vorgeschlagen für Sonntag, 14.06.2020, 1. Sonntag nach Trinitatis

32 All die vielen Gläubigen waren ein Herz und eine Seele; und keiner behielt etwas von seinem Besitz für sich selbst, sondern alle teilten alles, was sie hatten.33 Mit großer Macht bezeugten die Gesandten weiterhin die Auferstehung des Herrn Jeschua, und sie waren alle hoch angesehen.34 Keiner von ihnen war arm, weil diejenigen, die Ländereien oder Häuser besaßen, sie verkauften und den Erlös den Gesandten übergaben35 sodass er je nach ihrem Bedürfnis unter alle verteilt wurde.36  So verkaufte Josef, den die Gesandten  Bar-Nabba nannten (das heißt übersetzt: »Sohn des Propheten*«), ein Levit, der aus Zypern stammte,37 einen Acker der ihm gehörte, und brachte das Geld den Gesandten.

Übersetzung: Jüdisches Neues Testament, David Stern, Hänssler-Verlag 1994

Anmerkung: Der Name *Barnabas wird unterschiedlich übersetzt. „Sohn des Trostes“ leitet sich von Bar Nachum ab. Bar Nabba bezieht sich auf die Wurzel „Nawi“, wobei in der hebräischen Schrift „b“ und „w“ ohne Punktierung gleich sind. Barnabba könnte jedoch ebenso eine Zusammenziehung mit einem Fugen-n sein von Bar Abba. Dann hieße die Übersetzung: „Sohn des Vaters“.
Auch David Stern benutzt in seiner Übersetzung die Übersetzung wie in der Schlachter-Übersetzung, nämlich „Sohn des Trostes“. Seine hebräische Wiedergabe des Namens Barnabas passt dazu jedoch nicht, weshalb ich die Korrektur im Text vorgenommen habe.

