Predigt vorgeschlagen für den 1. Advent, 28. Nov. 2021

5 Wohlan, Tage kommen, ist SEIN Erlauten, da erstelle ich dem Dawid einen wahrhaften Sproß, der wird königlich Königschaft haben. Ergreifen wird ers, wird auf Erden Recht und Wahrhaftigkeit tun.  6 In seinen Tagen ist Jehuda befreit, wohnt Jissrael sicher. Und dies ist sein Name, mit dem ER ihn ruft: Unsere Bewährung. 7 Darum: wohlan, Tage kommen, ist SEIN Erlauten, da wird man nicht mehr sprechen: So wahr ER lebt, der heraufbrachte die Söhne Jissraels aus dem Land Ägypten! 8 sondern: So wahr ER lebt, der heraufbrachte, der kommen ließ den Samen des Hauses Jissrael aus dem Land im Norden und aus allen Ländern – wohin ich sie habe versprengt werden lassen – , daß auf ihrer Scholle sie siedeln.

Buber-Rosenzweig

Dieser Predigttext folgt, wie der vorhergehende Text aus Jesaja 65, dem Muster, dass Gott zuerst Seine Kritik in einer ernsten Rede נְאֻם ne’um vorbringt. Die Hirten Israels, welche die Könige Israels und ihre Streiter waren, ließen das Volk im Stich, ließen es in die Irre gehen, gaben ihm keine Orientierung. Eine scharfe Abrechnung erfolgt mit den Herrschern Israels, die ihrer Verantwortung nicht nachkamen. Zwar führte Gott selbst das Volk in die Versprengung, aber in erster Linie waren diese Hirten für die Verbannung verantwortlich.

Jeremia warnt die Könige vor der Verschleppung in die Gefangenschaft, doch er weiß, dass sie nicht hören und nicht umkehren werden. In Kapitel 52 erlebt Jeremia selbst, wie Jerusalem von Nebukadnezer belagert wird, es dann Hunger leidet und die Kriegsleute Israels samt dem König fliehen, sodass die Bevölkerung orientierungs- und schutzlos zurückbleibt. König Zidkijahu צִדְקִיָּהוּ (Zedekia) = Gott ist meine Gerechtigkeit צֶדֶק zedek trägt eigentlich einen verantwortungsvollen Namen, dem er nicht gerecht wird. Er wird vom feindlichen Heer eingeholt und getötet. Der Tempel wird zerstört und geplündert, der Palast, die Häuser und die Stadtmauer geschleift und die Bevölkerung bis auf Winzer und Ackerleute, die das Land pflegen sollen, in die Gefangenschaft geführt.

Die bösen Taten der falschen Hirten sucht Gott heim, doch gedenkt ER auch des Rests Seiner Schafe und will sie zurückkehren lassen. Inmitten des Leidens und der harten Konsequenzen gibt Gott eine Botschaft der Hoffnung. Diese Rückkehr beinhaltet eine Umkehr zu Gott und die Rückkehr in das von Gott versprochene Land. תְּשׁוּבָה teschuwa heißt Umkehr zu Gott, Gott die „verantwortende Antwort“ (M. Buber) geben, schließlich zurückkehren und heimkehren ins Land der Väter. Gott wird für diese Aufgabe selber Hirten aussuchen und einsetzen, sodass sich Sein Volk nicht mehr fürchten muss.

In dem vorliegenden Predigttext folgen nun Worte, die – wie in Jesaja 65 – die messianische Zeit ankündigen. Auch diese Worte bilden eine ernste und große Rede, nicht nur ein paar gesprochene Worte. Ein Nachfolger Davids wird erstehen, und der wird als König gerecht regieren.

Die Salbung מְשִׁיחָה meschicha macht ihn erst zum König und damit zum Messias מָשִׁיחַ maschi‘ach. Als solcher wird er im verheißenen Land das Recht מִשְׁפָּט mischpat tun, also die Gebote, die Gott den Kindern Israels am Berg Sinai gab und die es zu einem ethischen Volk werden ließen. Des Weiteren übt er auf dem verheißenen Boden Gerechtigkeit צְדָקָה zedaka. Diese Gerechtigkeit steht für die Menschlichkeit, mit der Gebote ausgeführt werden. Sie sieht neben der Gebotserfüllung, die die Grundlage für das Zusammenleben von Menschen in einer Gesellschaft ist, den Menschen in seiner persönlichen Bedürftigkeit und geht auf ihn ein.

