tut Jaakob etwas sehr Unbedachtes, als Laban seinen Götzen sucht. Er setzt das Leben desjenigen ein, bei dem der Götze gefunden wird. Das Leben eines Menschen darf zu so einem Schwur nicht missbraucht werden, es ist heilig. Eine Verwünschung mit diesem Preis ist aus Respekt vor dem Leben verboten. Was er nicht weiß, ist, dass er damit das Leben seiner geliebten Frau Rachel aufs Spiel setzt. Nach jüdischer Tradition ist es genau diese Äußerung Jaakobs, die sie bei der Geburt Benjamins sterben lässt.
Gen. 31,32 bei wem du aber deine Götter findest, der soll nicht leben, vor unsern Brüdern spür auf, was des Deinen bei mir ist, und nimm dirs. Jaakob wußte aber nicht, daß Rachel sie gestohlen hatte.
Laban findet den Götzen nicht, was Jaakob ihm wiederum als Böswilligkeit auslegt und deshalb sehr wütend ist.
Gen. 31,36 Jaakob flammte auf und bestritt Laban, Jaakob antwortete, er sprach zu Laban: Was ist meine Abtrünnigkeit, was meine Versündigung, daß du hetzest hinter mir her?
Er hält dem Schwiegervater vor, dass er ohne ihn nicht zu so großem Reichtum gekommen wäre. Und er bekennt sich zum Gott Abrahams und Jizchaks, der für ihn gekämpft hat und ihn nun nach Hause geleiten will.
Gen.31,42 Wäre nicht meines Vaters Gott für mich gewesen, Abrahams Gott, Jizchaks Schrecken, lohnleer ja hättest du mich nun hinweggesandt. Aber Gott hat das Bedrücktsein und das Mühn meiner Hände gesehen, und gestern Abend hat er entschieden.
Ein Wall aus Steinen und ein Standmal sind Bundeszeichen, die Laban und Jaakob ihrer friedlichen Absicht versichern. Außerdem wird Jaakob ermahnt, seine Frauen gut behandeln und keine weiteren Frauen hinzunehmen. Beide Männer berufen sich auf den Gott Abrahams, Laban nennt auch den Gott Nachors als Richter zwischen ihnen beiden. Damit bekennt er sich zu seinem Synkretismus, denn Nachor betete Götzen an. Jaakob bringt ein Opfer dar, danach essen sie alle gemeinsam. Sie können in Frieden voneinander scheiden.
Gen. 31,54 Jaakob schwur bei dem Schrecken seines Vaters Jizchak. Dann schlachtete Jaakob ein Schlachtmahl auf dem Berg und rief seine Brüder, das Brot zu essen. Sie aßen das Brot und nächtigten auf dem Berg.
Auf die Bindung seines Vaters Jizchak bezieht sich Jaakob. Dieser hat den machtvollen, gewaltigen Gott auf dem Berg Morija erlebt und ist davon sein ganzes Leben gezeichnet. Im Schwur auf seinen Vater mit dieser großen Erfahrung bringt er das Tieropfer dar und redet mit seinen Brüdern. Sie machen eine erhebende Erfahrung dort auf dem Berg.

Als Jaakob aus seinem Exil zurückgekehrt, erwarten ihn die Engel Gottes. Er erlebt diese Gottesoffenbarung nicht mehr nur im Traum wie bei seiner Flucht, sondern bei seiner Rückkehr suchen die Engel und Gott selbst die Nähe Jaakobs, während dieser bei vollem Bewusstsein ist. Er hat seine Mission erfüllt. Mit dem Namen des Ortes Machanajim = Doppellager bestätigt Jaakob, dass er an diesem Ort schon einmal mit Gott zusammen getroffen ist. Hier ist der Ort, der wirklich ein Haus Gottes ist, an welchem sein Ziel Verwirklichung gefunden hat, wo sein Traum erfüllt wurde und er nun bestätigen kann, dass er sein altes Versprechen erfüllt hat. Er ist geistlich so gereift, dass er sich nun der Segnungen seines Gottes würdig weiß.

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