Die Sehnsucht nach dem Ursprung

Die ersten Kapitel der Apostelgeschichte waren für mich von dem Zeitpunkt an, an dem ich mit der regelmäßigen Bibellese begann, sehr beeindruckend. Da waren Menschen so erfüllt von Gottes Geist, dass sie sich für das Wort Gottes sowie ihren Glauben einsetzten und in Frieden und Fürsorge miteinander lebten. Mich packte eine unstillbare Sehnsucht nach dieser „Urgemeinde“. Gottes Geist schenkte es ihnen, dass sie in für sie fremden Sprachen sprechen und Gottes große Taten verkündigen konnten. Die erste Gemeinde erlebte Gottes Wirken in Heilungen und Auferweckungen, womit die Landeskirchen so ihre Schwierigkeiten hatten – oder haben?
Die Predigten dort verfolgten nachdrücklich die Richtung, alles nur bildlich und nicht real auszulegen. Damals, vor 2000 Jahren, da hatte es das – vielleicht – einmal gegeben. Aber heute müssen wir in der Realität leben, dass solche Wunder Geschichte sind. Das aber wollte ich nicht akzeptieren. Vielmehr wollte ich die Urgemeinde erleben. Darum war es mein Gebet: „Ich will dich sehen, wie du wirklich bist!“
Die charismatische Erneuerungsbewegung wollte die Kirchen von innen erwecken und als eine solche Erneuerungsbewegung innerhalb der nächsten 20 Jahre überflüssig sein, weil durch Gottes Geist alle Kirchen wieder die Gaben Gottes und die Kraft des göttlichen Wirkens erkannt hätten. Mittlerweile sind 40 Jahre vergangen und die Hoffnungen wurden ebenso enttäuscht wie die biblische Naherwartung der Jünger. Petrus, Paulus … sie alle waren sich sicher, die Wiederkehr Jesu während ihrer Lebenszeit zu erleben.
Auch meine Erwartungen wurden in den charismatischen Gemeinden, die mich zweifelsohne einen großen Schritt näher in die Beziehung zu Gott gebracht hatten, nicht bis ins Letzte erfüllt. Immerhin wurde mir in kleinen Schritten und durch nur wenige Glaubensgeschwister deutlich, dass die Kirchengeschichte und die Übersetzungen unserer Bibel das Original überbaut und verfremdet hatten. Zwischen uns und den Erfahrungen der Apostel liegt nicht nur eine Zeitspanne von knapp 2000 Jahren. Zwischen uns und ihnen liegt ein ungeplanter Glaubenswechsel, der den jüdischen Glauben Jesu und der Jünger ausschaltete. Das ist erkennbar in der sogar aus dem Griechischen stammenden Fehlübersetzung, wie es unser Professor für NT in Frankfurt zu diesem Satz lehrte:
Gal.3,26Denn ihr alle seid Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus. 
Richtig ist: … durch den Glauben des Christus Jesus
Dieser Glaube Jesu ist das Judentum des 1.Jh.s mit allen historischen Spannungen und Veränderungen durch die Verschriftlichung der Mischna, des ersten Teils des Talmuds. Diesen Glauben Jesu heute neu zu erlernen, ist mit viel Mühe verbunden. Leider fehlt dafür oft das Interesse oder auch das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Verbindung. Die Bibelübersetzungen sowie deren tradierte Interpretation lassen keinen Grund für ein solches Unterfangen erkennen, sich mit einer „anderen Religion“ zu beschäftigen.
Zwischen uns liegen sprachliche Verfremdungen, da das jüdisch-hebräische Denken durch griechische Übersetzungen entstellten.
Das gängige Argument lautet, das NT liege nur auf Griechisch vor. Ich musste erst das Buch lesen: „Was hat Jesus wirklich gesagt?  Die schweren Worte Jesu – ein Schlüssel zu ihrem Verständnis“ von David Bivin, Roy jr Blizzard, et al.
Hier las ich erstmals, wie das NT aus dem hebräischen Denken heraus viel verständlicher, viel klarer wird als aus dem Überbau des griechischen Denkens. Erstmals las ich, dass es mit allergrößter Wahrscheinlichkeit von den Evangelien hebräische Urschriften gab.
Dann lernte das Projekt „Schoresch“ (hebr.: Wurzel) der Schweizer Methodisten-Pfarrerin Susanne Schmidt-Grether kennen, welches eine weitere These widerlegte, im NT sei alles neu. Sie vermittelte die Zusammenhänge des NT mit der jüdischen Mischna. Sie war begeisterte Schülerin von David Flusser und gab ihre Einsichten mittels ihres Projekts ebenso engagiert weiter wie ich es versuche. Von ihr gibt es allerdings empfehlenswerte Bücher.
Nachdem ich endlich im Alter 43 Jahren Bücher von Pinchas Lapide las, war ich meines vorurteilsbehafteten Glaubens überführt. Aber ich war auch dort angekommen, wohin meine Sehnsucht mich zog: in der Zeit und dem Glauben der Urgemeinde. Es war ein schmerzhafter, aber ein wichtiger und für mich zielführender Prozess zum Glauben Jesu.
Diese Einführung zu unserem Predigttext war eine sehr persönliche, denn ich verfasste sie am Vorabend meines 60. Geburtstags, ein Anlass zur dankbaren Rückschau.