Darum wird der Name dieses Königs צִדְקֵנוּ zid‘kenu genannt, unsere Gerechtigkeit:
V6 In seinen Tagen ist Jehuda befreit, wohnt Jissrael sicher. Und dies ist sein Name, mit dem ER ihn ruft: Unsere Gerechtigkeit.
Dieser König verkörpert die Gerechtigkeit, die dem Volk und seinen Königen immer wieder mangelte. Wie oft legten Könige die Gesetze zu ihren Gunsten aus und betrogen das Volk, täuschten und hintergingen es. Gerade die Witwen, die Waisen und Armen waren, wie heute, die Verlierer der Gesellschaft. Nun wird ein König regieren, der sich in erster Linie um diese Randgruppen kümmern wird, wie es die Tora fordert. Dieser Zid’kenu wird damit eine Korrektur des bösen Königs Zidkijahu (Zedekia).

Das wird am Ende der Tage zur Folge haben, dass nicht mehr die Herausführung aus Ägypten das größte und wichtigste Ereignis ist, sondern die Heimholung der Israeliten aus den Ländern des Nordens Assyrien und Babylon und den übrigen Ländern. Israel wird wieder seinen eigenen Boden bearbeiten und davon leben, wie zu Jes. 65 ausgeführt. Sie werden in ihren Häusern siedeln, in dem Land, das Gott Abraham, Isaak und Jakob zugesagt hatte. Hier werden sie sich vermehren und sicher wohnen.

Hat sich Gottes Wort bereits erfüllt?
Nein. Denn auch, wenn Israel nach dem Römischen Exil wieder heimgekehrte und seinen Staat gründen konnte, fehlt noch das Friedensreich. Im Friedensreich wird der Messias, nicht ein Mensch, den Tempel wieder errichten, worauf Juden sehnsüchtig warten.

Nach jüdischer Tradition gab es zu jeder Zeit gerechte Menschen. In jeder Generation gibt es laut Talmud 36 Gerechte, um derentwillen Gott die Welt inmitten der Bosheit erhält. Darunter sind Rabbiner, die die Lehre Gottes rechtschaffen verkündigten, Ausweglose berieten und ermutigten, Arme versorgten und oft genug ihr Leben für ihren Glauben dahingaben. Diesen Gedanken kannte auch Abraham, weshalb er für Sodom und Gomorra betete. Doch wenn das Reich des Messias angebrochen ist, wird es keine Fragen und Zweifel mehr geben, denn Frieden breitet sich unter Mensch und Tier aus, der Tempel steht auf seinem heiligen Berg und Gott wischt die Tränen der Menschen ab.

Darauf warten Juden und Christen. Und laut Pinchas Lapide werden sie in der Zwischenzeit gemeinsam Tee trinken und sich überraschen lassen, wessen Angesicht der Messias trägt.

Sach. 9,9 Juble sehr, Tochter Zion, schmettre, Tochter Jerusalem! nun kommt dir dein König, ein Erwahrter und Befreiter ist er, ein Gebeugter, und reitet auf dem Esel, auf dem Füllen, dem Grautierjungen.
Dieser Messias, der unter dem Jubel der Befreiten zu seinem Volk Israel kommt, heilt die Zerrissenheit von Nord- und Südreich. Er selber wird laut jüdischer Tradition aus dem Kampf von Gog und Maggog gerettet werden, der Gerettete wird zum Retter aus innerjüdischen Konflikten. In Hes. 38+39 ist von dieser Endschlacht zu lesen, und am Ende von Kapitel 37 stellt Hesekiel ebenfalls die Einheit des Nord- und Südreiches in Aussicht.
Als demütiger Mensch reitet dieser König, der bei Jeremia den Namen „unsere Gerechtigkeit“ trägt, auf einem Esel oder auf einem Jungtier eines Esels in Jerusalem ein, wie es völlig unüblich für einen König ist. Dieser König kontrastiert alle bisherigen, machtbesessenen Könige des Nord- und Südreichs in vorexilischer Zeit, weshalb Gott das Exil verhängte.

Sacharja lebt in der Zeit des Endes des Exils und bringt die Exilanten zurück. Dazu entwirft er ein großes, eschatologisches Bild. Für ihn ist die Rückkehr in die Heimat kein technisches Unterfangen, sie leitet vielmehr eine Zeit großer, theologischer  Veränderungen ein und mündet in das messianische Zeitalter.

2 thoughts on “Jer. 23,5-8 Sichere Heimkehr in messianischer Zeit

    1. Ja, die Tiere dürfen stolz sein. Aber auf einem von ihnen zur gegebenen Zeit reitet, ist es nicht. Durch ihre Eigenart sprechen sie uns so an. Deshalb können wir gute Erwartungen haben. Doch welcher Esel bringt uns den sehnlichst Erwarteten? Und wann? Wir brauchen Geduld und Glauben.

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