Die Gemeinde nach biblischem Vorbild

Und so lese ich diese Verse der Apostelgeschichte. Die „Begeisteten“ halten Gemeinschaft, sie teilen alles, sodass es keine Armen gibt. Zwischen ihnen herrscht Einmütigkeit, Schalom.
Dtn.15,4 Freilich sollte unter dir ja kein Dürftiger sein, denn segnen wird, segnen ER dich in dem Land, das ER dein Gott dir als Eigentum gibt, es zu ererben, 5hörst du nur, hörst auf SEINE deines Gottes Stimme, tätig zu wahren all dieses Gebot, das ich heuttags dir gebiete.
Das also ist die Vorausschau auf das Land Kanaan, sobald es von den Israeliten in Besitz genommen wird. Es wird keine Mittellosen geben, weil der ewige Gott so reichen Segen auf Sein Volk ausgießt, dass es keine materielle Armut geben kann.
Dtn.28,12 ER öffnet dir sein gutes Schatzhaus, den Himmel, den Regen deines Landes zu seiner Frist zu geben, alles Tun deiner Hand zu segnen, daß du viele Stämme beleihst und du selber brauchst nicht zu entleihen.
Gott öffnet den Seinen Seine unendliche Schatzkammer. Das wird zum Zeugnis für alle umliegenden Völker, die noch immer an viele Götter glauben. Sie werden bei den sichtbar Gesegneten leihen, aber die Kinder dieses Gottes brauchen nichts auszuleihen. Sie sind im Genuss der Fülle, des Überflusses. Ps.23,5 mein Becher fließt über.
So singt und bekennt es König David, und so erlebte es das Volk während der 40-jährigen Wüstenwanderung. Es gab Manna, es gab Wachteln und Wasser. Gemäß den Erzählungen des jüdischen Midrasch schmeckte jedem sein Manna so, wie er es sich wünschte.
Dtn.29,4 Gehn ließ ich euch vierzig Jahre in der Wüste, nicht mürbten eure Tücher von euch ab, nicht mürbte dein Schuh von deinem Fuße ab,
Was wir von Gottes Versorgung inmitten der Wüste lesen, zeugt von reinem Wunderhandeln, das die Kinder Israel oft mit Murren quittierten. Ein sehr menschliches Verhalten, wenn wir es mit unserer eigenen Ungeduld in Zeiten der Unsicherheit vergleichen. Wenn wir an die langjährigen Wünsche denken, doch die Mauer zwischen Ost-  und Westdeutschland neu zu errichten. Zurück in die Unfreiheit? Oder betrachten wir die Undankbarkeit in der noch nicht überstandenen Corona-Zeit. Menschen schimpfen über die verständlicherweise nicht immer angenehmen Beschränkungen, bedrohen die Boten der schlechten Nachrichten, anstatt den Segen zu bedenken und zu bedanken, mit dem wir gerade in Deutschland bisher sehr glimpflich davon kamen.
Gott verheißt reichen Segen unter nur einer Bedingung:
Dtn.28,1 Es wird geschehn: hörst du, hörst auf SEINE deines Gottes Stimme, es zu wahren, all SEINE Gebote zu tun, die ich heuttags dir gebiete, wird ER dein Gott dich als höchsten begeben über alle Stämme der Erde,
Du, mein Volk, hast am Sinai versprochen: Wir wollen TUN und HÖREN!
Ex.24,7 Mosche nahm die Urkunde des Bundes, er las in die Ohren des Volks. Sie sprachen: Alles, was ER geredet hat, wir tuns, wir hörens נַעֲשֶׂה וְנִשְׁמָע! (na’asse we nischma)
Halte dich an dein Versprechen. Halte meine Gebote, denn sie sind Leben und Segen. TUST du diese meine Gebote, bist du automatisch im Segen und wirst es in allen Lebensbereichen spüren. Ob du in der Stadt bist oder auf dem Land – du bist gesegnet. Ob es sich um deinen Kindersegen handelt oder die Fruchtbarkeit deiner Herden – du bist gesegnet. Ob es sich um deine Ernte handelt oder um dein Brot – du bist gesegnet. Ob du nach Hause kommst oder unterwegs bist – du bist gesegnet. Kein Feind wird dich niederzwingen. Jeder wird sehen, wie ICH deine Speicher und das Werk deiner Hände segne! Aber:
Dtn.28,9 ER errichtet dich zu einem heiligen Volk sich, wie er dir zuschwor, wenn du SEINE deines Gottes Gebote wahrst, du in seinen Wegen gehst.

Was bedeutet nun das Wirken des Geistes Gottes nach der Himmelfahrt Jesu? Das Pfingsterleben der Jünger an ihrem Schawuot-Fest glich einem kleinen Sinai-Ereignis. Der bekannte Bund wird im Wallfahrtsfest erinnert und in diesem neuen Ereignis neu in Erinnerung gerufen.
Die Predigt des Petrus verweist auf den Propheten Joel seiner heiligen Schrift, auf Gottes angekündigtes Geistwirken in der großen Menge. In der Zeit der römischen Bedrängnis bedarf es dieses ermutigenden Geistes. Es braucht eine neue Vision für das, was schon seit Generationen Gottes Versprechen an Sein Volk war: „ICH segne euch in dem Land, in dem Milch und Honig fließen. Eure Feinde werden nicht siegen und unter euch wird kein Mangel herrschen.“
Jesus hatte es vorgelebt. Er lebte bescheiden. Lk.9,58 Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel des Himmels (haben) Nester; der Sohn des Menschen dagegen hat nicht, wo er sein Haupt hinlegen kann.
Seine Speise war das TUN des Wortes Gottes sowie dessen Verkündigung. Joh.4,34 Jesus sagt zu ihnen: Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollende.
Jesu Ruf galt der Rückkehr zum Vater und zum Einhalten Seiner Weisungen, denn wo Gottes Gebote nicht gehalten werden, kann der Segen nicht fließen, Vakuum entsteht und das Gegenteil des Segens tritt ein. Die Zeit drängte, das war bei Jesus immer wieder zu vernehmen.
Nun hatten es die Jünger und Pilger in Jerusalem erlebt, wie der Geist sichtbar und spürbar erschienen war. Aus den ängstlichen Nachfolgern Jesu wurden engagierte Prediger. Das Reich Gottes war neu angebrochen. Weitere Buße und Umkehr würden ein Israel schaffen, das wieder die Weisungen vom Sinai befolgte.
Noch vor seiner Himmelfahrt hatten die Jünger Jesus gefragt:
Apg.1,6 Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?
7Er sprach zu ihnen: Euch gebührt es nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater nach seiner eignen Macht festgesetzt hat. 8Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der heilige Geist über euch kommt, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis ans Ende der Erde.
Jesu Antwort ließ Raum für viele weitere Fragen. Da gab es keine Gewissheit, was mit Israel geschehen würde. Wenn der Geist diese Einmütigkeit und Großzügigkeit brachte, wieder Gottes Gebote so zu befolgen, dass es keine Bedürftigen gab, musste sich doch auch das Problem mit dem römischen Besatzer bald erledigen. Darauf aber ging Jesus nicht ein. Sie sollten ihn und seine Botschaft vom Vater verkünden, nicht nur den Juden, sondern nach dem Wort des Propheten Jesaja, das er dem Knecht Israel (V3) auszurichten hatte:
Jes.49,6  ja, er spricht: »Es ist zu gering, dass du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten aus Israel wiederzubringen; sondern ich habe dich auch zum Licht für die Heiden gesetzt, damit du mein Heil seist bis an das Ende der Erde!«
Jes.2,3 und viele Nationen werden sich aufmachen und sprechen: «Kommt, lasset uns hinaufziehen zum Berge des Herrn, zu dem Hause des Gottes Jakobs, dass er uns seine Wege lehre und wir wandeln auf seinen Pfaden; denn von Zion wird die Weisung ausgehen, und das Wort des Herrn von Jerusalem
Die Botschaft des EINEN Gottes gehörte zuerst Israel, doch von dort sollte sie in die Welt gehen. Dieser Zeitpunkt war laut Jesus gekommen. Alles andere blieb offen.

Ausblick für die Wartezeit

Nach diesem fast messianischen Zustand in der ersten Gemeinde der Jesus-Nachfolger, für die Jesus der Gesalbte Gottes, also Sein Messias war, was nicht gleichzusetzen ist mit Gottheit!, erfahren wir schon in Apg. 5, wie schwer solche Neuanfänge sind. Ananias und seine Frau Saphira logen die Apostel an und starben auf der Stelle. Es ereignet sich das, was treue Leser meiner Beiträge in den Schabbatlesungen miterleben konnten. So starben z.B. die übereifrigen Söhne Aarons, obwohl sie in guter Absicht gehandelt hatten. Aber Gottes Gebote haben oberste Priorität.
In beiden Fällen wendet man gerne ein: Wie konnten sie nur? Sie haben doch Gottes Handeln selber erleben können im Gegensatz zu uns heutigen Bibellesern! Doch der Mensch bleibt in allen Zeiten abhängig von der Treue und Gnade Gottes.
Ich bin sicher, dass Jesus diese Botschaft in die Welt tragen lassen wollte. Dazu würde der Geist Gottes seine Nachfolger befähigen, selbst wenn sie mit feindlich gesonnenen Menschen in Berührung kommen sollten.
Wir wissen heute, wie es weiterging. Die Römer wurden nicht besiegt, die Hoffnung auf die Befreiung Israels durch Jesus resp. seine Nachfolger nicht erfüllt. Vielmehr erreichte Gottes einzigartiges Wort die Heidenvölker, die leider die Warnungen des Paulus aus Röm.9-11 nicht beherzigten und sich über die Wurzel erhoben, sich sogar von ihr abtrennten und ihrerseits die Wurzel verfolgten. Wie konnten sie nur? Sie, die doch so nah an dem Geschehen dran waren? Sie, die sogar die Apostel noch kannten, ihre Originalbriefe lasen und weitergaben? Menschen sind als Menschen gefangen um die Gier nach dem „Ich-bin-besser-als-du“ eines Kain. Sie haben den Ruf, Verantwortung für die Mitgeschwister zu übernehmen, nicht „verantwortet“, wie Buber das Wortspiel von Antwort und Verantwortung prägte. Trotz des sich entwickelnden neuen Glaubens spürten sie nicht die Wertschätzung und Liebe Gottes, sondern blieben in Neid und Überheblichkeit verhaftet.
Das messianische Reich steht noch aus. Die Botschaft Gottes ermöglichte es, dass auch wir ehemals germanisch-heidnischen Völker in den Segensgenuss des Gottes Israels kamen – trotz aller Verfehlungen. Doch so wurde die Botschaft im Laufe der Kirchengeschichte nicht mehr vermittelt. Es handelte sich nur noch um die Botschaft Jesu, nicht mehr um seinen Glauben und um seine leiblichen Glaubensgeschwister. Es entstand sogar eine dritte Religion, die sich auf den Gott Israels bezieht, doch auch sie ist abgetrennt von der Wurzel. Auch sie folgt dem oben beschriebenen menschlichen Muster.
Gleichgültig, wie unsere heutige Zeit aussieht, eines ist sicher: Gott kommt zum Ziel.
Juden beten täglich die 13 Grundregeln des Maimonides, von denen die 12. Lehre folgendermaßen lautet:
12. Ich glaube mit voller Überzeugung an das Kommen des Maschiach; obwohl er säumt, warte ich trotzdem jeden Tag, dass er komme.
Warum sind Juden davon überzeugt, dass der Messias (Maschiach) noch nicht da war? Wenn man aus dem Fenster schaut, ist vom Reich des Friedens noch nichts zu sehen.
Eine bekannte Geschichte über Rabbi Akiba ermutigt uns, trotz allem an den Zusagen Gottes festzuhalten:

„Einst gingen Rabban Gamliel, Rabbi Jehoschua, Rabbi Elasar ben Asarja und Rabbi Akibanach Rom. Sie hörten den Lärm des Getümmels der Großstadt schon von Puteoli, vierzig Mil weit.
Sie begannen zu weinen. Aber Rabbi Akiba lachte.
Sie sagten zu ihm: Akiba, warum weinen wir, und du lachst?
Er sagte zu ihnen: Ihr, warum weint ihr?
Sie sagten zu ihm: Sollen wir nicht weinen, wenn die Heiden, die Götzendiener, die den Nichtsen opfern und vor Götzenbildern sich niederwerfen, in Ruhe und Sicherheit dasitzen, während wir und das Haus des Fußschemels unseres Gottes der Verbrennung durch Feuer preisgegeben sind und zur Wohnung für die Tiere des Feldes dienen?
Er sagte zu ihnen: Gerade deshalb habe ich gelacht. Wenn er denen so tut, die ihn ärgern, um wie viel mehr wird er tun denen, die seinen Willen tun?
Ein anderes Mal gingen sie nach Jerusalem hinauf. Sie gelangten zum Skopus und zerrissen ihre Kleider. Sie gelangten zum Tempelberg und sahen einen Fuchs aus dem Allerheiligsten herauskommen.
Sie fingen an zu weinen, aber Rabbi Akiba lachte.
Sie sagten zu ihm: Akiba, immer setzest du uns in Erstaunen; denn wir weinen, und du lachst!
Er sagte zu ihnen: Und ihr, warum habt ihr geweint?
Sie sagten zu ihm: Sollten wir nicht weinen über einen Ort, von dem geschrieben steht: ‚Wenn ein Unberufener sich daran macht, soll er getötet werden’ (4. Mose 1,51). Siehe, nun kommt sogar ein Fuchs aus ihm heraus! Über uns erfüllt sich: ‚Darob ist unser Herz krank geworden, darob sind unsere Augen trübe, dass der Berg Zion wüste liegt, dass Füchse darauf streifen’ (Klgl 5,17f.).
Er sagte zu ihnen: Gerade darum habe ich gelacht. Siehe, es heißt: ‚Und bestelle mir glaubwürdige Zeugen, Uria, den Priester, und Sacharja, den Sohn Jeberechjas’ (Jer 8,21). Und hat etwa Uria etwas zu schaffen bei Sacharja? Was sagte Uria? ‚Zion wird zum Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zum Steinhaufen werden, und der Tempelberg zur Waldhöhe’ (Jer 26,18). Was sagte Sacharja? ‚So spricht der Herr der Heere: Noch kommt die Zeit, da Greise und Greisinnen [wieder sitzen auf den Plätzen Jerusalems]’ usw. ‚die Plätze der Stadt [sollen voll sein von Knaben und Mädchen, die dort spielen]’ usw. (Sach 8,4f.). Der Ort sprach: Siehe, da habe ich diese beiden Zeugen: Wenn die Worte des Uria sich erfüllen, dann erfüllen sich auch die Worte Sacharjas; und wenn die Worte Urias zunichte werden, dann werden auch die Worte Sacharjas zunichte. Ich habe mich gefreut, dass sich die Worte Urias erfüllt haben; denn am Ende wird auch die Erfüllung der Worte Sacharjas kommen. Und auf dieses Wort hin sagten sie zu ihm: Akiba, du hast uns getröstet!“

Midrasch Sifre zu Deuteronomium, § 43; nach Bietenhard, Hans, Der tannaitische Midrasch Sifre Deuteronomium, Bern u.a. 1984 (Judaica et Christiana; Band 8 (Zitiert in einer Predigt von Pfr.i.R. Michael Volkmann, https://www.agwege.de/)

One thought on “Gedanken zur Predigt Apg. 4,32-36

  1. Vielen Dank für ihre glaubensstärkenden Predigten.
    Aus einer anderen Sicht, wie nur der christlichen hat mir mehr Einsicht und Verständnis gebracht.
    Ich wollte immer schon das jüdische Verständnis kennenlernen, habe früher oft die Fragen und Antworten von Ruth Lapid angehört. Auch die Predigten von Johannes Gerlof finde ich spannend.
    Es ist so schön, das ihr euch bemüht, uns unsere Wurzeln näher zu bringen, somit ein Gesamtbild zu bekommen.

Schreibe eine Antwort zu FranziAntwort abbrechen